Der Weg zur Stromproduktion mit Kernfusion ist noch weit. Laut einem Schweizer Experten ist der am Donnerstag verkündete neue Weltrekord mit der europäischen Kernfusionsanlage «Jet» aber ermutigend.
«Dieser neue Rekord stimmt zuversichtlich für die Zukunft», sagte Yves Martin am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Martin ist stellvertretender Direktor des am Rekord-Projekt beteiligten Swiss Plasma Center an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL).
Der neue Rekord wurde in einem der letzten Experimente in der Fusionsanlage «Jet» aufgestellt. Nach 40 Jahren wurde der Betrieb der Anlage im Dezember 2023 eingestellt. «Dass wir auch nach vier Jahrzehnten mit der Anlage noch solche Fortschritte erzielen konnten, ist ein sehr gutes Zeichen für die Fortschritte, die wir mit dem neuen Fusionsreaktor 'Iter' erzielen werden», sagte Martin. «Iter» (International Thermonuclear Experimental Reactor) ist ein in internationales Grossprojekt, das derzeit einen Testreaktor in Frankreich baut.
Die im neuen Experiment erreichten 69 Megajoule entsprechen etwa der Energie, die eine Waschmaschine braucht, um zehn Stunden zu laufen. Das klinge zwar nach wenig, man müsse aber beachten, dass es nur rund fünf Sekunden dauerte, um diese Energie zu produzieren, sagte Martin. Die Energiebilanz des Experiments war ausserdem negativ – es wurde laut Martin rund dreimal mehr Energie reingesteckt, als erzeugt wurde.
Dass nicht mehr Energie produziert wurde, ist laut Martin eine Frage der Grösse der Anlage. Er gab sich überzeugt davon, dass am «Iter» eine positive Energiebilanz erzeugt werden kann.
Bis damit Strom für Haushalte produziert wird, dauert es nach Einschätzung Martins noch rund zwanzig Jahre. «Wir rechnen damit, dass im Jahr 2045 erste Prototypen von Fusions-Reaktoren stehen», sagte der Forscher. (saw/sda)
Der Fusionsreaktor hat sich als viel schwieriger herausgestellt als ursprünglich gedacht. Mittlerweile hat man ihn verstanden (auch dank JET), aber es ist eine Technologie für die nächste Generation. Fürs aktuelle Klimaproblem kommt er zu spät. 2045 ist doch sehr optimistisch.