Aufgrund ihrer besseren Klassierung starteten der SC Bern und der EV Zug eigentlich als Favorit und mit Heimvorteil in ihre jeweiligen Playoff-Serien gegen Fribourg-Gottéron und den SC Bern. Doch nach zwei Niederlagen ist der Heimvorteil weg und beide Teams stehen schon stark unter Druck. Wir analysieren, wo ihre jeweiligen Probleme liegen.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die Zuger Probleme beginnen und enden mit den grossen Absenzen. Die Mannschaft von Dan Tangnes startete im Spiel 2 in Davos ohne die Stammverteidiger Dominik Schlumpf, Lukas Bengtsson und Tobias Geisser sowie ohne die Stammstürmer Jan Kovar, Mike Künzle und Fabrice Herzog. Im Laufe des gestrigen Spiels verletzte sich zudem auch noch Verteidiger Niklas Hansson. Gemäss CH-Media-Informationen droht dem schwedischen Verteidiger das vorzeitige Saisonende.
Schlumpf und Künzle haben zuletzt wieder mit der Mannschaft trainiert und es gibt Hoffnung, dass sie morgen Dienstag wieder spielen können. Während Bengtsson wohl weiterhin ausfällt, gibt es um Kovar kaum Informationen. Der EVZ hat nie kommuniziert, was mit dem tschechischen Captain genau los ist. So ist auch schwierig einzuschätzen, ob der Center in dieser Serie noch auf dem Eis stehen wird. Nun hat Zug zwar ein breiteres Kader als viele andere National-League-Teams. Doch so viele Ausfälle sind auch für die Zentralschweizer kaum zu kompensieren – insbesondere in der Verteidigung. Eine Rückkehr von Schlumpf und Künzle würde zumindest etwas Linderung bringen.
In unserer Viertelfinal-Vorschau analysierten wir das Forechecking als mögliche Stärke von Zug und mögliche Schwäche von Davos. Die Zuger waren in der Regular Season das beste Forecheck-Team der Liga, während Davos in der eigenen Zone mit aufsässigen Teams Mühe hatte. Doch in den ersten beiden Viertelfinal-Spielen liess der HCD kaum gute Zuger Chancen nach Forecheck zu. Und selbst waren die Bündner in Spiel 2 brandgefährlich in ihrem Forecheck und erzielten so auch zwei Tore.
Woher kommt diese unerwartete Entwicklung? Einerseits sind hier sicher auch die Zuger Absenzen spürbar. Mit Kovar, Künzle und Herzog fehlen dem EVZ drei starke Forechecker im Sturm. Und in der Verteidigung könnten spielstarke und erfahrene Verteidiger wie Bengtsson oder Geisser sicher besser mit dem gegnerischen Druck umgehen, als das jetzt bei Elia Riva, Livio Stadler oder Ludvig Johnson der Fall ist.
Wenn man die Spiele beobachtet hat, ist aufgefallen: Davos ist sich nicht zu schade, den Puck einfach mal aus der eigenen Zone zu spedieren. So verliert man zwar öfter die Scheibe in der Mittelzone, verhindert aber gefährliche Situationen, in denen sich die Zuger den Puck rund um das Tor von Sandro Aeschlimann erobern. Zug sucht dagegen in der eigenen Zone oft eine spielerische Lösung, um den Puck über die Linie zu bringen, und lief zumindest gestern Davos so ins offene Messer.
Unser watson-Eismeister Klaus Zaugg stellte vor dem ersten Spiel zwischen Zug und Davos die grosse Playoff-Frage: Ist Leonardo Genoni noch «beschlussfähig»? Also kann der Zuger Schlussmann noch im Alleingang ein Playoff-Spiel für seine Vorderleute gewinnen. In den ersten beiden Spielen lautete die Antwort: nein.
Wobei, das ist etwas unfair: Im ersten Spiel hielt Genoni den EVZ lange im Spiel. Dem Davoser Siegtreffer ging ein katastrophaler Fehlpass von Livio Stadler voraus, worauf HCD-Künstler Filip Zadina alleine vor dem machtlosen Genoni auftauchte. Gestern in Davos zog der siebenfache Schweizer Meister einen schwarzen Abend ein. Genoni kassierte zwei haltbare Treffer und wurde nach fünf Gegentoren in der 47. Minute durch Tim Wolf ersetzt. Und trotzdem liegt der Grund für die Niederlage nicht alleine beim Torhüter, wenn dessen Vorderleute selbst nur einen Treffer erzielen.
Trotzdem: Genoni verliert das Torhüter-Duell gegen den Davoser Schlussmann Sandro Aeschlimann bislang deutlich. Wenn die Zuger in dieser Serie noch die Wende herbeiführen wollen, muss ihr Goalie den Spiess umdrehen.
Lino Martschini war in der Regular Season der beste Schweizer Skorer. Und kein Zuger schoss mehr Tore als Grégory Hofmann. Doch in den beiden Playoff-Partien blieben beide Schweizer Nationalstürmer noch ohne Wirkung. Beide werden von Davos mit grosser Wirkung aus dem Spiel genommen.
Martschini und Hofmann können ihr Tempo und ihre Schussgewalt bislang kaum ausspielen. Sie werden von der Davoser Verteidigung stets beschattet und wenn sie Mal zum Abschluss kommen, ist es meist aus eher ungefährlichen Positionen und mit guter Sicht für Goalie Aeschlimann.
Und am Ende hat es manchmal auch noch mit Glück und Pech zu tun. «Haste Scheisse am Fuss, haste Scheisse am Fuss», soll der deutsche Fussballer Andi Brehme mal gesagt haben. Im Moment hat insbesondere Lino Martschini «Scheisse am Stock». Gegen Ende des gestrigen Spiels in Davos kam der Flügelstürmer doch noch zweimal aus bester Position zum Abschluss und traf dann das Tor nicht.
In unserer Vorschau für die Serie zwischen Bern und Fribourg schrieben wir: «Mit Scheibenbesitz in der offensiven Zone hat man gegen Bern am wenigsten Erfolg. Rush-Angriffe und Forecheck sind das richtige Rezept.» In den ersten beiden Spielen traf das allerdings noch überhaupt nicht zu.
Fribourg war in beiden Spielen offensiv sehr gefährlich – insbesondere auch nach anhaltendem Scheibenbesitz in der Berner Zone. Woran liegt das? Scheint fast so, als würde beim SCB etwas Übermotivation vorherrschen. Die Berner gehen in der eigenen Zone oft sehr aggressiv in die Zweikämpfe. Das passt natürlich grundsätzlich zum Spielstil in den Playoffs, bringt aber ein grundsätzliches Problem mit sich. Wenn du den Zweikampf dann verlierst, steht ein Spieler schon im Schilf, während der Gegner immer noch die Scheibe hat. Ein Beispiel, das in Spiel 1 zum ersten Tor für Gottéron führte.
Ähnliche Situationen gab es in den ersten beiden Spielen immer wieder. Die Berner verloren in der eigenen Zone wichtige Zweikämpfe und waren dann nicht mehr in der richtigen Position, um die spielstarken Freiburger aufzuhalten. Es ist natürlich ein Tanz auf der Rasierklinge. Gerade in den Playoffs braucht es eine gewisse Aggressivität, wenn man zu passiv verteidigt, läuft man dem Gegner ebenfalls ins offene Messer. Doch übermotiviert in die Zweikämpfe zu steigen, bringt oft auch Probleme mit sich – siehe nächster Punkt.
So deutlich wie es das Resultat von 3:0 erscheinen lässt, war das gestrige Spiel eigentlich nicht. Vor allem im Schlussdrittel drückte der SCB mächtig aufs Gaspedal und sorgte für viel Torgefahr. Und doch bremsten sich die Berner auch immer wieder selber aus. Sieben kleine Strafen nahm das Team von Jussi Tappola alleine in diesem Schlussdrittel (wobei eine sieben Sekunden vor dem Ende kaum mehr Auswirkungen hatte).
Zwar schoss Fribourg in mehr als acht Minuten Powerplay-Zeit im zweiten Spiel kein einziges Tor. Doch mit den Strafen nahm sich der SCB immer wieder selbst den Wind aus den Segeln. Gemeinsam mit Davos erhielt Bern in den Playoffs bislang die meisten Zweiminutenstrafen. Das muss aufhören.
Wer kein Tor schiesst, kann schlecht dem Torhüter die Schuld an einer Niederlage geben. So traf Adam Reideborn gestern eigentlich keine Schuld an der Niederlage, auch wenn er beim Penalty zum 0:3 äusserst unglücklich aussah und das Duell gegen Reto Berra ziemlich klar verlor.
Doch es ist nun mal so, dass den Torhütern in einer Playoff-Serie eine grosse Rolle zukommt. Einige heisse Tage und Wochen können reichen, um weit zu kommen, auch wenn die Saison vielleicht nicht überragend war. Bei Gottéron scheint es Berra zu gelingen, tatsächlich rechtzeitig für die Playoffs heisszulaufen. Beim SCB konnte Philip Wüthrich wenig überzeugen und Reideborn war gestern seinen Vordermännern ausgeliefert.
Wer weiss besser, wie man gegen den SC Bern gewinnt, als dessen Meistertrainer von 2016? Offenbar niemand. In seiner Trainer-Karriere in der National League hat Lars Leuenberger gegen die Mutzen eine hervorragende Bilanz. In dieser Saison übernahm der 49-Jährige Gottéron am 22. Dezember von Patrick Émond. Seither spielte Fribourg drei Mal gegen den SCB, Leuenberger entschied alle drei Duelle für sich.
In der Saison 2020/21, als der Trainer beim EHC Biel den krebskranken Antti Törmänen ersetzte, gewannen die Seeländer drei von fünf Partien gegen die Hauptstädter. Leuenbergers persönliche Bilanz gegen seinen früheren Arbeitgeber lautet also sechs Siege aus acht Spielen – das kann sich sehen lassen. Der Ostschweizer hat Fribourg zudem am Spengler Cup zum ersten Titel der Klubgeschichte geführt und könnte mit den Drachen sein Märchen, als er 2016 mit dem SCB als Interimstrainer Meister wurde, wiederholen. Vielleicht ist gegen diese Art von Sport-Magie einfach kein Kraut gewachsen.
Aber ich sehe diesen Part etwas anders "So deutlich wie es das Resultat von 3:0 erscheinen lässt, war das gestrige Spiel eigentlich nicht. Vor allem im Schlussdrittel drückte der SCB mächtig aufs Gaspedal und sorgte für viel Torgefahr"
Im Stadion, sah das gestern niemals danach aus, als würde Bern das Ruder nochmals herumreissen. Da fehlte einfach zu viel. Und man darf auch die paar Hochkaräter von Sprunger, Lilja, etc. nicht vergessen. Das Resultat hätte auch noch höher ausfallen können. Hätte hätte Fahrradkette, weiter gehts!