Ein Prozess wegen Menschenhandels hat am Bezirksgericht Zürich ein dramatisches Ende gefunden. Der 39-jährige Beschuldigte musste ins Spital gebracht werden. Seine Lebenspartnerin gab zuvor einen Teil der Vorwürfe zu, betonte aber, nie jemanden gezwungen zu haben.
Die 29-Jährige gestand in ihrer Befragung am Montag ein, für zwei der drei Frauen in Zürich tätig gewesen zu sein. Sie schilderte dies aber harmlos. So habe sie etwa Treffen mit Freiern eingefädelt, übersetzt oder Fotos auf Erotikplattformen gestellt. Die dritte Klägerin lüge hingegen, mit ihr habe sie nichts zu tun gehabt.
Zwang will die Beschuldigte bei den Frauen nie ausgeübt haben. Kein Druck, keine Drohungen, auch keine Abmachungen mit Freiern, von denen die Frauen nichts wussten. Sobald der Richter Fragen in diese Richtung stellte, antwortete sie mit «stimmt nicht». Die Frauen seien freiwillig in die Schweiz gereist und hätten gewusst, worauf sie sich einlassen.
War alles so wie sie sagte, könnte sie nur wegen Förderung der Prostitution belangt werden, nicht aber wegen Menschenhandels. Ihren Lebenspartner habe sie im übrigen nach eigenen negativen Erlebnissen zu ihrem Schutz in die Schweiz geholt, sagte die Beschuldigte. Er habe aber ebenfalls keinen Druck auf die anderen Frauen ausgeübt.
Was sie dazu sage, dass drei Frauen so ähnliche Geschichten erzählen, wollte der Richter wissen. «Ich verstehe nicht, warum das hier so aufgeblasen wird», liess die 29-Jährige über die Dolmetscherin ausrichten. Einiges was in der Anklageschrift stehe, basiere auf Lügen der Frau, mit der sie nichts zu tun haben wollte.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Paar vor, die Frauen, die aus der gleichen Gegend in Ungarn stammen und zum Teil mit den Beschuldigten verwandt sind, zur Prostitution gezwungen und ausgenutzt zu haben. Unter Druck hätten sie die Frauen dazu gebracht, in die Schweiz mitzugehen. Hier sollen sie ständig überwacht worden sein. Den Grossteil des verdienten Geldes habe das Paar eingesteckt.
Die Beschuldigte sagte aus, sie sie früher selber als Prostituierte in Deutschland und der Schweiz tätig gewesen zu sein, «aus freien Stücken». Im Dorf hätten da alle gewusst, einige hätten selber in der Schweiz gearbeitet. Andere hätten sie gefragt, ob sie helfen könne.
Der Richter war am Montagnachmittag noch mitten in der Befragung der Beschuldigten, als sich ihr 39-jähriger Partner unwohl zu fühlen begann. Er hatte sich schon beklagt, kein Mittagessen bekommen zu haben. Auch, dass sie nicht rauchen durften, störte die beiden.
Das eigens vom Richter hergebrachte Sandwich schien nicht zu helfen. Der Zustand des Mannes war schliesslich so dramatisch, dass ihn eine Ambulanz ins Spital bringen musste - inklusive Dolmetscherin, Polizisten und Anwalt. Der Beschuldigte konnte sich also gar nicht zu den Vorwürfen äussern, die Verhandlung wurde auf unbestimmte Zeit verschoben.
Die beiden Beschuldigten sitzen seit 2022 in Haft. Die Staatsanwaltschaft fordert lange Freiheitsstrafen von je acht Jahren. (sda)