«Kunden, die nicht bereit sind, etwas zu bezahlen und auch keine zusätzlichen Dienstleistungen nutzen, werden wir nicht vermissen.» Diese Aussage machte Postfinance-Chef Hansruedi Köng vergangene Woche im Interview mit dieser Zeitung – und der Spruch hat seine Wirkung nicht verfehlt.
Der Artikel provozierte heftige Reaktionen: «Schau, schau. Die Arroganz der Grossbanken ist jetzt auch bei der Postfinance angekommen», kommentierte ein watson-User Köngs Gebührenstreich. Von «staatlich bewilligter Piraterie» ist in dem Forum die Rede. «Ich habe meine Postkonti schon vor Jahren gekündigt. Seither habe ich sie auch nicht vermisst», resümiert eine Leserin nicht frei von Schadenfreude.
Auch im «Blick», der den erwähnten Auszug aus dem Interview in leicht zugespitzter Form präsentierte, griffen wütende Leser zu Hunderten in die Tasten: «Gehen Sie Herr Köng – Sie wird auch niemand vermissen!», schrieb einer. Ein anderer mahnte: «Bitte in ein paar Jahren nicht jammern, wenn ihr viele Kunden verloren habt.» Dass die Postfinance mit der auf Anfang Juli angekündigten Gebührenerhöhung derart heftige Reaktionen provoziert lässt sich nicht allein mit den Kosten erklären, die manchen Kunden zusätzlich entstehen werden.
Zwar rückt die Postfinance in Sachen Preis ein weiteres Stück in die Nähe der Grossbanken vor, wie der Vergleichsdienst «Moneyland.ch» in einer direkten Gegenüberstellung relevanter Anbieter eines Privatkontos deutlich zeigt. Doch die Postfinance hatte ihren Platz als Preisführerin schon mit der letzten Preiserhöhung vor zwei Jahren an die Migros Bank verloren. Gegenüber dem Moneyland-Vergleich 2019 wird das Basisangebot der Postfinance, das neu den Namen «Smart» erhält, rund 60 Franken teurer.
Eine Postfinance-Sprecherin betonte auf Anfrage, dass die neuen smarten Bankpakete von Postfinance für etwa die Hälfte der 2.3 Millionen Kundinnen und Kunden gleichbleibende oder gar tiefere Gebühren zur Folge haben werden. Dies gelte insbesondere für jene Nutzer, die auf Papierdokumente wie Kontauszüge, Zinsabrechnungen oder Kreditkartenrechnungen verzichten könnten. Den Papierdienst, zu dem auch die beleggebundenen Zahlungsaufträge gehören, verrechnet die Post ab Juli mit einer Monatspauschale von fünf Franken oder just 60 Franken im Jahr.
Nicht zu Unrecht betont die Postfinance-Sprecherin, dass die papiergebundenen Prozesse für die Postfinance mehr Aufwand bedeuten als die digitalen Prozesse, in denen der Kunden einen grossen Teil der Arbeit selbst erledigen muss.
Doch das Argument der verursachergerechten Preisstellung ist nur die halbe Erklärung für die Gebührenpolitik des Staatsinstituts. Das Negativzinsregime und die Suche vieler Sparer nach sicheren Plätzen Anlageplätzen haben der Postfinance in den vergangenen Jahren stark zugesetzt, zumal sie die Einlagengelder aus gesetzlichen Gründen nicht in gewinnbringende Kredite verwandeln darf.
Im Unterschied zur letzten Preiserhöhung im Jahr 2019, mit der die Postfinance auf zusätzliche Einnahmen in Höhe von über 70 Millionen Franken zielte, erwartet die Bank nun ein «Konsolidierung» der Kundschaft, wie sich Köng im Interview ausdrückte.
Kunden, die der Bank keinen Profit bringen beziehungsweise den neuen Preis nicht zahlen wollen sind unerwünscht, lässt sich die Aussage des Chefs übersetzen. So kann Postfinance Kosten sparen. Das macht der Betrieb freilich schon lange und so konsequent, dass er trotz der widrigen Rahmenbedingungen noch nie rote Zahlen schreiben musste und sogar üppige Dividenden an die Staatskasse abliefern kann, wie Köng stolz betont. So hat die Postfinance in den vergangenen Jahrzehnten rund 70 Prozent des beleggebundenen Zahlungsverkehrs von zahlreichen Geschäftsbanken übernommen und über die Masse erhebliche Kostenvorteile erzielt – bei höheren Gebühren. (aargauerzeitung.ch)
Theor
chrimark
Töfflifahrer
Nun für einen Papierauszug 60.-/Jahr? Echt jetzt?