Eine Unaufmerksamkeit, ein Stolpern und schon ist das Malheur perfekt. An und für sich einfach peinlich, aber halb so wild. Es sei denn, es geschieht ausgerechnet an einem Ort, an dem sich ausschliesslich teure, seltene oder uralte Gegenstände befinden.
Denn dann sieht man ganz schnell ganz dumm aus. Wir haben eine nicht abschliessende Auswahl der dümmsten und teuersten Missgeschicke getroffen, wobei Zerstörungen im Zuge von Kampf und Krieg ausgeklammert wurden.
Einen Albtraum in Slapstick-Manier durchlebte ein 12-jähriger Junge während seinem Besuch in einem Museum 2015 in Taipeh. Eigentlich braucht das Video keine weitere Einführung.
Der Junge verliert auf seinem Weg am Gemälde vorbei das Gleichgewicht und verhindert seinen Fall reaktionsschnell. Und teuer. Denn das Objekt, an dem er sich abstützt, ist ein 350 Jahre altes Ölgemälde des italienischen Barock-Malers Paolo Porpora – Wert: 1,5 Mio. US-Dollar.
Der Junge kam mit einem blauen Auge davon. Das Museum sah davon ab, ihm (respektive seiner Familie) die Restaurationskosten anzurechnen, da es sich offensichtlich um ein Missgeschick handelte und das Gemälde (wie es in einem Museum üblich ist) gut versichert war.
Neben Kunstwerken sind natürlich auch Artefakte von grossem Wert, denen nachgewiesen werden kann, einst Teil eines bedeutenden Lebens gewesen zu sein. Dies musste ein korsischer Museumswärter auf die harte Tour lernen, als er sich aus Neugierde nonchalant auf einen ledrigen Stuhl setzte.
Der Stuhl gehörte dummerweise einst Napoleon Bonaparte, was seinen Wert natürlich erheblich steigert. Er ist Teil eines Sets von Artefakten, die zu Napoleons letztem Kriegszelt-Inventar gehörten.
Der Stuhl wurde restauriert, sodass er gemäss Aussage des Kurators in einem besseren Zustand als je zuvor sei. Der Wärter musste sich einer Anhörung im Rahmen eines Disziplinarverfahrens unterziehen.
Als ein 20-Jähriger und sein 13-jähriger Bekannte in der Natur zum Paintball-Fight ansetzten, ahnten sie womöglich nicht, welchen Schaden sie anrichten. Das alles geschah in der Lake Mead National Recreation Area, die sich über den südlichen Rand Nevadas bis in den nördlichen Teil Arizonas erstreckt. Ein Gebiet, in dem es viele Höhlenmalereien auf Stein gibt, die von amerikanischen Ureinwohnern stammen.
Die Geschichte ist schnell erzählt, wenn man die Komponenten Paintball und Höhlenmalerei addiert. Was dazu kommt: Die Malereien sind für die Ureinwohner der Religion quasi Heiligtümer.
Der 20-Jährige wurde verhört, wobei er zu Protokoll gab, dass er dachte, es handle sich bei den Paintballs um biologisch abbaubare Farbe (z.B. durch Regen), was natürlich nicht der Fall war.
Über das Urteil ist nichts Verlässliches in Erfahrung zu bringen. Die Strafen für ein solches Vergehen sind jedoch tendenziell hoch und gehen bis zu Geldstrafen von 100'000 US-Dollar oder einem Jahr Gefängnis, die zu der Kostendeckung der Aufräumaktion hinzukommen.
Nick Flynn hat dieses Erste Gebot beim Besuch des Fitzwilliam Museums 2006 in Cambridge missachtet und sich so das unehrenhafte Privileg errungen, in dieser Liste aufgeführt zu werden.
Flynn stolperte auf der Treppe über seine eigenen Schnürsenkel, räumte die erste Vase ab, welche mittels Domino-Effekt zwei weitere Exemplare mit sich riss.
Er verliess das Museum und wurde erst nach Aufruf der britischen Medien identifiziert. Über den Wert der Vasen kursieren widersprüchliche Angaben zwischen 175'000£ und 500'000£ Gesamtwert. Die Museumsleitung legte es dem Besucher höflich nahe, das Museum in nächster Zeit nicht mehr zu besuchen. Flynn betitelt sein Malheur als «eines dieser unglücklichen Ereignisse, die nun mal passieren».
Wer sich für den sehr aufwändigen Restaurationsprozess interessiert, das Museum hat hier alles detailliert dokumentiert.
Bis jetzt betrafen die Missgeschicke allesamt kulturelle Güter, die mehrheitlich nicht wirklich tief in unserem Kulturbewusstsein verankert sind. Doch es gibt auch wahre Kultur-Rockstars, die von menschlicher Idiotie tangiert wurden.
Bei Arbeiten an der Lichtinstallation im Ägyptischen Museum in Kairo, musste der kecke Bart des Pharaos 2014 dran glauben. Alles wegen einem etwas unvorsichtigen Arbeiter natürlich. Doch das war noch nicht die eigentliche Dummheit (man stelle sich das mal vor).
Der Bart wurde nämlich unprofessionell wieder angeklebt, um das Unglück zu vertuschen. Dazu wurde «Epoxy» verwendet, ein Klebstoff, der kaum lösbar ist und nur als Notlösung benutzt wird.
Ein deutsches Expertenteam nahm sich der aufwändigen Restauration an und reüssierte. Acht Mitarbeiter, die am ursprünglichen Missgeschick beteiligt waren, mussten sich in einem Prozess verantworten.
Der Kunst der klassischen Moderne haftet zuweilen der Ruf an, einfach ir-gend-et-was zu sein. Kunstwerke, die (insbesondere den Laien) zu Aussagen verleiten wie:
Deshalb ist es eigentlich niemandem, der sich nicht ausgiebig mit Kunst beschäftigt, übel zu nehmen, wenn die Kunst dieser Art nicht ausreichend gewürdigt wird. Oder das Kunstwerk aus gutem Willen zerstört. So zum Beispiel ...
Das «Problem» war dabei – klischeehafter geht es kaum – die Putzfrau. Sie entdeckte 2011 im Trog unter der Installation vermeintliche Kalkablagerungen. Kalkablagerungen, die Kunstkenner auch gerne Patina nennen und in diesem Werk (anscheinend) erheblichen Anteil am Wortteil ‹Kunst› in der Bezeichnung ‹Kunstwerk› hatten.
Das Werk war daraufhin irreparabel beschädigt. Nicht ohne, wenn man bedenkt, dass es (mit Patina, wohlgemerkt) einen Wert von 800'000€ hatte. Immerhin: Kippenberger galt als Bad Boy der Kunstszene, der sich gerne über ebendiese Szene mokierte und unter anderem einmal in einem Interview diesen Satz zum Besten gab:
Wer weiss, vielleicht hätte der 1997 verstorbene Künstler ja auch seine Freude daran gehabt.
Noch dramatischer lief eine Geschichte ab, die sich im April 2000 beim renommierten Auktionshaus Sotheby's in London zutrug. Denn dort sollte eine «visuelle Blumenstudie» des britischen Malers Lucian Freud versteigert werden. Geschätzter Versteigerungswert: 100'000£.
Was dort geschah ist derart unbegreiflich, dass es in jeder Kinokomödie bestenfalls für Augenrollen beim Publikum gereicht hätte.
Die Logistiker, die für die Entgegennahme und Aufbereitung von Lieferungen zuständig waren, hielten das Paket – das mutmasslich nicht an der üblichen Stelle für Anlieferungen stand – für leer. Und wie es sich für Abfall gehört, wurde das Paket samt Gemälde in den Müll-Schredder bugsiert.
William Shakespeare ist ein wenig der Inbegriff der westlichen Kultiviertheit. Deshalb ist alles, was irgendwie mit ihm in Verbindung steht eigentlich automatisch von grossem Wert. Schade darum, dass das Haus, in dem er mit seiner Familie bis zu seinem Tod wohnte, nicht mehr existiert. Aber warum?
Nach seinem Tod wohnte seine Tochter, nach deren Tod seine Enkelin im Haus. Danach, das war 1702, wohnte ein gewisser John Clopton darin. Dieser echauffierte sich zusehends über die Besucherströme zu seinem Haus, die er Shakespeare und vor allem einem Baum in seinem Garten, der angeblich von Shakespeare eigenhändig gepflanzt worden war, zu verdanken hatte.
Clopton fällte den Baum 1756. Das Haus wurde daraufhin wiederholt mit Steinen beschmissen und das Gesuch, zum Schutz seines Hauses den Garten zu vergrössern, abgelehnt. Plus: Seine Steuern wurden erhöht. Frustriert riss er das Haus dann 1759 ganz ab und verliess das malerische Stratford upon Avon.
Kaum abschätzbar, was dieses Haus (oder zumindest der Baum) für einen kulturellen Wert hätte, wäre Clopton nicht gemobbt worden ...
Jap, auch Promis sind vor solchen Missgeschicken nicht gefeit. So zum Beispiel Schauspieler Kurt Russell bei den Dreharbeiten zu Quentin Tarantinos «The Hateful Eight». Und das, obwohl ihn eigentlich kaum Schuld trifft.
... unwissentlich eine 145 Jahre alte Martin-Gitarre zerstört, die dummerweise auch noch die letzte ihrer Art war. Zum Wert der Gitarre wollte Dick Boak, Direktor des Martin Guitar Museum, das der Crew die Gitarre auslieh, keine Angaben machen, sie sei schlicht unersetzlich. Die Reaktion von Russells Schauspielkollegin Jennifer Jason Leigh in dieser Szene ist «out of character», also echt.
Was passiert ist, ist Folgendes: Tarantino wollte möglichst viel Authentizität, weshalb diese Gitarre ausgeliehen wurde. Für den Teil mit der Zertrümmerung wurden sechs Repliken angefertigt. Leider wurde Kurt Russell nicht informiert (ein klassischer «Upps, vergessen»), dass es noch einen Schnitt gibt und das Original gegen eine Replik ausgetauscht wird, bevor er die Gitarre gegen den Pfahl schlägt.
Das Museum liess nach diesem Vorfall verlauten, dass es unter keinen Umständen mehr eine Gitarre an ein Filmset ausleiht.
Nebenbei, gewisse Museen sind einfach selber Schuld, wer etwas von Wert besitzt schützt es auch dementsprechend (bsp. Vasen bei einer Treppe, dafuq???).