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Der Bundesrat reist nach Stans – dort wartet eine unangenehme Überraschung

Angestellte der Pilatus Flugzeugwerke bei einer Aktion waehrend des Grusswortes von Bundespraesident Ueli Maurer anlaesslich des Apero mit der Bevoelkerung des Kanton Nidwalden, waehrend einer Bundesr ...
Ueli Maurer während seiner Ansprache in Stans.Bild: KEYSTONE

Der Bundesrat reist gemeinsam nach Stans – dort wartet eine unangenehme Überraschung

05.07.2019, 14:0205.07.2019, 14:43
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Der Flugzeugbauer Pilatus zieht gegen das vom Bund verhängte Verbot für Servicedienstleistungen in zwei arabischen Ländern vor Gericht. Er strebt unter anderem eine aufschiebende Wirkung an. Die Affäre macht auch vor der Bundesratsreise nicht halt.

Die Landesregierung besuchte am Freitag Stans im Rahmen ihrer zweitägigen Schulreise. An diesem eigentlich unpolitischen Anlass, bei dem das Treffen mit der Bevölkerung im Zentrum stehen sollte, wurde der Nidwaldner Regierungspräsident Alfred Bossard politisch.

Das Verbot des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) von Serviceleistungen der Stanser Flugzeugwerke Pilatus in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) würde Regierungsrat und Bevölkerung beschäftigen, sagte Bossard. Der Entscheid rüttle an den Grundpfeilern der Schweiz, zu denen etwa Verlässlichkeit und das Einhalten von Verträgen gehörten.

Der Nidwaldner Regierungsrat Alfred Bossard bei seiner Ansprache anlaesslich des Apero mit der Bevoelkerung des Kanton Nidwalden, waehrend einer Bundesratsreise in die Zentralschweiz, am Freitag, 5. J ...
Alfred Bossard: Der Nidwaldner Regierungspräsident ist mit dem Verbot für Pilatus überhaupt nicht zufrieden. Bild: KEYSTONE

Man dürfe das Geschäftsmodell von Pilatus auch ablehnen, sagte der Landammann. Es könne aber nicht sein, dass zwei Departemente des Bundes ihre unterschiedlichen Ansichten auf dem Buckel eines Unternehmens austragen würden. Er wies darauf hin, dass die Pilatus mit 2000 Angestellten der wichtigste Arbeitgeber Nidwaldens sei.

«Atmosphärische Störung»

Der Nidwaldner Regierungsrat hatte sich deswegen in einem Schreiben an den Bundesrat gewandt und eine Aussprache verlangt. Der Bundesrat habe seine Gesprächsbereitschaft bestätigt, sagte Bossard. Die Bevölkerung auf dem Dorfplatz quittierte dies mit Applaus.

Unter die Bevölkerung hatten sich auch einige Demonstranten gemischt. Auf ihren Plakaten stand: «Bundesbern zerstört Arbeitsplätze». Bundespräsident Ueli Maurer versuchte, die Wogen zu glätten und betonte die langjährige gute Zusammenarbeit zwischen den Stanser Flugzeugwerken und dem Bund. So fliege auch der Bundesrat mit einem Pilatus-Jet.

Angestellte der Pilatus Flugzeugwerke bei einer Aktion anlaesslich des Apero mit der Bevoelkerung des Kanton Nidwalden, waehrend einer Bundesratsreise in die Zentralschweiz, am Freitag, 5. Juli 2019,  ...
Demonstranten verleihen ihrem Unmut Ausdruck.Bild: KEYSTONE

Die jetzige Uneinigkeit bezeichnete Maurer als «atmosphärische Störung». Diese könne nicht jetzt auf dem Dorfplatz gelöst werden. Die Schweiz zeichne sich aber durch ihre Ausgewogenheit aus. Sie sei gezwungen, Kompromisse zu finden. Man werde auch in dieser atmosphärischen Störung, die der Bundesrat weder gesucht noch provoziert habe, eine Lösung finden.

«Faktisches Exportverbot»

Nach fast zwei Wochen Funkstille hatte die Pilatus Flugzeugwerke AG am Freitagmorgen auf das Verbot reagiert. Man fühle sich gezwungen, den Entscheid an das Bundesverwaltungsgericht weiterzuziehen, «um die gesetzliche Grundlage zu klären und Rechtssicherheit für Pilatus, seine Mitarbeitenden sowie weitere Unternehmen der Schweiz zu schaffen».

Der Gang vor Gericht habe nicht automatisch eine aufschiebende Wirkung des Verbots zur Folge, sagte Verwaltungsratspräsident Oscar J. Schwenk gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Diese habe das EDA in seiner Verfügung nämlich ausgeschlossen. Schwenk sagte, das sei absolut unüblich und nehme den Entscheid vorweg. Daher fordere man in einer separaten Beschwerde, dass der Entzug der aufschiebenden Wirkung aufgehoben werde.

Der vom EDA getroffene Entscheid sei ein Affront gegenüber Pilatus, Schwenk sprach von einer «bösen Verfügung». Ebenso unangemessen sei die gewährte Frist von lediglich neunzig Tagen, bis Pilatus den logistischen Support vor Ort einstellen müsse.

Das Kundendienstgeschäft sei für Pilatus ein wichtiges Standbein. Das Verbot benachteilige Pilatus gegenüber anderen Flugzeugherstellern enorm. «Angesichts der engen Verknüpfung von Verkauf und logistischem Support kommt es faktisch einem zukünftigen Exportverbot gleich.»

EDA sieht aussenpolitische Ziele tangiert

Das EDA sieht dagegen das seit 2015 geltende Söldnergesetz verletzt. Bei den nun verbotenen Dienstleistungen geht es unter anderem um technischen Support, Ersatzteilmanagement und Problembehebung an PC-21-Flugzeugen sowie an Simulatoren.

Dies stellt laut EDA eine logistische Unterstützung von Streitkräften dar. Sie widersprächen dem Gesetz über die im Ausland erbrachten privaten Sicherheitsdienstleistungen (BPS), dem Söldnergesetz. Das BPS soll dazu beitragen, «die aussenpolitischen Ziele der Schweiz zu verwirklichen».

Zu den jüngsten Vorwürfen seitens Pilatus nahm das EDA auf Anfrage bislang keine Stellung. (cma/sda)

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83 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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MarGo
05.07.2019 14:08registriert Juni 2015
Soll die Schweizer Wirtschaft endlich anfangen Verantwortung zu übernehmen, an wen sie Güter und Dienstleistungen verkauft oder sollen wir weiterhin zusehen, wie wir höchst bedenkliche Staaten bedienen?
Für mich ein erster richtiger Schritt...
Natürlich tut mir das für Pilatus Leid, vor allem, wenn Arbeitsplätze gefährdet werden dadurch...
Auf der anderen Seite sollte Pilatus einfach ihre Kundschaft besser wählen!
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satyros
05.07.2019 14:14registriert August 2014
«Angesichts der engen Verknüpfung von Verkauf und logistischem Support kommt es faktisch einem zukünftigen Exportverbot gleich.» Einem Exportverbot in kriegführende Staaten. Man kann nicht einfach am 1. August die immerwährende Neutralität der Schweiz beschwören, aber sobald es was zu verdienen gibt alle Augen zudrücken.
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TanookiStormtrooper
05.07.2019 14:15registriert August 2015
Wenn alle die gleichen Schilder tragen, dann wirkt das jeweils sehr orchestriert. Da haben wohl ein paar Mitarbeiter "frei" bekommen, wenn sie da noch ein bisschen mit dem Schild rumstehen.
Wenn Pilatus nicht klar ist, dass Staaten mit massiven Menschenrechtsverletzungen in diesem Geschäftsbereich ein Risiko sind, dann sollten sie ihre Strategie dringend überdenken.
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