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Tramunfälle in Zürich: So geht es den Trampilotinnen und -piloten

Einsatzkraefte der Polizei und Schutz & Rettung Zuerich am Bahnhofplatz Zuerich HB, nach einem Unfall mit einem Tram des Zuercher Verkehrsverbunds ZVV, am Freitag, 8. Maerz 2024 in Zuerich (KEYSTO ...
Die Unfallstelle beim Hauptbahnhof in Zürich.Bild: KEYSTONE

«Diejenigen, die noch nie einen Unfall miterleben mussten, hatten bislang einfach Glück»

Die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) erlebten eine tragische Woche: drei Unfälle mit einem Tram, drei Todesopfer. Eine ehemalige Trampilotin und der Präsident des VBZ-Verbands erzählen, wie das Fahrpersonal mit solchen Unfällen umgeht und wie zunehmend herausfordernd der Beruf ist.
12.03.2024, 07:5012.03.2024, 13:18
Ralph Steiner
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«Es ist für uns tragisch. Jeder leidet mit den betroffenen Berufskollegen und natürlich auch mit den Opfern und deren Familien mit. In den Depots herrscht derzeit eine sehr bedrückte Stimmung.»

Dies sagt der hörbar betroffene Heinz Schulthess, Trampilot und Präsident des Verbands «transfair VBZ Züri-Linie». In der vergangenen Woche kam es in der Stadt Zürich zu drei tödlichen Unfällen mit Trams.

Trampilot und Verbandspräsident Heinz Schulthess.
Trampilot und Verbandspräsident Heinz Schulthess.bild: www.transfair-vbz.ch

Am Montagabend geriet eine 56-jährige Frau bei der Haltestelle Bahnhof Oerlikon Ost zwischen das Perron und ein Tram der Linie 14. Am Dienstag erlag sie ihren schweren Verletzungen.

Am Freitag prallte ein Tram der Linie 4 beim Engros-Markt mit einem 27-jährigen Velofahrer zusammen. Der Velofahrer verstarb am Samstagmorgen.

Ebenfalls am Freitag, keine Stunde später, geriet ein Fussgänger beim Hauptbahnhof unter ein Tram der Linie 7. Er verstarb noch auf der Unfallstelle.

«Die Tramunfälle der letzten Woche machen uns betroffen. Dass es innert kurzer Zeit zu drei Unfällen mit Todesfolge gekommen ist, ist tragisch», schreiben die VBZ auf Anfrage von watson. Die Ursachen und Unfallhergänge seien aktuell noch nicht geklärt. Um allfällige orts- und anderweitig bedingte Sicherheitsrisiken zu beseitigen, würden die Unfallereignisse jeweils eingehend untersucht.

Beinahe-Unfall mit Kinderwagen

Wie Verbandspräsident Heinz Schulthess leidet auch Andrea Huber mit. Die ehemalige Trampilotin möchte nicht mit ihrem richtigen Namen genannt werden. «Nebst den Unfallopfern tut es mir auch immer leid für die Fahrerinnen und Fahrer, die so etwas erleben müssen.» Einen solchen Zwischenfall vergesse man ein Leben lang nicht. Im schlimmsten Fall könne er eine Karriere beenden.

Die Zuercher Strassenbahn "Tram 2000" faehrt am Paradeplatz, aufgenommen am Dienstag, 3. Maerz 2015 in Zuerich. Die Verkehrsbetriebe Zuerich (VBZ) stehen in der Kritik. Bei ihrem Vergabeents ...
Drei Unfälle mit Todesfolge in der Stadt Zürich innert einer Woche.Bild: KEYSTONE

Huber erzählt von einem Unfall mit Todesfolge, der sich vor Jahren im Milchbucktunnel ereignet hat. Ein ehemaliger Arbeitskollege habe bei der ersten Fahrt am Morgen einen Mann tödlich erfasst, der in der Nacht betrunken in den Tunnel gelaufen sei. «Weil es dunkel war, sah mein Arbeitskollege nicht viel, deswegen konnte er es vermutlich auch einigermassen gut wegstecken.»

Die ehemalige Trampilotin hat selbst nie einen Unfall mit Todesfolge erleben müssen. Allerdings einen Beinahe-Unfall, der schrecklich hätte enden können:

«Eine Mutter ist mit ihrem Kinderwagen auf der Bahnhofstrasse vor mein Tram gelaufen. Ich ging voll auf die Bremse und hielt zehn Zentimeter vor dem Kinderwagen. Da rutschte mir das Herz in die Hose. Es war mein mit Abstand schlimmster Zwischenfall. Vor allem, weil ein Kind involviert war.»

Sie sei voller Adrenalin bis zur Endstation weitergefahren. Dort angekommen, seien ihr nur noch die Tränen heruntergelaufen.

Konfrontation mit der Wahrscheinlichkeit

Dass es – wenn auch ohne Todesfolge – zu Unfällen kommt, sei in Stein gemeisselt, wie Heinz Schulthess vom Verband «transfair VBZ Züri-Linie» sagt. «Diejenigen, die noch nie einen Unfall miterleben mussten, hatten bislang einfach Glück. Bei Unfällen ohne Todesfolge ist die Frage nicht ob, sondern wann»

Trampilotin Huber erwähnt, dass sie in der Ausbildung mit der Wahrscheinlichkeit von Unfällen konfrontiert worden sei. «Jedem und jeder ist spätestens ab diesem Zeitpunkt bewusst, dass etwas passieren kann.»

Einsatzkraefte der Polizei und Schutz & Rettung Zuerich am Bahnhofplatz Zuerich HB, nach einem Unfall mit einem Tram des Zuercher Verkehrsverbunds ZVV, am Freitag, 8. Maerz 2024 in Zuerich (KEYSTO ...
Beim Zürcher Hauptbahnhof war am Freitag ein Grossaufgebot vor Ort.Bild: KEYSTONE

Die Trampiloten in Ausbildung werden darauf sensibilisiert, immer für alle mitzuschauen. Durch den erhöhten Sitz im Cockpit habe man einen besseren Überblick. Man lenke zudem dasjenige Fahrzeug, das sicher mehr Schaden verursache. «Die Verantwortung ist gegenüber allen Verkehrsteilnehmern sehr hoch.»

Smartphones und Kopfhörer

Huber übt jedoch auch Kritik. Seit es Smartphones gebe und Kopfhörer, die Geräusche reduzieren oder komplett ausblenden, habe der Stress für Trampilotinnen und Trampiloten deutlich zugenommen:

«Fussgänger sind teilweise sehr egoistisch unterwegs. Sie schauen weder links noch rechts. Im Sommer ist das Problem weniger gross, weil man viel mehr sieht. Im Winter ist es sehr schwierig. Da ärgere ich mich zum Teil sehr und denke: Du spielst gerade massiv mit deinem Leben. Aber es ist Teil des Jobs.»

VBZ-Verbandspräsident Heinz Schulthess pflichtet ihr bei. «Teilweise laufen einem Menschen mit Blick auf ihr Smartphone sehr kurzfristig vor das Tram.» Dieses Verhalten habe die Trampiloten gelehrt, noch besser aufzupassen.

Huber stört es auch, dass sich die entsprechenden Fussgänger und Velofahrer offenbar keine Gedanken machen, dass es ein Mensch sei, der das Tram lenke, und welch schlimme Folgen ein Unfall für diese Person haben könne.

Komme es dennoch zu einem Unfall, sei die Unterstützung durch Gewerkschaften, Verband und VBZ sehr gross, so Huber. Erstere stellen Trampiloten beispielsweise einen Rechtsanwalt und einen Unfallspezialisten zur Seite.

Die VBZ hilft betroffenen Mitarbeitern nach Unfällen, «die psychischen und physischen Nachwirkungen auf ein Minimum zu reduzieren». Hierbei kommen ein spezialisiertes Care-Team und gegebenenfalls auch der Sozialdienst der VBZ zum Einsatz. «In einer allfälligen Nachbetreuung werden auf individueller Basis Lösungen für einen möglichst baldigen Wiedereinstieg gesucht», so die VBZ weiter.

Von grosser Wichtigkeit sei die Schuldfrage, sagt Schulthess am Ende des Gesprächs. Er erwähnt Unfälle mit Autos, bei denen man eine Kollision teils kommen sehe, aber nichts mehr tun könne. «In einem solchen Fall sind Sie Passagier im eigenen Tram.» Zu wissen, dass man als Trampilot alles in seiner Macht Stehende getan habe, sei wichtig, um einen Unfall verarbeiten zu können.

Wichtige Präventionstipps der VBZ
- Vorsicht beim Überqueren von Tramschienen: Vergewissern Sie sich vor dem Überqueren von Tramgleisen, immer mit Blick nach links und rechts, ob kein Tram herannaht.

- Das Tram hat immer Vortritt, auch beim Fussgängerstreifen, bei der Einfahrt/Wegfahrt aus der Haltestelle und in Fussgängerzonen.

- Richten Sie beim Queren von Fahrbahnen die volle Aufmerksamkeit auf den Verkehr.
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101 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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DichterLenz
12.03.2024 05:20registriert Juni 2017
Ist es so schwierig, mal nicht immer aufs Smartphone zu glotzen...
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CHSpeedy
12.03.2024 08:12registriert Juni 2017
Habe den Job 2,5 Jahre gemacht. Nach 2 Jahren eine Kollision mit einem E-Roller. Mich traf dabei keine Schuld. Aber die Erinnerung wenn das Opfer vor deinem Tram "verschwindet" bleibt. Die Fleischwunde bis auf den Knochen am Schienbein habe ich verdaut. Den Knall vom Aufprall hast Du ein leben lang im Kopf. Alles nach so einem Unfall ist einfach nur surreal. Polizei, Rettung
und die Ungewissheit für 9 Monate, ob du nicht doch noch angezeigt wirst. Nach zwei beinahe Kollisionen mit Kleinkindern habe ich dann aufgehört und bin nun wieder in meinen alten Bürojob.
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slnstrm
12.03.2024 08:38registriert August 2023
Man müsste Velo- und E-Trottifahrer mal viel härter dran nehmen. Wie die z.T. entgegen aller Verkehrsregeln unterwegs sind, ist haarsträubend. Nicht alle, aber viele...
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