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Mit GPS und Mini-Sendern im Zug: Neue App verfolgt bald GA-Pendler

Mit GPS und Mini-Sendern im Zug: Neue App verfolgt bald GA-Pendler

Eine neue Tracking-Applikation soll bald die Reisewege von Tausenden von GA-Nutzern aufzeichnen. Das ist zwar rechtlich zulässig. Dennoch weist der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte auf Risiken hin.
14.08.2022, 17:1615.08.2022, 10:39
Pascal Michel / ch media
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Es geht um viel Geld: 1,2 Milliarden Franken bezahlten die Besitzerinnen und Besitzer eines Generalabonnements im vergangenen Jahr für die unbeschränkte Nutzung von Bus, Bahn oder Schiff. Dieses Geld verteilt die ÖV-Branchenorganisation Alliance Swisspass dann an die rund 180 Transportunternehmen, bei denen das Abo gültig ist.

Als Grundlage für den Verteilschlüssel dienen Papier- und Onlinebefragungen zum Reiseverhalten von zufällig ausgewählten Kundinnen und Kunden. Dazu werden jährlich 52'000 Kunden angeschrieben.

ZUM HINTERGRUNDTEXT DER SDA ZUM SWISSPASS STELLEN WIR IHNEN AM MONTAG, 20. JULI 2015, FOLGENDES ARCHIVBILD ZUR VERFUEGUNG - Der SwissPass ist zu sehen an einer Medienkonferenz in Bern am Dienstag, 10. ...
Bild: KEYSTONE

Da es beim Rücklauf dieser Befragungen harzt, die Datensammlung fehleranfällig ist und hohe Personalkosten beim Abtippen der Papierfragebogen anfallen, möchte die ÖV-Branche nun eine App einführen, die die Reisen von ausgewählten Kundinnen und Kunden automatisch erfasst. Auf der Beschaffungsplattform des Bundes hat die Alliance Swisspass dazu kürzlich das Projekt «Erhebung von Reisedaten im ÖV mittels Tracking» ausgeschrieben.

SBB rüsten bereits bei Bluetooth-Sendern auf

Mit der neuen Lösung will sie GA-Kunden, die freiwillig an der Erhebung teilnehmen und ihre Einwilligung zum Tracking gegeben haben, metergenau im Zug, Bus oder Tram lokalisieren. Um diese Genauigkeit zu erreichen, müssen die App-Entwickler laut dem Pflichtenheft, das CH Media vorliegt, «GPS, Triangulierung der Mobilfunk- und Wi-Fi-Netze, Geofencing und die verfügbaren Beacons und die Bewegungssensoren des Smartphones» anzapfen.

Diese Daten, die mit dem Fahrplan abgeglichen werden, ermöglichen eine lückenlose Dokumentation der Reisewege der Passagiere. Explizit verlangt wird von der Applikation auch die Rekonstruktion von Seerundfahrten, Bahnersatzverkehr sowie von Reisen per Standseil-, Zahnrad- und Seilbahn.

Eine wichtige Rolle spielen die sogenannten Beacons. Diese kleinen Bluetooth-Sender verschicken im Sekundentakt ein Signal, mit welchem die neue Tracking-App die Position des Mobiltelefons lokalisieren kann. «Die App verwendet diese Informationen zur Erhöhung der Genauigkeit der Fahrtenaufzeichnung», heisst es im Pflichtenheft.

Bei den SBB werden bis Ende 2023 alle Wagen mit solchen Sendern ausgerüstet sein. Bereits heute mit Beacons fahren sämtliche Fernverkehrszüge. Derzeit diskutiert die Branche darüber, ob künftig die Zahl der Sender im gesamten Netz ausgebaut werden müsste, um für die neue App die bestmögliche Abdeckung zu garantieren.

Im dichten ÖV-Takt ist präzises Tracking nötig

Den Standort des Fahrgasts metergenau zu bestimmen, sei für die Datenerhebung entscheidend, sagt Thomas Ammann, Sprecher der Alliance Swisspass, zu CH Media. «Für die Verteilung der Gelder ist es relevant, ob jemand in der Stadt Zürich im VBZ-Bus sitzt oder im Postauto, das sehr dicht neben einem VBZ-Bus auf einer ähnlichen Strecke verkehrt.»

Reisende auf einem Perron am Zuercher Hauptbahnhof, am Freitag, 17. Dezember 2021, in Zuerich. (KEYSTONE/Michael Buholzer)
Die Schweiz hat einen der dichtesten Fahrpläne der Welt.Bild: keystone

Wie viel Wert auf die Genauigkeit der Daten gelegt wird, zeigt sich in der Ausschreibung. So müssen Anbieter, die sich um die Entwicklung der App bewerben, jede zehnte Fahrt nochmals im Detail überprüfen und allfällige Unstimmigkeiten melden.

Alliance-Swisspass-Sprecher Ammann betont, mit der neuen Art der Datenerhebung setze man den gesetzlichen Auftrag um, Reisedaten für die korrekte Einnahmenverteilung zu erheben. Der Datenschutz sei dabei von Anfang an ein wichtiges Thema gewesen, weshalb die neue App nach der Maxime der «Datensparsamkeit» operieren solle. Ammann betont:

«Es werden nur Daten erhoben, die für die Verteilung der Gelder tatsächlich nötig sind, sie kommen anonymisiert zu uns und sie dürfen für keine anderen Zwecke verwendet werden»

Deshalb sei eine Integration, beispielsweise in die SBB-App, nicht möglich. Er betont, das Projekt sei dem Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten bereits vorgestellt worden.

Die Branche erhofft sich mit dem digitalen Tracking, das im Mai 2023 erstmals zum Einsatz kommen soll, deutliche Kosteneinsparungen. Und Alliance Swisspass denkt bereits weiter: «Die neue Erhebungsmethode soll nach erfolgreicher Durchführung des Pilotversuchs schrittweise für das restliche ÖV-Sortiment angewendet werden», heisst es im Pflichtenheft.

Das bedeutet: Als Nächstes würden Besitzerinnen und Besitzer von Tageskarten oder des Jugendabos Seven 25 ausgewählt, um ihr Reiseverhalten digital offenzulegen.

Datenschützer weist auf heikle Punkte hin

Eine Sprecherin des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten Adrian Lobsiger bestätigt auf Anfrage, dass dieser «gegen Ende Juni in groben Zügen über ein entsprechendes Projekt informiert» worden sei. Der Datenschützer habe dabei auf wichtige Datenschutzanforderungen hingewiesen, das Projekt aber bisher nicht beurteilt oder beraten.

Sollten im weiteren Verlauf Hinweise auftauchen, wonach der Datenschutz gefährdet sein könnte, behält sich der Datenschützer eine vertiefte Prüfung des Projekts oder sogar ein formelles Aufsichtsverfahren vor.

Als besonders wichtig erachtet der Datenschützer, dass der Sicherheit bei der Erfassung und Übertragung, Verarbeitung, Speicherung, Weitergabe und Vernichtung der Daten genügend Beachtung geschenkt wird. Denn:

«Im Vergleich zur bisherigen Methode ergeben sich hier neue Risiken, namentlich hinsichtlich einer Bildung von umfassenden Bewegungsprofilen der Teilnehmenden.»

Wichtig sei ebenfalls, nur so viele Daten zu sammeln, wie unbedingt nötig.

Die gesetzliche Grundlage im Personenbeförderungsgesetz anerkennt Lobsiger ebenfalls, weist aber darauf hin, dass weder Alliance Swisspass noch der App-Entwickler die Daten für andere Zwecke verwenden oder weitergeben dürften. «Über den Zweck der Datenbearbeitung müssen die Teilnehmenden transparent informiert werden.»

Der Datenschatz weckt Begehrlichkeiten

Erik Schönenberger, Geschäftsleiter der Digitalen Gesellschaft, bleibt vorsichtig. Solange die Datensammlung in einer separaten App, zweckgebunden und mit ausdrücklicher Zustimmung der Nutzerinnen und Nutzer erfolge, sei dies in Ordnung.

Er gibt aber zu bedenken, dass der Datenschatz, der so angehäuft werde, bald Begehrlichkeiten in der Branche und in der Politik wecken könnte – sei es für personalisierte Preise oder auch für eine Steuerung des Verkehrs, also für das sogenannte Mobility Pricing. «Hat man einmal eine solche Überwachungs-App, ist man nicht weit davon entfernt, diese dereinst doch in die SBB-App einzubauen.»

Dies gelte es zu verhindern, um weiterhin vollständig anonyme Reisen im öffentlichen Verkehr zu garantieren, sagt Schönenberger. Mit Blick auf die finanziell angeschlagenen SBB ergänzt er: «Wer die Daten hat, steht in Versuchung, diese für sein Geschäft zu nutzen.»

Entscheid fällt im Herbst

Wie sie den Datenschutz garantieren, können die interessierten Entwickler der Tracking-App Mitte Oktober darlegen. Dann müssen sie ihre Angebote den Experten von Alliance Swisspass präsentieren. Die Vertragsunterzeichnung ist auf November angesetzt. (bzbasel.ch)

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55 Kommentare
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Litten
14.08.2022 17:49registriert Oktober 2020
Wenn man schon mit den Daten zahlt, wird das GA sicher ein bisschen billiger, oder?
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tr3
14.08.2022 20:57registriert April 2019
Ich hab vor allem etwas aus diesem Artikel mitgenommen: das Gleis 7 heisst jetzt anscheinend Seven 25. Sind die bekloppt?
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Chronim
14.08.2022 17:52registriert März 2021
Notiz an mich: Swisspass analog dabei haben.
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