Wer noch nie in der Schweiz war, dürfte vor seinem Flug in das Land von Heidi, Roger Federer und Rolex voller Vorfreude an frische Bergluft denken. Doch beim Ankommen am Flughafen Zürich ist die alpine Luft schnell vergessen: Wenn nach der Ankunftszone die Schiebetüren aufgehen, wird man oft zuerst von Zigaretten-Rauchschwaden begrüsst – sei es beim Ausgang zu den Taxis, zum Shoppingcenter oder zum Bus- und Trambahnhof.
«Ich muss jedes Mal husten und bin schockiert, dass die Schweiz keine schärferen Rauchergesetze hat», sagt eine oft in die Schweiz reisende US-Amerikanerin. Tatsächlich beginnen die Raucherzonen in den genannten Bereichen oft unmittelbar neben den Ein- und Ausgängen der Terminals. Die auf dem Boden gezogenen Grenzen sind in der Luft wirkungslos. Und wie ein Augenschein vor Ort diese Woche zeigt, werden selbst die Verbotszonen nicht immer respektiert.
Tatsächlich hat der Flughafen vor einigen Wochen zwei Raucherräume in den Ankunftshallen in Betrieb genommen. Sprecherin Andrea Bärwalde lässt durchblicken, dass man damit auch auf die Bedürfnisse jener Fluggäste Rücksicht nehmen will, die sich durch die paffenden Passagiere gestört fühlen: «Idealerweise findet deshalb das Rauchen nicht unmittelbar bei Ein- und Ausgängen zu unseren Gebäuden statt.» Aktuell betreibt der Flughafen heute 16 Raucher-Lounges. Dabei handelt es sich gewöhnlich um belüftete Räume mit Glastüren, mitten in den Terminals, in denen der Zigarettenkonsum erlaubt ist.
Abgesehen von den beiden neuen Lounges sind alle Raucherräume von bekannten Tabakfirmen gesponsert. Sie dürfen die Lounges selbst gestalten. Ob die Kooperation bloss kostendeckend betrieben wird, oder ob der Flughafen mit den Werbedeals gar einen Gewinn erzielt, verrät Bärwalde nicht.
Bei einer kürzlich geschlossenen Camel-Lounge heisst es derweil: «Bitte nutzen Sie zum Rauchen den Aussenbereich, nach dem Starbucks rechts Richtung Taxi-Stand.» Weshalb wird nicht auf die beiden neuen Indoor-Lounges in den Ankunftshallen hingewiesen? «Wir haben uns aufgrund der Wegführung entschieden, an dieser Stelle auf den nächstmöglichen Raucherbereich hinzuweisen», sagt Bärwalde.
Laut einer Studie des US-Gesundheitsministeriums von 2017 waren damals 46 Prozent der weltgrössten Flughäfen rauchfrei. Im Report, der in der Aviatikbranche Beachtung fand, heisst es, dass der Rauch auch von speziellen Raucherzonen – im Aussenbereich und von Indoor-Lounges – in Nichtraucherzonen übergehen kann und dort die Gesundheit von Flughafen-Angestellten und Passagieren belastet. Ein risikofreies Einatmen von Tabakrauch, direkt oder indirekt, gebe es nicht. «Die angesprochene Studie ist uns nicht bekannt», sagt Bärwalde. «Unsere Raucher-Lounges sind belüftungstechnisch ausgezeichnet ausgestattet und abgeschlossene Räume.»
Für die Lungenliga ist die Situation am Flughafen Zürich derweil nicht zufriedenstellend. Der Verband setzt sich für die Anliegen von atembehinderten, lungen- und tuberkulosekranken Menschen ein. «Die Rauchzonen sollten klar weiter von den Eingängen weg positioniert werden, damit andere Fluggäste nicht unter dem Passivrauch leiden müssen», sagt Claudia Künzli, Bereichsleiterin Prävention bei der Organisation.
Künzli kritisiert zudem die prominente Platzierung der Rauchzonen. Diese würden suggerieren, dass Rauchen die Norm sei. Das Gegenteil sei der Fall: «76 Prozent der Schweizer Bevölkerung rauchen nicht.» Sie betont, dass es sich mehr als um «eine reine Geruchsbelästigung» handelt. «Passivrauch ist schädlich, da sich dieser aus praktisch identischen toxischen und krebserregenden Stoffen zusammensetzt wie der Tabakrauch.» Im Aussenbereich werde der Passivrauch mit frischer Luft vermischt. «Somit ist zwar die schädliche Schadstoffkonzentration weniger hoch, aber nach wie vor gesundheitsbelastend.»
Künzli zeigt sich offen dafür, dem Flughafen die Expertise der Lungenliga zur Verfügung zu stellen: «Wir sind gerne bereit, mit den Verantwortlichen gemeinsam nach besseren Lösungen zu suchen.» Fragt sich, ob der Flughafen dafür Bedarf sieht. Er hat in den letzten zwei Jahren laut Bärwalde bloss zwei Beschwerden erhalten.
Die Raucherdebatte endet nicht am Flughafen. Künzli verweist darauf, dass die Lungenliga in den vergangenen Jahren immer wieder mit den SBB Kontakt hatte, da sich regelmässig Bahnreisende über die Passivrauchbelastung an Bahnhöfen beklagen würden. «Diese Klagen haben nicht aufgehört, auch nachdem die SBB definierte Rauchzonen auf Perrons eingeführt haben.» Die Präventionsexpertin spricht von einer «halbherzigen Lösung». Denn die Rauchenden würden sich einerseits nicht an diese Rauchzonen halten, und andererseits mache der Passivrauch an diesen Grenzen keinen Halt.
«Dasselbe beobachten wir in Sportstadien», sagt Künzli. «Wir bitten Stadionbetreiber im Interesse ihrer leidenden Fans, die sich regelmässig bei uns melden, immer wieder darum, ihre Sportstadien zur rauchfreien Zone zu erklären. Leider bisher erfolglos.»
Auch sonst plädiert die nicht-gewinnorientierte Organisation für rauchfreie Zonen, wie zum Beispiel an Bus- und Tramhaltestellen oder auf Terrassen von Restaurants, die immer wieder Anlass zu Klagen geben würden. «Das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen wurde 2010 eingeführt und seither nie dem gesellschaftlichen Trend angepasst», sagt Künzli. «Wir hinken diesbezüglich unseren Nachbarländern hinterher.»
Der Verband öffentlicher Verkehr hatte 2018 die schweizweite Einführung von «rauchfreien Bahnhöfen mit Raucherbereichen auf den Perrons» beschlossen. Diese Massnahme sollte die Aufenthaltsqualität der Kundschaft durch mehr Sauberkeit und einen angenehmeren Geruch erhöhen.
Doch die zahlreichen Verbotszeichen – am Boden, an Säulen oder Wänden – sind für so manche Pendler offenbar bloss eine Empfehlung, an die man sich nicht zwingend halten muss. Davon zeugen die zahlreichen Zigarettenstummel, die um sie herum am Boden liegen. Und zuweilen steht in unmittelbarer Nähe trotz Verbotszeichen ein Aschenbecher.
SBB-Sprecherin Fabienne Wittwer widerspricht: «Grossmehrheitlich halten sich die Rauchenden an die Spielregeln.» Reisende, die die Rauchfrei-Regelung nicht befolgen, würden angesprochen und auf die signalisierten Raucherbereiche auf den Perrons oder bei den Zugängen hingewiesen, sagt Wittwer. Wer sich nicht daran halte, könne im Wiederholungsfall weggewiesen werden. Allerdings: «Zu den Anzahl Fällen führen wir keine Statistik.» Negative Rückmeldungen von Kunden erhalte man in einem überschaubaren Rahmen.
Hoffnung auf einen strikteren Nichtraucherschutz gibt es aus Sicht der Lungenliga dennoch. So hat der Kanton Genf zu Beginn dieses Jahres ein Rauchverbot teilweise an öffentlich zugänglichen Orten im Freien eingeführt, wie Bushaltestellen, Spielplätzen und Schulen. Bei Nichteinhaltung drohen Bussen bis zu 1000 Franken. «Dieses Beispiel wird hoffentlich bald schweizweit Schule machen», sagt Künzli. (aargauerzeitung.ch)
Vor 25 Jahren wurde noch im Flugzeug, geschweige denn im Zug und in Innenräumen geraucht. Am Bahnhof wurde auf die Gleise geschis*** und jetzt stört man sich, weil draussen zu nah an der Tür geraucht wird.
Lasst gut sein und die Raucher rauchen. Sie wurden ja schon verbannt.
Grüsse eines Nichtrauchers (seit 6 Monaten)