Dies sagt der hörbar betroffene Heinz Schulthess, Trampilot und Präsident des Verbands «transfair VBZ Züri-Linie». In der vergangenen Woche kam es in der Stadt Zürich zu drei tödlichen Unfällen mit Trams.
Am Montagabend geriet eine 56-jährige Frau bei der Haltestelle Bahnhof Oerlikon Ost zwischen das Perron und ein Tram der Linie 14. Am Dienstag erlag sie ihren schweren Verletzungen.
Am Freitag prallte ein Tram der Linie 4 beim Engros-Markt mit einem 27-jährigen Velofahrer zusammen. Der Velofahrer verstarb am Samstagmorgen.
Ebenfalls am Freitag, keine Stunde später, geriet ein Fussgänger beim Hauptbahnhof unter ein Tram der Linie 7. Er verstarb noch auf der Unfallstelle.
«Die Tramunfälle der letzten Woche machen uns betroffen. Dass es innert kurzer Zeit zu drei Unfällen mit Todesfolge gekommen ist, ist tragisch», schreiben die VBZ auf Anfrage von watson. Die Ursachen und Unfallhergänge seien aktuell noch nicht geklärt. Um allfällige orts- und anderweitig bedingte Sicherheitsrisiken zu beseitigen, würden die Unfallereignisse jeweils eingehend untersucht.
Wie Verbandspräsident Heinz Schulthess leidet auch Andrea Huber mit. Die ehemalige Trampilotin möchte nicht mit ihrem richtigen Namen genannt werden. «Nebst den Unfallopfern tut es mir auch immer leid für die Fahrerinnen und Fahrer, die so etwas erleben müssen.» Einen solchen Zwischenfall vergesse man ein Leben lang nicht. Im schlimmsten Fall könne er eine Karriere beenden.
Huber erzählt von einem Unfall mit Todesfolge, der sich vor Jahren im Milchbucktunnel ereignet hat. Ein ehemaliger Arbeitskollege habe bei der ersten Fahrt am Morgen einen Mann tödlich erfasst, der in der Nacht betrunken in den Tunnel gelaufen sei. «Weil es dunkel war, sah mein Arbeitskollege nicht viel, deswegen konnte er es vermutlich auch einigermassen gut wegstecken.»
Die ehemalige Trampilotin hat selbst nie einen Unfall mit Todesfolge erleben müssen. Allerdings einen Beinahe-Unfall, der schrecklich hätte enden können:
Sie sei voller Adrenalin bis zur Endstation weitergefahren. Dort angekommen, seien ihr nur noch die Tränen heruntergelaufen.
Dass es – wenn auch ohne Todesfolge – zu Unfällen kommt, sei in Stein gemeisselt, wie Heinz Schulthess vom Verband «transfair VBZ Züri-Linie» sagt. «Diejenigen, die noch nie einen Unfall miterleben mussten, hatten bislang einfach Glück. Bei Unfällen ohne Todesfolge ist die Frage nicht ob, sondern wann»
Trampilotin Huber erwähnt, dass sie in der Ausbildung mit der Wahrscheinlichkeit von Unfällen konfrontiert worden sei. «Jedem und jeder ist spätestens ab diesem Zeitpunkt bewusst, dass etwas passieren kann.»
Die Trampiloten in Ausbildung werden darauf sensibilisiert, immer für alle mitzuschauen. Durch den erhöhten Sitz im Cockpit habe man einen besseren Überblick. Man lenke zudem dasjenige Fahrzeug, das sicher mehr Schaden verursache. «Die Verantwortung ist gegenüber allen Verkehrsteilnehmern sehr hoch.»
Huber übt jedoch auch Kritik. Seit es Smartphones gebe und Kopfhörer, die Geräusche reduzieren oder komplett ausblenden, habe der Stress für Trampilotinnen und Trampiloten deutlich zugenommen:
VBZ-Verbandspräsident Heinz Schulthess pflichtet ihr bei. «Teilweise laufen einem Menschen mit Blick auf ihr Smartphone sehr kurzfristig vor das Tram.» Dieses Verhalten habe die Trampiloten gelehrt, noch besser aufzupassen.
Huber stört es auch, dass sich die entsprechenden Fussgänger und Velofahrer offenbar keine Gedanken machen, dass es ein Mensch sei, der das Tram lenke, und welch schlimme Folgen ein Unfall für diese Person haben könne.
Komme es dennoch zu einem Unfall, sei die Unterstützung durch Gewerkschaften, Verband und VBZ sehr gross, so Huber. Erstere stellen Trampiloten beispielsweise einen Rechtsanwalt und einen Unfallspezialisten zur Seite.
Die VBZ hilft betroffenen Mitarbeitern nach Unfällen, «die psychischen und physischen Nachwirkungen auf ein Minimum zu reduzieren». Hierbei kommen ein spezialisiertes Care-Team und gegebenenfalls auch der Sozialdienst der VBZ zum Einsatz. «In einer allfälligen Nachbetreuung werden auf individueller Basis Lösungen für einen möglichst baldigen Wiedereinstieg gesucht», so die VBZ weiter.
Von grosser Wichtigkeit sei die Schuldfrage, sagt Schulthess am Ende des Gesprächs. Er erwähnt Unfälle mit Autos, bei denen man eine Kollision teils kommen sehe, aber nichts mehr tun könne. «In einem solchen Fall sind Sie Passagier im eigenen Tram.» Zu wissen, dass man als Trampilot alles in seiner Macht Stehende getan habe, sei wichtig, um einen Unfall verarbeiten zu können.
und die Ungewissheit für 9 Monate, ob du nicht doch noch angezeigt wirst. Nach zwei beinahe Kollisionen mit Kleinkindern habe ich dann aufgehört und bin nun wieder in meinen alten Bürojob.