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WEF 2020: Olga Miler spricht im Interview über Frauen und Geld

Olga Miler in der Equality Lounge am WEF 2020 in Davos.
Olga Miler in der Equality Lounge am WEF 2020 in Davos.bild: watson/viw
Interview

«Frauen könnten mit ihrem Geld die Welt verändern»

Nur etwa die Hälfte der Frauen trauen sich, ihr Geld zu investieren. Olga Miler will mit ihrem Start-up SmartPurse Frauen im Umgang mit Geld schulen. Online, mobil und niederschwellig. Zusammen mit watson lanciert Miler heute in der Equality Lounge am WEF in Davos die Schweizer Initiative «Frauen und Geld».
21.01.2020, 14:2222.01.2020, 13:23
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Frau Miler, Sie sagen, Frauen würden sich zu wenig um ihr Geld kümmern. Welche Beziehung haben wir zu Geld?
Olga Miler:
Frauen haben eine ambivalente Beziehung zu Geld. Es ist einer der Hauptgründe für Streit in der Partnerschaft. Vier von zehn Frauen sagen, sie würden lieber über den Tod reden als übers Geld und nur die Hälfte der Frauen trauen sich, zu investieren. Das ist sehr schade, denn sie könnten die Welt verändern.

Wie meinen Sie das?
Frauen gehen sorgfältiger mit Geld um und haben einen anderen Bezug zum Risiko. Man sagt nicht umsonst: «If it had been Lehman Sisters rather than Lehman Brothers, the world might well look a lot different today». Durch die höhere Vertretung von Frauen würde es bei Dingen wie beispielsweise dem Klimawandel schneller vorwärtsgehen.

Warum?
Es ist nachgewiesen, dass Unternehmen, die eine hohe Diversität im Kader vorweisen, nachhaltiger und risikobalancierter aufgestellt sind. Deshalb ist es wichtig, dass auch Frauen mitreden, wie auf der Welt mit Geld umgegangen wird. 40 Prozent des weltweiten Gesamtvermögens ist im Besitz von Frauen. Wenn man das sinnstiftend investiert, kann man viel bewegen und besser machen. Denn jeder investierte Franken ist vergleichbar mit einer Stimme bei einer Abstimmung oder einer Wahl. Er kann etwas verändern. Oder eben auch nicht.

Zur Person
Olga Miler war über zehn Jahre in verschiedenen Funktionen bei der UBS tätig, unter anderem hat sie dort das Frauenförderungsprogramm Unique aufgebaut. Jüngst gründete sie das Start-up SmartPurse, eine Plattform, auf der sie digitale Kurse, Workshops und Coachings zum Thema Finanzen für Frauen anbietet.

Miler wird ab dem 27. Januar im watson-Blog «Frauen und Geld» die watson-Userinnen an ihrer Expertise teilhaben lassen.

Mal abgesehen vom Weltretten, warum ist es so wichtig, dass sich Frauen um ihr Geld kümmern?
Wir wissen, dass Frauen länger leben als Männer. Nur schon deshalb können es sich die Frauen nicht leisten, das Geld nur auf dem Bankkonto zu horten. Es ist für uns genauso, wenn nicht sogar wichtiger, dass wir einen langfristigen Finanzplan haben und uns bewusst sind, wie wir im Alter abgesichert sind. Zudem ist es leider immer noch so, dass Frauen weniger verdienen. Deshalb muss Frau noch mehr mit dem Geld arbeiten und es klug investieren. Denn bis sich die Lohnunterschiede angleichen, wird es noch lange dauern, anlegen kann eine Frau aber jetzt schon.

Wie investieren Sie Ihr Geld?
Ich habe bereits mit 25 Jahren begonnen, kleinere Beträge zu investieren. Heute beinhaltet mein Portfolio Immobilien, nachhaltige (Aktien-) Anlagen, meine eigene Firma und innovative Anlagemöglichkeiten wie Blockchain oder Coins.

Wenn Frauen mehr Geld investieren, profitieren vor allem auch die Banken. Gleichstellung hin oder her, ist es nicht einfach so, dass diese nun das Potential einer neuer Zielgruppe entdeckt haben und diese nun pushen wollen?
Natürlich sind die Banken kommerzielle Dienstleister, die davon profitieren können. Bieten sie gute und nachhaltige Finanzprodukte an, haben aber auch die Investorinnen etwas davon. Schwierig wird es, wenn die Banken nur Produkte verkaufen, damit sie etwas verkauft haben.

Wurden die Frauen als Kundengruppe bis jetzt von den Banken vernachlässigt?
Bis vor drei Jahren war das ganz klar der Fall. Mittlerweile ist sich die Finanzindustrie dessen bewusst geworden und hat diesbezüglich grosse Fortschritte gemacht. Man merkte, dass man einfacher kommunizieren muss. Verstehen Sie mich nicht falsch, das soll nicht heissen, dass Frauen dümmer sind, sondern dass sie sich mehr Transparenz wünschen und eine menschennähere Kommunikation. Dieses Bewusstsein muss innerhalb der Banken weiterhin vermittelt werden. Der Bedarf an Wissen im Umgang mit Frauen als Investorinnen ist in den letzten Jahren signifikant gestiegen.

Auch deshalb haben Sie Ihre Firma SmartPurse gegründet ...
Genau. Aber mir geht es nicht darum, das Wissen den Banken zu vermitteln, sondern den Frauen. Es ist ein neutrales und unabhängiges Tool zur Finanzbildung für Frauen. Sie müssen dabei nicht Angst haben, dass ihnen jemand etwas andrehen oder verkaufen will. Im Selbststudium können sich die Frauen in 16 Modulen alles aneignen, was sie zum Thema Geld wissen müssen. Auch der persönliche Austausch ist wichtig, deshalb gibt es Workshops, Coachings und Meet-ups. Die Plattform stellt auch ein Netzwerk an Finanzexpertinnen und -Experten zur Verfügung, wo sich die Frauen die geeignete Fachperson gemäss eigenen Kriterien aussuchen können.

Gerade treffen sich die Ranghöchsten aus der Wirtschaft in Davos. Auch Sie diskutieren heute dort an einem Panel in der «Equality Lounge» – was erwarten Sie vom WEF in Bezug auf Ihr Anliegen?
Das Forum soll eine Vorbildrolle einnehmen und die Chancen nutzen, Aufmerksamkeit für Themen zu generieren, die für unsere Gesellschaft wichtig sind. Ich erwarte, dass es ein Zeichen für mehr Gleichstellung und Diversität setzt und diesbezüglich mehr Massnahmen beschliesst und nicht nur diskutiert. Konkret soll beispielsweise die Finanzschulung für Frauen gefördert werden.

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