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Wirtschaft

Blattmann Schweiz AG: Traditionsfirma geht nach 169 Jahren konkurs

blattmann schweiz ag
Das Firmengebäude der Blattmann Schweiz AG in Wädenswil ZH.Bild: blattmann schweiz ag

Schweizer Traditionsfirma geht nach 169 Jahren wegen Zöllen (nicht Trumps) konkurs

Mit der Blattmann Schweiz AG schliesst der einzige einheimische Stärkehersteller. 16 Mitarbeitende verlieren den Job – und die Schweiz wird in der Branche komplett vom Ausland abhängig.
07.08.2025, 04:2407.08.2025, 14:12

Das Schweizer Traditionsunternehmen Blattmann Schweiz AG aus Wädenswil ZH muss den Betrieb einstellen. «In den letzten Wochen ist leider klar geworden, dass es nicht mehr weitergeht», sagte Verwaltungsratspräsident Giulio De Lucia gegenüber dem «Tagesanzeiger». Schon vor Monaten gab es Probleme mit der Liquidität, die Lage habe sich nun derart verschärft, dass die Schliessung unumgänglich ist.

Die 1856 gegründete Firma war der einzige verbliebene Schweizer Produzent von Stärke für Lebensmittel. Der Speicherstoff ist essenziell für die Herstellung vieler Nahrungsmittel und kommt unter anderem in Produkten wie Teigwaren, Müesli, Glace, Backwaren oder Fleischersatzprodukten vor.

Durch den Konkurs der Blattmann AG ist die Schweiz im Stärkesegment ab jetzt vollständig von Importen abhängig – die Firma war der einzige Produzent hierzulande. Für VR-Präsident De Lucia eine heikle Situation. In guten Zeiten möge die Versorgung der Schweiz durch ausländische Anbieter funktionieren, doch gerade die Coronakrise habe gezeigt, wie fragil das System ist und wie schnell Versorgungsengpässe auftreten könnten. Blattmann sei während der Pandemie deshalb auch als systemrelevant eingestuft worden, so De Lucia.

Nebst der Coronakrise seien auch die höheren Energiepreise und der starke Franken in den vergangenen Jahren ausschlaggebend für das Betriebsende gewesen. Doch «den Todesstoss» habe eine Zollregelung dem Unternehmen versetzt: Ende 2023 beschloss der Bundesrat, dass bei der Einfuhr von Weichweizen ein deutlich höherer Anteil für die Stärkeherstellung verwendet werden muss.

Nur wenn dieser erfüllt wurde, konnte der Schweizer Hersteller den Rohstoff praktisch zollfrei einführen. Sonst wurden happige Aufschläge von bis zu 30 Franken pro 100 Kilogramm fällig. Durch die Erhöhung des Mindestverarbeitungssatzes zu Stärke von 55 auf 75 Prozent seien die Einkaufspreise «von einem Tag auf den anderen um 50 bis 60 Prozent gestiegen».

Der Produktionsbetrieb bei Blattmann wurde am Mittwoch eingestellt. Betroffen sind 28 Mitarbeitende, 12 werden in den beteiligten Gesellschaften Blattmann Handels AG und Blattmann Noredux AG weiterbeschäftigt, die anderen verlieren ihre Stelle. (con)

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72 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Chanti10
07.08.2025 05:50registriert Juli 2023
Es ist Systemrelevant, aber wurde vom System gekillt.
Ja, genau mein Humor.
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Alex747
07.08.2025 05:42registriert Oktober 2019
Und wieso hat Bundesrat diese Zollregelung beschlossen? Was war sein Ziel?
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Squawk 7700
07.08.2025 06:03registriert Mai 2025
Der Bundesrat hat somit einen Systemrelevanten Betrieb zerstört. Gut gemacht! Nicht.
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