Sport
Analyse

Analyse: Warum Murat Yakin trotz Bedenken eine Chance verdient hat

ARCHIVBILD ZUR MELDUNG VON NAU.CH, DASS MURAT YAKIN NEUER COACH DER NATIONALMANNSCHAFT WIRD --- L'entraineur du FC Sion Murat Yakin reagit lors de la rencontre de football de Super League entre l ...
Murat Yakin übernimmt die Nachfolge von Vladimir Petkovic.Bild: keystone
Analyse

Yakin als Nati-Trainer – warum er sich die Chance trotz vieler Bedenken verdient hat

Die Suche nach dem neuen Fussball Nationaltrainer ist beendet. Murat Yakin wird die Nachfolge von Vladimir Petkovic antreten. Es ist eine spannende und gute Wahl – eine Analyse.
09.08.2021, 10:2409.08.2021, 11:56
Etienne Wuillemin / ch media
Mehr «Sport»

Die Nachfolge des zu Girondins Bordeaux gewechselten Vladimir Petkovic als Trainer der Schweizer Nati ist nun auch offiziell geregelt: Murat Yakin unterzeichnete heute Morgen einen Vertrag bis zum Ende der WM-Qualifikation 2022 – mit Option auf eine Verlängerung

Was ist davon zu halten? Zunächst einmal: Die Herausforderungen als Nati-Trainer in den nächsten acht Monaten sind riesig. Das grosse Ziel ist die WM 2022 in Katar. Sechs Qualifikationsspiele stehen im September, Oktober und November an. Nur der Gruppensieger ist direkt qualifiziert. Der Favorit heisst Italien, die Schweiz ist der Herausforderer. Beide Teams sind bis anhin verlustpunktlos. Am 5. September kommt es in Basel zum ersten Duell.

Ist Murat Yakin die richtige Wahl für den Nati-Trainer-Posten?

Das ist die Ausgangslage für den neuen Nationaltrainer. Sie ist gewiss nicht ohne Risiko. Weil kaum Zeit bleibt für Veränderungen. Weil es Schlag auf Schlag geht in diesem Herbst. Und weil es eben sehr gut möglich ist, dass die Schweiz im März 2022 die Barrage bestreiten muss. Zwei Siege in Halb­final und Final (ohne Rückspiele) bräuchte es dann, um sich für die WM zu qualifizieren.

epa09288931 Switzerland's midfielder Xherdan Shaqiri (L) celebrates the second goal with Switzerland's midfielder Granit Xhaka during the UEFA EURO 2020 group A preliminary round soccer matc ...
Die grosse Frage: Kann Yakin mit Shaqiri und Xhaka?Bild: keystone

Nun ist Murat Yakin ein Trainer, der mit einem gesunden Selbstvertrauen gesegnet ist. Er knickt auch vor grossen Hürden nicht ein, sondern er wächst an den Herausforderungen. Er ist dann am besten, wenn die Aufgabe am schwierigsten ist. Das hat er in seiner Trainerlaufbahn immer wieder bewiesen. Ob in Thun, Luzern oder Basel.

Immer wieder staunte die Schweiz. Den FCB führte er in den Halbfinal der Europa League. In der Champions League besiegte er Chelsea gleich zweimal. In diesen Momenten wurde offensichtlich, dass Yakin ein Spezialist für grosse Spiele ist. Ein Trainer auch, der im taktischen Bereich keine Vergleiche scheuen muss. Einer, der die Gabe hat, ein Spiel zu lesen und zu prägen.

Immer wieder Reibungen

Dass Yakin darum als Nationaltrainer prädestiniert sein könnte, wurde schnell offensichtlich. 2016, er hatte gerade sein Abenteuer in Russland bei Spartak Moskau hinter sich, sagte Yakin in einem Interview mit der «Schweiz am Sonntag»: «Der Nati-Job würde mich reizen.» Doch dann folgten Jahre, in denen seine Trainerkarriere nicht mehr reibungslos verlief.

Gerade bei GC und Sion ging es ziemlich schnell mehr um Machtkämpfe als um den Fussball. Und Yakin offenbarte seine sensible Seite. Er ist ein Trainer, der viel Rückendeckung und Wertschätzung aus dem Umfeld des Klubs braucht. Vielleicht sogar Bewunderung. Womit wir bei den entscheidenden Fragen wären: Wie sehr kann sich Yakin als Nationaltrainer entfalten? Wie gut funktioniert die Zusammenarbeit mit Nati-Direktor Pierluigi Tami? Und natürlich: Findet er den Draht zu den wichtigsten Spielern dieser Nati?

Murat Yakin vom FC Schaffhausen & GC wird zum besten Coach gewaehlt an der 5. SFL Award Night am Montag, 29. Januar 2018, im KKL in Luzern. (KEYSTONE/Urs Flueeler)
2018 wird Yakin zum Schweizer Trainer des Jahres gewählt.Bild: KEYSTONE

Immer wieder tauchen Vorbehalte auf gegenüber Yakin. Manch einer nennt ihn stur oder eigenwillig. Oder, um es etwas positiver zu formulieren: konsequent. Zum Ende seiner FCB-Zeit gab es immer wieder Reibungen mit Führungsspielern. Wenn Yakin etwas für richtig hielt, zog er es durch und nahm keine Rücksicht auf Namen. Er konnte als FCL-Trainer seinen Bruder Hakan regelmässig auswechseln. Er konnte in Basel Alex Frei plötzlich auf den linken Flügel stellen. Und trotzdem darf man eines nicht vergessen: Yakin hat ein gutes Gespür für Menschen. Es ist eine Qualität, die einem Nationalcoach nur helfen kann.

Yakin ist die schnelle Lösung

Vermutlich ist Yakin in vielen Punkten gar nicht so unähnlich wie sein Vorgänger Vladimir Petkovic. Die Entscheidungsträger im Schweizer Fussballverband sind allesamt überzeugt von Yakin. Allen voran Pierluigi Tami. Er ist es, der Yakin im Alltag führen wird. Auch Tami hat ein feines Gespür für Grautöne. In der Zusammenarbeit mit Petkovic – sie war nicht immer einfach – überzeugte Tami. Gut möglich also, dass er auch mit Yakin harmonieren wird.

Pierluigi Tami, Direktor der Schweizer Nationalteams, spricht an einer Pressekonferenz nach ihrer Niederlage im Viertelfinal der Fussball Europameisterschaft 2020, aufgenommen am Samstag, 3. Juli 2021 ...
Nati-Direktor Pierluigi Tami: Auch mit ihm muss die Zusammenarbeit klappen.Bild: keystone

Mit der Vertragsunterzeichnung endet eine Nationaltrainer-­Suche, die herausfordernd war. Der Zeitpunkt des Abgangs von Petkovic zu Bordeaux war alles andere als ideal. Der Verband war unter Zugzwang, es musste eine schnelle Lösung her. Trainer wie Lucien Favre oder Urs Fischer standen nicht zur Verfügung. Der langjährige Arsenal-Trainer Arsène Wenger wollte nicht. Am Ende setzte sich Yakin gegen René Weiler und Bernard Challandes durch.

Gestern Sonntag coachte der bald 47-jährige Yakin noch ein letztes Mal den FC Schaffhausen. Er verabschiedet sich mit einem 1:1 gegen Winterthur aus der Challenge League. In Erwartung der Chance seines Lebens. Er hat sie sich verdient.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die Nati-Trainer der Schweiz seit 1989
1 / 16
Die Nati-Trainer der Schweiz seit 1981
24. März 1981 bis 13. November 1985: Paul Wolfisberg
Nationalität: Schweiz
51 Spiele/Punkteschnitt: 1,39
quelle: keystone / karl mathis
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Keine Fussball-Fans im Büro, bitte!
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
45 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Glenn Quagmire
09.08.2021 08:07registriert Juli 2015
Muri macht das schon. Bedenklich sind eher die vielen grenzwertigen Kommentare zu seinem Charakter oder seiner Familie. Schlimm, wie viele User Online-Eier haben. Wenn ihr ihn so schlimm findet sagt es ihm doch ins Gesicht.
4014
Melden
Zum Kommentar
avatar
Vinyl only
09.08.2021 10:25registriert August 2019
ganz ehrlich, verstehe die negativität nicht ganz. der mann hat noch nicht einmal unterschrieben und manche haten ab, als hätten wir das wm ticket verpasst. aber scheinbar haben wir keine anderen problem. das ist schön.
207
Melden
Zum Kommentar
45
Kleiner Surfer, riesige Welle – ein neuer Weltrekord winkt

Der deutsche Surfer Sebastian Steudtner hat wohl seinen eigenen Weltrekord verbessert. Im portugiesischen Nazaré, bekannt für seine riesigen Wellen, bezwang Steudtner eine 28,57 Meter hohe Welle.

Zur Story