Im Dezember 2024 kündete Regina Bachman im Zürcher Kreis 5 rund einem Drittel der Bewohnerinnen und Bewohner der sogenannten Sugus-Häuser. watson machte den Fall publik. Betroffen waren rund 105 Mietparteien: Familien, Rentnerinnen, Alleinstehende – sie alle sollten ihre Wohnungen räumen, um Platz für teure Business-Apartments zu schaffen.
Doch das Vorhaben stiess auf viel Widerstand. In vier Fällen hat die Schlichtungsbehörde Zürich die Kündigungen inzwischen als «missbräuchlich» beurteilt. Eine Einigung steht noch aus, wie der Zürcher Mieterverband mitteilt.
Davon unbeeindruckt scheint Bachmann dennoch an ihrem Kurs festzuhalten: Auf Plattformen wie Airbnb sind nun erste Wohnungen der bekannten Siedlung zur temporären Vermietung ausgeschrieben – zu einem Vielfachen der bisherigen Mieten, wie die Republik berichtet.
Eine «Design-Oase» – so wird eine 4.5-Zimmer-Sugus-Wohnung auf Airbnb angepriesen. Kostenpunkt? Ganze 8451 Franken pro Monat (Stichtag vom 15. August) bei einer Belegung mit zwei Personen.
Falls die Wohnung jedoch für sechs Personen gebucht wird, verlangt der «Gastgeber», dahinter steckt die Firma Residence Services GmbH, ganze 13'794 Franken. Dies aufgrund der dynamischen Preise von Airbnb. In diesem Fall gilt: Je mehr Personen buchen, desto teurer der Gesamtbetrag.
Dass es sich dabei um eine Wohnung in der Sugus-Siedlung handelt, wird von der Residence Services GmbH nicht verheimlicht. Im Hintergrund auf den Fotos des Inserates ist immer wieder die farbige Fassade zu erkennen.
«Willkommen in deiner grosszügigen Designwohnung im angesagten Zürcher Trendquartier!» – so wird für die Sugus-Wohnung im Inserat geworben. Die Zielgruppe wird im Übrigen klar definiert. Die Wohnung sei «ideal für Familien, Freundesgruppen oder Business-Teams – ruhig, stilvoll & zentral gelegen».
Laut der Republik lag der Monatsmietspreis vor der Veröffentlichung auf Airbnb bei rund 1900 Franken. Damit hat sich der Preis für die Unterkunft versiebenfacht, wenn das Apartment für sechs Personen gebucht wird. Vermietet wird die Wohnung von der Küsnachter Firma Residence Services GmbH, einem Anbieter mit mehreren Airbnb-Objekten in Zürich. Auf dem Profil des Unternehmens sind mindestens drei weitere Wohnungen aus den Sugus-Häusern gelistet.
In den vergangenen zwei Wochen haben Mieter und Mieterinnen beobachtet, wie Möbel in die inzwischen leerstehenden Wohnungen geliefert wurden. Gleichzeitig tauchten erste Inserate auf Airbnb auf. Zudem wurden Überwachungskameras installiert, und es wurde angekündigt, dass Zugangssysteme mit Codeeingabe eingerichtet werden sollen, so die «Republik».
Wie viele Wohnungen insgesamt zur Weitervermietung angeboten werden, ist derzeit unklar. Ein langjähriger Mieter der Sugus-Siedlung, der seit zehn Jahren dort wohnt, schätzt, dass bisher zwischen 12 und 15 Wohnungen möbliert inseriert wurden.
Einige dieser Wohnungen seien ausserdem auf dem Immobilienportal Immoscout24 gelistet gewesen. «Die Immoscout-Inserate waren mit KI-Bildern versehen und hatten keine Adressangaben», berichtet der Mieter. «Aufgrund der Beschreibungen ist aber klar, dass es sich um die Sugus-Wohnungen handelt.»
Mehrere Bewohnerinnen der Sugus-Häuser hätten die Inserate mit den gefälschten Bildern daraufhin beim Portal gemeldet, woraufhin diese entfernt wurden. Hinter den Immoscout-Anzeigen steht ein anderes Unternehmen: die Zwischennutzungsfirma Novac Solutions GmbH.
Der CEO, Alexandros Tyropolis, reagierte auf Nachfragen von der Republik mit einer vagen Erklärung: «Wir testen verschiedene Mietzinsoptionen in und um die besagte Adresse, unabhängig von der von Ihnen genannten Liegenschaft.» Dies diene dazu, «Projekte besser einzuschätzen». Auf die direkte Frage, ob es sich bei den Inseraten um Sugus-Wohnungen handelt, ging Tyropolis nicht mehr ein.
Ende Juni gelang den gekündeten Mietparteien ein erster Erfolg: Die Schlichtungsbehörde Zürich stellte in den Verhandlungen fest, dass die Kündigungen «missbräuchlich» sind.
Zwar können die Kündigungen nicht rückgängig gemacht werden, doch die Entscheidung verschafft den Bewohnerinnen zumindest Luft. Die Behörde schlug eine dreijährige Kündigungssperre vor, in der die Vermieterin den Mietparteien nicht kündigen darf. Diese Schutzbestimmung des Schweizer Mietrechts soll Mieterinnen und Mietern Sicherheit bieten, damit sie sich nicht zweimal überlegen müssen, ob sie den Rechtsweg einschlagen.
Nun müssen sowohl die Mieterinnen als auch die Vermieterin entscheiden, ob sie diesen Vorschlag akzeptieren. Wird keine Einigung erzielt, wird der Fall vor das Bezirksgericht gebracht – die Frist dafür läuft Anfang Oktober ab.
Rund 30 der ursprünglich 105 Mietparteien haben inzwischen auf ein Verfahren verzichtet oder bereits eine neue Wohnung gefunden und sind ausgezogen. Die verbleibenden Bewohnerinnen befürchten, dass die nun deutlich höheren Mietpreise für die leerstehenden Wohnungen das Quartier weiter belasten. Denn steigende Mieten können die sogenannte «Quartierüblichkeit» erhöhen: Eigentümerinnen benachbarter Immobilien können bei Mieterwechseln ebenfalls die Mieten anheben – ein Vorgehen, das bei Immobilien im gleichen Eigentum seit mehr als 30 Jahren rechtlich zulässig ist.
Sollte die Vermieterin den Entscheid der Schlichtungsbehörde annehmen, würden die Mietverhältnisse unbefristet weiterlaufen und die Schutzfrist von drei Jahren gelten. Für die Mieterinnen wäre dies zumindest eine vorläufige Entlastung und Schutz vor weiteren Kündigungen.
(les)
In Zeiten des Wohnungsmangels, bzw des mangels an bezahlbaren Wohnraum, sollte hier die Stadt, der Kanton oder sogar der Staat eingreifen. Eigentumsentzug, Umwandlung in Sozialbauten und eine gründliche Steuerprüfung bei dem bald ehemaligen Eigentümer, und die Kosten für eine anfällige Renovation geht Anteilsmässig an den letzten Eigentümer...