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Swiss: Diese Grafiken zeigen, wie viele Passagiere am Hub Zürich umsteigen

Jeder dritte Fluggast in Zürich-Kloten ist ein Transferpassagier.
Jeder dritte Fluggast in Zürich-Kloten ist ein Transferpassagier. bild: shutterstock

Swiss-Hub Zürich ade? Diese Grafiken zeigen, wie viele Passagiere in ZRH umsteigen

Bye-bye, Tokyo und San Francisco? Wegen möglichen Klimasteuern droht die Swiss Langstreckenverbindungen ab Zürich zu streichen. Eine Datenauswertung zeigt: Der Anteil der Umsteigepassagiere sinkt seit Jahren. Nun taucht ein neuer «Gamechanger» am Himmel auf.
28.06.2019, 08:1429.06.2019, 06:11
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Die Swiss-Drohung

Wegen der Klima-Debatte schlägt die Swiss harte Töne an. Drohende Flugticket-Abgaben und Betriebseinschränkungen sieht die Airline als «direkten Angriff» auf ihr Drehkreuz Zürich. Mögliche Steuern würden die Wirtschaftlichkeit des Umsteige-Hubs bedrohen. «Ein grösserer Streckenabbau wäre die Folge», drohte eine Swiss-Sprecherin. Denn die Heim-Airlines auf den europäischen Drehkreuzen stehen in enormem Konkurrenzkampf. Da zählt jeder Franken.

Die Ausgangslage

Die Logik hinter dem Drehkreuz-Modell der Swiss: Kurzstreckenflüge aus Europa liefern Umsteigepassagiere, damit das grosse Langstreckennetz aufrechterhalten werden kann. Die lokale Nachfrage reicht gemäss Swiss bloss, um fünf Langstreckendestinationen ab Zürich zu bedienen. Heute betreibt die Airline 24 Langstrecken. 19 Destinationen wären also bedroht – darunter auch Tokyo, San Francisco, Delhi und Montréal, wie CHmedia berichtete.

Die Entwicklung seit dem Swissair-Grounding

ZUM 15. JAHRESTAG DES SWISSAIR GROUNDING AM SAMSTAG, 1. OKTOBER 2016, STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - A few hundred airplanes, among them two MD-11 of the former Swissair fle ...
Bild: KEYSTONE

Ein Blick in die Statistik zeigt: Der Anteil der Umsteigepassagiere am Flughafen Zürich ist in den letzten 20 Jahren stark gesunken. Kurz vor dem Swissair-Grounding war im Jahr 2000 mit 44,5 Prozent fast jeder zweite Fluggast ein Transit-Passagier. Im Zuge der ruinösen «Hunter-Strategie» karrte die Swissair Passagiere von überall her via Zürich in die weite Welt, bediente exotische Destinationen wie Taipeh in Taiwan und verbrannte bis zum Grounding mit Beteiligungen an maroden Airlines Milliarden Franken.

«Die Expansions-Strategie führte die Swissair damals in den Abgrund. Es gilt ein einfacher Grundsatz für Airlines: Je höher der Anteil Transferpassagiere, desto geringer der Ertrag pro Flug», sagt William Agius, Luftfahrt-Experte und Aviatik-Dozent an der ZHAW Winterthur. Dies zeigen auch Beispiele innerhalb der Swiss. Tickets an einzelne Destinationen sind von Zürich via Genf oder Frankfurt billiger zu haben als per Direktflug ab der Limmat-Metropole. Wie hoch der Anteil der Umsteigepassagiere bei der Swiss exakt ist, will die Airline aus «wettbewerbstechnischen Gründen» nicht verraten.

Wird Expansion gedrosselt?

ARCHIVBILD ZUR ERHEBUNG DER VERKEHRSKOSTEN 2015 DURCH DAS BUNDESAMT FUER STATISTIK - Eine Boeing 777-300 der Swiss startet auf Piste 16 am Flughafen Zuerich am Montag, den 17. September 2018 in Kloten ...
2020 bekommt die Swiss zwei weitere Boeing 777. Bild: KEYSTONE

2018 betrug in Zürich-Kloten der Anteil der Umsteige-Fluggäste noch 28,4 Prozent. Dennoch droht Swiss-Chef Klühr Langstrecken aus Zürich abzuziehen, obschon über 70 Prozent der Passagiere aus dem Lokalmarkt stammen. Ein Widerspruch?

Dies sei keine leere Drohung, meint Agius. Der Lufthansa-Konzern könnte die Passagierströme aus Zürich relativ einfach über ihre anderen Hubs in Brüssel, Wien, Frankfurt oder München schleusen. «Da reicht ein Klick im Buchungssystem», so Agius. Dies auch im umgekehrten Weg. Nachdem die Lufthansa 2003 die Swiss geschluckt habe, seien Passagiere gezielt über Zürich geschleust worden.

Wenn die Klimasteuer kommt, würde die Swiss aber nicht von einem Tag auf den anderen Langstreckenverbindungen einstellen, ist Agius überzeugt. «Der Schweizer Markt ist wegen der hohen Kaufkraft nach wie vor sehr attraktiv für Airlines», so der Aviatik-Experte. Vielmehr würde womöglich die weitere Expansion gedrosselt.

Die Swiss bekommt 2020 zwei zusätzliche Boeing 777-300ER-Langstreckenmaschinen. Mit den Flugzeugen soll endlich wieder eine neue Übersee-Destination ins Streckennetz aufgenommen werden. In der Pole Position ist die südkoreanische Hauptstadt Seoul.

Der «Gamechanger»

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bild: airbus

Ein neues, kleineres Langstrecken-Flugzeug sorgt derzeit für Furore. An der Luftfahrtmesse in Paris verkaufte Airbus Mitte Juni kurz nach dem Programmstart über 200 Stück des A321XLR. Airline-Chefs sehen in der 220-plätzigen Maschine bereits einen «Gamechanger», der die Luftfahrt-Industrie durcheinanderwirbeln könnte. Mit der Langstreckenversion der A320-Familie lassen sich im Punkt-zu-Punkt-Verkehr Nischendestinationen bedienen, für die Grossraumflugzeuge wie der A350 oder die 777 viel zu gross wären.

«Der Markt verändert sich rasant und teilt sich mehr und mehr auf.»
William Agius

Mit den A321XLR liessen sich von Zürich weniger nachgefragte Destinationen bedienen, die heute wegen der grösseren Flugzeuge viele Umsteigepassagiere benötigen. «Die Swiss schaut sich die A321XLR sicher an», so Agius weiter.

Vergangenen Montag sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr, er könnte sich den A321XLR durchaus in der Flotte vorstellen. «Ich halte die Maschine jedoch für ein Nischenprodukt und keinen Gamechanger», so Spohr. Dies, weil Passagiere nicht länger als vier Stunden in kleineren Fliegern mit nur einem Gang sitzen wollten.

Ob Schweizer Passagiere wegen der Klima-Krise tatsächlich bald eine Flugticketabgabe zahlen müssen, entscheidet der Ständerat im September. Wie die Swiss darauf reagieren würde, bleibt abzuwarten. Allzu viel Rücksicht auf die hiesigen Verhältnisse ist kaum zu erwarten. «Machen wir uns nichts vor. Die wichtigen Entscheidungen für die Swiss müssen schon lange mit der Lufthansa-Zentrale in Frankfurt besprochen und abgesegnet werden», bilanziert Agius.

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Video: srf
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38 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Howard271
28.06.2019 08:47registriert Oktober 2014
Also der Anteil an Umsteigepassagieren mag sich ja in den letzten Jahren nach unten entwickelt haben, in effektiven Zahlen wächst er aber auf stabilem Niveau. Man könnte auch sagen, die gesamte Anzahl der Passagiere ist einfach schneller gewachsen als diejenige der Umsteigepassagiere.
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maylander
28.06.2019 08:28registriert September 2018
Die Anzahl Gänge ist doch egal. Auf Sitzbreite und Beinfreiheit kommt es darauf an. Dazu noch ein gtes Unterhaltungssystem.
Einfach nur fünf Sitze pro Reihe und den Abstand vergrössern und schon hat man ein top Premium Economy Produkt mit dem A 321ULR. Damit würde ich auch über den Atlantik fliegen. In der Kurzstrecke Bestuhlung eher nicht.
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fidget
28.06.2019 09:45registriert Dezember 2018
Der prozentuale Anteil an Transferpassagieren ist sinkend. In absoluten Zahlen haben sie in den letzten 4 Jahren aber stetig zugenommen. Im übrigen ist die Grafik mit dem Prozentanteil Transferpassagiere etwas irreführend. Da sie nur einen Ausschnitt zwischen 28% und 44% zeigt, wird es wesentlich dramatischer dargestellt, als es ist.
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