Die Migros will sich stärker auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Sie will daher die Reisetochter Hotelplan sowie den Kosmetikhersteller Mibelle, den Sportfachhändler SportX und den Elektronikhändler Melectronics verkaufen. Das sagen die Schweizer Medien dazu:
«Hotelplan weg, Melectronics weg, SportX weg, Mibelle weg. Und im Zuge dessen 1500 Stellen weniger.» Die Migros wolle vieles loswerden, schreibt das SRF. Ein Abbau in diesem Ausmass sei für den orangen Riesen ein Novum. Das Abstossen von Hotelplan überrasche allerdings am wenigsten. Schon seit Längerem fragten sich Experten und Expertinnen, wie der Reisekonzern noch zum Detailhandel passe.
Mibelle wiederum sei nicht schlagkräftig genug gewesen - zumal die Genossenschaften immer mehr andere grosse Marken ins Sortiment genommen hätten. Aber: Wer wolle in dieser schwierigen Marktsituation Melectronics oder SportX übernehmen? Die meisten Standorte befänden sich innerhalb der Migros-Kaufhäuser. Es wäre nicht überraschend, wenn hier noch mehr Stellen abgebaut werden müssten. Der grösste Abbau in der Geschichte der Migros werde wohl eine noch grössere Dimension annehmen.
Bei den Zeitungen von CH Media, also etwa der «Aargauer Zeitung», liegt der Fokus unter anderem auf Hotelplan. Die Ankündigung, dass der 1935 von Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler lancierte Tourismus-Konzern verkauft werden soll, erfolge just zwei Tage nachdem Hotelplan-Chefin Laura Meyer ein Rekordergebnis mit einem Umsatz von 1.7 Milliarden Franken verkünden konnte. Gegenüber dem letzten pandemiefreien Geschäftsjahr war dies ein Plus von über 45 Prozent. Zum Gewinn machte Hotelplan keine Angaben.
Doch das reiche offensichtlich nicht: Zu international sei dieses Geschäft inzwischen. Duttweilers Mission von 1935, nämlich «der bedrängten Schweizer Hotellerie zu helfen und gleichzeitig dem kleinen Mann Ferien zu ermöglichen», werde inzwischen durch viele Anbieter gut erfüllt. Bei einem neuen Eigentümer sieht die Migros daher für das Unternehmen grössere Entwicklungschancen. In der Branche herrsche aber Überraschung - bis hin zu Konsternation. «Es ist ganz einfach traurig, dass der letzte grosse Schweizer Reisekonzern veräussert werden soll», wird ein bekannter Firmeninsider und Branchenvertreter zitiert. Es drohe nun die Schliessung von 30 bis 50 Filialen.
Für die «Handelszeitung» ist es zwar Courant normal, dass ein Grosskonzern wie die Migros sein Portfolio regelmässig prüft. Dass sie nach 89 Jahren im Reisegeschäft den Verkauf von Hotelplan plane, zeige aber, dass für die Migros kein Bereich mehr tabu sei - selbst das 1935 gegründete Unternehmen nicht. In den letzten Jahren habe die Migros bereits andere Unternehmen aus ihrem Portfolio verkauft, aber diese seien nicht Teil der ursprünglichen Pionierleistungen des Migros-Gründers Gottlieb «Dutti» Duttweiler gewesen.
Diese Veränderung in der Strategie signalisiere, dass die Migros bereit sei, an ihrer eigenen DNA zu kratzen und sogar Pionierleistungen abzustossen. Dieser Schritt werfe ausserdem Fragen darüber auf, ob nach Imholz und Kuoni nun auch der letzte grosse einheimische Touristikkonzern, Hotelplan, seine Swissness verlieren werde. In einem E-Mail an die Leser ergänzt die «Handelszeitung»: «Wenn ein Unternehmen 500 Millionen Franken abschreiben muss, rollen normalerweise die Köpfe. Bei der Migros nicht. Verantwortung ist etwas anderes.»
Für die Tamedia-Zeitungen wie etwa den «Tages-Anzeiger» zerschlägt die Migros ihr Erbe. Das zeige, wie ernst die Lage sei. Hotelplan, in den 1930er Jahren von Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler gegründet, um kostengünstige Reisen anzubieten, stehe zum Verkauf. Mibelle, der drittgrösste europäische Hersteller von Eigenmarken für Körperpflege und Kosmetik, sei bekannt für Migros-Bestseller wie das «Handy»-Abwaschmittel. Die Migros stehe ausserdem vor dem grössten Stellenabbau in ihrer bald 100-jährigen Geschichte. Sie beteuere, dass die Kundinnen und Kunden wenig von diesem Umbau spüren würden und vor allem von günstigeren Preisen profitierten.
Beliebte Eigenmarken wie das Abwaschmittel «Handy» oder die «I am»-Handcreme würden weiterhin in den Regalen stehen, auch wenn sie nicht mehr von der Migros-Industrie, sondern von einem externen Unternehmen hergestellt würden. Dennoch werde der Stellenabbau nicht ohne sichtbare Folgen erfolgen. Denn: «Was bleibt insbesondere von grossen MM- oder MMM-Filialen übrig, wenn dort dereinst weder SportX-Abteilungen noch diejenigen von Do it oder M-Electronics zu finden sind?»
Laut der «Neuen Zürcher Zeitung» dürfte der am Freitag angekündigte, radikale Umbau für viele «Migros-Kinder» ein Schock sein. Wie weit dieser gehe, zeige die Tatsache, dass die Migros sogar mit Teilen ihres Duttweiler-Erbes breche. Der Umbau werde aber nötig, weil sich die Migros zu lange selbstzufrieden in ihrem Duttweiler-Erbe gesonnt habe. Und viele Kunden und Genossenschafter hätten bei der nostalgischen Verklärung mitgemacht.
Das zeige sich etwa bei der Alkohol-Abstimmung im Jahr 2022, als die Genossenschafter urteilten, die Migros solle wie seit knapp hundert Jahren weiterhin keinen Alkohol verkaufen. Doch nun bestätige sich, dass die Probleme der Migros ganz andere seien: Sie leiste sich eine überaus komplexe Struktur mit zehn Regionalgenossenschaften und dem Migros-Genossenschafts-Bund (MGB) als Zentrale. Aber diese Struktur kollidiere immer mehr mit den wirtschaftlichen Realitäten. (leo/sda/awp)
Dann gab es immer mehr Stress und Ungemach. Trotzdem haben wir in der Gastronomie (Ich weiss, wir waren immer defizitär!) uns immer Mühe gegeben, den Kundenwünschen gerecht zu werden. Die Gastronomie und das Angebot wurde trotzdem immer mehr verkleinert. Schade!