Martullo-Blocher kassiert Rüge vor versammeltem Economiesuisse-Vorstand
Die Stellungnahme, die Scienceindustries am Freitag, 5. September, veröffentlichte, war unmissverständlich. Unter dem Titel «Scienceindustries sagt Ja: Bilaterale III sichern Stabilität» schrieb der Wirtschaftsverband für Chemie, Pharma und Life Sciences, das Paket mit der EU «schafft Planungssicherheit, stärkt die Wettbewerbsfähigkeit und sichert Wohlstand und Arbeitsplätze».
Scienceindustries sprach gar von einem «Grundsatzentscheid für die Schweiz» – und zitierte Präsidentin Annette Luther. «Gerade als kleines Land ist die Schweiz auf eine regelbasierte Ordnung angewiesen, die den Parteien unabhängig ihrer Grösse Gleichberechtigung sichert», sagte sie.
Eine deutliche Anspielung an den Zollstreit mit den USA.
Die geteilte Stimme von Scienceindustries
Am selben Freitag entschied auch der Vorstand von Economieuisse über seine Vernehmlassungsantwort zum neuen EU-Paket. Scienceindustries ist Mitglied des Dachverbands und sitzt mit zwei Vertreterinnen im Vorstand: Annette Luther und Magdalena Martullo-Blocher. Die SVP-Nationalrätin ist seit 2004 Mitglied des Vorstandes von Scienceindustries und leitet deren Ausschuss Wirtschaftspolitik. Seit 2017 sitzt sie für den Verband im Vorstand von Economiesuisse.
An jenem Freitag sagte der Economiesuisse-Vorstand klar Ja zur Vernehmlassung bei den EU-Verträgen – mit 69:1 Stimmen bei zwei Enthaltungen. Das Nein stammte von Martullo-Blocher.
Da geschah Ungewöhnliches. Annette Luther meldete sich zu Wort. Martullo-Blocher habe nicht im Namen von Scienceindustries abgestimmt, betonte sie vor versammelter Runde. Eine Klarstellung, die als Rüge verstanden werden kann.
Martullo-Blochers Rolle im Vorstand von Economiesuisse ist umstritten. Sie sei «nicht die beste Besetzung für den Einsitz von Scienceindustries im Vorstand von Economiesuisse», hatte FDP-Nationalrat Simon Michel schon im März in der «SonntagsZeitung» gesagt. Die Fortsetzung des bilateralen Wegs sei für die Chemie- und Pharmabranche elementar.
Sowohl bei Scienceindustries wie bei Economiesuisse hält man sich bedeckt zum Vorfall. «Wir erachten die dort geführten Gespräche als vertraulich», schreibt Scienceindustries.
Magdalena Martullo-Blocher wiederum bestätigt über ihren persönlichen Mitarbeiter, dass sie Nein gesagt habe zur EU-Vernehmlassung. Für die Begründung verweist sie auf ihren Podcast «7 Thinking Steps zum EU-Vertragspaket». (aargauerzeitung.ch)
