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Zürich

Wohnung plötzlich 955 Franken teurer – Mieterin gewinnt vor Gericht

Wohnung Zürich
Eine Wohnung im Zürcher Kreis 6.Symbolbild: keystone

Neue Eigentümerin, neuer Mietzins: Zürcher Mieterin wehrt sich gegen 955 Franken Erhöhung

Das Bundesgericht hat einer Mieterin recht gegeben, die sich gegen eine Mietzinserhöhung von 955 Franken gewehrt hat. Doch gewonnen hat sie nur wegen einem Fehler der neuen Besitzerin.
02.07.2024, 19:0202.07.2024, 21:30
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Eine Zürcher Mieterin kann aufatmen: Sie muss nicht 955 Franken mehr im Monat für ihre Wohnung bezahlen. Das Bundesgericht gab der Frau recht, die sich gegen das Vorhaben der neuen Hauseigentümerin gewehrt hatte. Doch von Anfang an.

Eine Privatinvestorin von der Goldküste kaufte für 9,16 Millionen Franken ein älteres Haus mit acht Dreizimmerwohnungen und zwei Mansardenwohnungen im Zürcher Kreis 6, wie der «Beobachter» schreibt. Den hohen Kaufpreis wollte die Eigentümerin ausgleichen und schickte deshalb im Jahr 2021 – 18 Monate nach dem Deal – allen Mietparteien eine Mietzinserhöhung von 45 Franken. Nur einen Monat danach landete bei allen Mietenden ein weisser Zettel im Briefkasten: Eine Kündigung wegen «Nichterreichung der gesetzlich zulässigen Nettorendite».

Das liessen sich die Mietparteien nicht gefallen. Sieben von ihnen wehrten sich vor der Schlichtungsstelle, die jedoch keine Einigung einbrachte. Eine der Mieterinnen reichte schliesslich eine Klage vor dem Mietgericht ein. Ohne den Ausgang des Verfahrens abzuwarten, verschickte die Eigentümerin aber allen Parteien eine Mietzinserhöhung von rund einem Drittel des Mietzinses. Im Falle der Klägerin wurde ihre Wohnung plötzlich 955 Franken teurer, von 1839 Franken auf 2794 Franken. Für die anderen Mietenden war das Risiko zu gross: Sie gaben nach und zogen aus ihren Wohnungen aus. Doch eine blieb hartnäckig.

Gewonnen dank Fehler der Eigentümerin

Nach einem dreijährigen Rechtsstreit zahlt sich ihr Durchhaltewillen nun aus. Das Bundesgericht lehnt die Mietzinserhöhung letztinstanzlich und vollumfänglich ab, wie der «Beobachter» schreibt. Das hat aber nicht mit der Höhe der Mietzinsanpassung zu tun, sondern mit einem juristischen Fehler der Eigentümerin.

Diese hätte bei der ersten Mietzinserhöhung von 45 Franken einen sogenannten Vorbehalt anbringen sollen, der notwendig ist, wenn die Miete aus «Ertragsgründen» weiter steigen soll. Denn ohne diesen Vorbehalt sei bei der Mieterschaft der Eindruck erweckt worden, dass die neue Eigentümerin einen genug hohen Ertrag erziele, begründete es das Gericht. Nur einen Monat später mit der Begründung einer Ertragsoptimierung eine Kündigung zu verschicken, verstosse gegen Treu und Glauben.

Gegenüber dem «Beobachter» zeigte sich die Mieterin, die im Recht liegt, erleichtert: «Das Risiko war für mich, dass ich von einem Moment auf den anderen die Wohnung verlassen müsste, wenn ich verliere. Im schlimmsten Fall hätte ich dann 25’000 Franken Miete nachzahlen müssen.» Für die nächsten drei Jahren ist sie nun vor einer Kündigung geschützt. Ein Wermutstropfen bleibe aber: Ihre Wohnung sei die Einzige, die noch bezahlbar sei. Alle anderen Wohnungen des Hauses wurden um ein Drittel teurer.

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119 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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prophet
02.07.2024 19:30registriert Dezember 2019
Nehmt endlich die Vermieter in die Pflicht & reguliert diesen Wildwuchs, da wird einem ja übel beim Lesen. In ZH herrscht Wohnungsnot und solche Eigentümer können tun & lassen was sie wollen. Dass das Gericht nicht wegen des Betrags sondern wegen des formellen Fehlers eingelenkt hat ist ja wohl der Gipfel.
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Turboprop
02.07.2024 19:34registriert Mai 2023
Willkommen im Land der Juristen. "Fehlende Nettorendidte" und Streit wegen massloser Erhöhung nur dank "Formfehler". Einfach nur traurig!!
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Schlüsselblüemli
02.07.2024 19:57registriert April 2020
Es ist zum heulen. Alles was bezahlbar ist (alt), wird abgerissen. Und die neuen Wohnungen an gleicher Stelle mit minderer Qualität kosten das doppelt- oder dreifache! Und ja, auch auf dem Land in Hinterpfufigen.

Wo genau sollen wir in Zukunft leben? Hört endlich auf FDP und SVP zu wählen!
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