Die NHL pausiert gerade. Während am Wochenende in Toronto das legendäre All-Star-Game auf dem Programm steht, dürften viele Spieler der New Jersey Devils den kurzen Unterbruch für Ferien nutzen, um den Kopf zu lüften.
Denn die bisherige Saison verläuft für das schweizerischste aller NHL-Teams überhaupt nicht nach Wunsch. Nach etwas mehr als der Hälfte der Regular Season liegt New Jersey auf dem drittletzten Platz der Metropolitan Division und insgesamt sechs Punkte hinter den Playoffs. Zwar haben die Devils auch noch drei Spiele weniger als Detroit, das auf ebendiesem Playoff-Platz liegt. Aber wenn Nico Hischier, Timo Meier, Jonas Siegenthaler und Co. diese Lücke schliessen wollen, muss nach der All-Star-Pause dringend eine Steigerung her. Das sind die fünf grossen Baustellen der Mannschaft.
Die New Jersey Devils waren vor einem Jahr auch so gut, weil sie endlich wieder einmal solide Leistungen ihrer Torhüter erhielten. Vitek Vanecek kam von den Washington Capitals und wusste meistens zu überzeugen. Und wann immer der Tscheche eine kurze Schwächephase einzog, war der junge Schweizer Goalie Akira Schmid da und zeigte gar noch bessere Leistungen – auch in der 1. Runde gegen die New York Rangers.
Dieses Jahr ist alles wieder anders. Vanecek ist ein Unsicherheitsfaktor geworden. Die Fangquote des Tschechen ist von 91,1 Prozent auf 88,6 Prozent gesunken. Während er in der Vorsaison noch rund fünf Tore mehr verhinderte, als anhand der zugelassenen Chancen zu erwarten gewesen wäre, kassierte Vanecek nun in 29 Spielen bereits zwölf Gegentreffer zu viel.
Auch für Schmid verlief die bisherige Saison nicht nach Wunsch. Wie bei Vanecek fiel seine Fangquote auf unter 90 Prozent. Und statt noch wie letzte Saison die Devils vor mehr als acht zusätzlichen Gegentoren zu bewahren, kassierte der 23-jährige Emmentaler in 15 Spielen bereits fast vier Treffer zu viel. Danach wurde er in die AHL geschickt, um seine Form wiederzufinden. Doch auch das wollte mit 3,39 Gegentoren pro Spiel und einer Fangquote von bislang 89,1 Prozent nicht recht gelingen.
So hat auch Nico Daws – nominell die Nummer 3 in der Organisation – wieder eine Chance erhalten. Nach einem ordentlichen Start Anfang Januar musste der 23-jährige Kanadier sich zuletzt aber auch regelmässiger bezwingen lassen. Man braucht keinen überragenden Goalie, um in der NHL die Playoffs zu erreichen. Aber mindestens Ligadurchschnitt wäre gefordert und das ist in New Jersey derzeit nicht der Fall.
New Jersey blieb von der Verletzungshexe nicht verschont. Insbesondere die wichtigen Spieler der Mannschaft werden immer wieder von Blessuren heimgesucht. Nico Hischier verpasste im Herbst elf Spiele. Timo Meier und Jack Hughes fielen beide schon zweimal aus. Wobei Letzterer auch im Moment immer noch verletzt fehlt und deshalb auch das All-Star-Game verpassen wird.
Bei den Defensivspielern sieht es nicht viel besser aus. Dougie Hamilton, der wichtigste Verteidiger der Mannschaft, fehlt seit Anfang Dezember wegen einer Verletzung der Brustmuskulatur, er wird bis zum Ende der Regular Season nicht zurückkehren. Und Anfang Januar hat sich der Schweizer Jonas Siegenthaler beim Blocken eines Schusses den Fuss gebrochen und fällt bis auf Weiteres aus.
Doch es ist nicht so, dass die Devils im Vollbestand jeweils restlos überzeugt hätten. Die Verteidigung wirkt nicht mehr ganz so stabil wie im Vorjahr. Mit den Abgängen von Damon Severson und Ryan Graves ist Qualität, vor allem aber auch Erfahrung verloren gegangen, die die Rookies Luke Hughes und Simon Nemec noch nicht mitbringen.
Kommt hinzu, dass Jonas Siegenthaler und John Marino – die zwei besten Defensiv-Verteidiger der Devils – nicht mehr gleichermassen für Stabilität sorgen können. Beide schaffen es in dieser Saison weniger gut, die Schüsse und Chancen der Gegner zu limitieren.
Auch bei den Stürmern gibt es Spieler, die nicht an ihre gewohnten Leistungen kommen. Timo Meier erlebt ebenfalls eine schwierige Saison. Die zwei Verletzungen haben den Appenzeller aus dem Tritt geworfen. Je neun Tore und Assists aus 34 Spielen ist für einen Powerstürmer von seinem Kaliber deutlich zu wenig. Auch Ondrej Palat ist seine sechs Millionen Dollar jährlich noch nicht wert.
Und leider bringt Nico Hischier in diesem Jahr ebenfalls seine PS nicht wie gewünscht aufs Eis. Die offensive Produktion stimmt mit 13 Toren und 15 Assists aus 36 Spielen. Doch nachdem er letztes Jahr in der Wahl zum besten Defensiv-Stürmer der Liga auf dem zweiten Platz gelandet ist, ist er dieses Jahr weit entfernt von dieser Selke-Trophy. Auch mit Hischier auf dem Eis müssen die Devils ihren Gegnern deutlich mehr und auch mehr gefährliche Chancen zugestehen als noch in der Vorsaison.
Im Oktober 2022 wurde Trainer Lindy Ruff von den New-Jersey-Fans in den ersten Spielen ausgebuht, nur um am Ende der Saison frenetisch gefeiert zu werden. Nun schlägt das Pendel wieder in die andere Richtung aus. Wie immer, wenn es einem Team nicht läuft, steht der Coach zuoberst auf der Abschussliste.
Die Fans sind insbesondere mit Ruffs Kadermangement und den Linienzusammenstellungen nicht zufrieden. Auf die Frage eines Journalisten, warum der junge Alexander Holtz, der doch eigentlich gut spiele (23 Punkte in 47 Spielen) immer wieder auf der Bank sitzen gelassen und in die vierte Linie verfrachtet werde, antwortete Ruff nur ungeduldig: «Sie schauen sich die Spiele offenbar nicht sehr genau an.»
New Jersey verlor in diesem Sommer auch Assistenztrainer Andrew Brunette, der bei Nashville den Chefposten übernahm. Viele schrieben den Erfolg der letzten Saison auch dem 50-jährigen Kanadier zu.
In der Mannschaft der Devils dürfte es so oder so schon brodeln. Nun ist noch ein weiterer Unruheherd dazugekommen. Michael McLeod und Cal Foote sind zwei der fünf Spieler, die wie Ambri-Stürmer Alex Formenton in Kanada im Zuge einer möglichen Gruppen-Vergewaltigung angeklagt werden.
Vor knapp zwei Jahren wurde die kanadische Hockeywelt von einem Skandal erschüttert, der über den eigentlichen Missbrauchsfall hinausging. Eine junge Frau hatte im April 2022 beim Ontario Superior Court Anklage gegen acht Spieler der kanadischen Nachwuchsliga CHL erhoben. Die beschuldigten Spieler sollen die junge Frau nach einer Gala des kanadischen Hockeyverbands im Sommer 2018 sexuell missbraucht haben. Im Zuge dieser Anklage kamen weitere Fälle sowie Versäumnisse des kanadischen Hockeyverbands ans Licht.
Four NHLers – Carter Hart, Michael McLeod, Dillon Dube & Cal Foote – have been directed to surrender to London police to be charged with sexual assault in connection with an alleged incident that occurred during a 2018 Hockey Canada event.
— TSN (@TSN_Sports) January 30, 2024
From @rwesthead:… pic.twitter.com/8JeYMibBJt
Die Polizei von London (Ontario) hat gegen McLeod und Foote sowie Formenton, Carter Hart (Philadelphia Flyers) und Dillon Dubé (Calgary Flames) nun offiziell Anklage erhoben. Experten rechnen damit, dass der Fall erst 2026 vor Gericht verhandelt werden wird, sofern es überhaupt dazu kommt.
McLeod und Foote werden der Mannschaft in dieser Saison wohl nicht mehr zur Verfügung stehen und wären wohl auch nicht mehr willkommen. Während Foote eher ein Ergänzungsspieler war, galt McLeod als einer der besten Bullyspieler der Liga und war unterwegs zu seiner bisher produktivsten Saison der Karriere.