Eigentlich wollten wir diese Analyse der Ausgeglichenheit halber ja der Serie zwischen Zug und Lausanne widmen. Doch dort ist die Ausgangslage nach dem 2:0 Auswärtssieg der Zentralschweizer glasklar: Bei Lausanne scheint nach der langen, intensiven Serie gegen Langnau die Luft draussen zu sein. Und Zug ist zu stark, um sich die Butter noch vom Brot nehmen zu lassen.
Das zeigt sich an einem Beispiel: Die Waadtländer wurden gestern vom eigenen Publikum während 60 Minuten nach vorne gepeitscht und brachten in den ersten beiden Dritteln mickrige zehn Schüsse aufs Tor von Tobias Stephan, der seinen zweiten Shutout in Folge feierte. Und als das Team von Ville Peltonen im Schlussabschnitt das Schussverhältnis doch noch dominierte (13:2), kam trotz des knappen Zuger Vorsprungs nie das Gefühl auf, dass die Partie noch hätte kippen können.
Alles andere als die Finalqualifikation des EVZ am Donnerstag wäre – auch angesichts der Zuger Heimstärke – eine grosse Überraschung.
Deshalb widmen wir uns hier der Berner Halbfinalserie zwischen dem SCB und Biel. Dort haben die Seeländer gerade einen 2:0-Vorsprung verspielt und den Kantonsrivalen aus der Hauptstadt zurück in die Serie gelassen. Erinnerungen werden wach an letztes Jahr, als Biel gegen Lugano ebenfalls im Halbfinal ein 0:2 verspielte und den Final verpasste.
Doch die Situation jetzt ist nicht mit 2018 vergleichbar. Damals lag Biel in Spiel 3 mit 3:0 in Front, ehe das Kartenhaus nicht nur zusammenfiel, sondern regelrecht implodierte. Im Rest des Spiels und der Serie gegen Lugano war die Mannschaft von Antti Törmänen komplett chancenlos.
Und genau das ist gegen Bern anders. Es gibt vier Punkte, die Biels Finalhoffnungen weiterleben lassen.
Auch wenn die letzten Resultate mit 2:6 und 2:5 deutlich ausfielen, chancenlos waren die Bieler eigentlich nur einmal, in Spiel 3 in Bern. Dort waren die Stadtberner nach den zwei Niederlagen zum Auftakt zu einer heftigen Reaktion vor eigenem Anhang gezwungen. Zudem kam bei Biel auch noch etwas Pech dazu, weil man zweimal nur den Pfosten traf.
Das gestrige Spiel war enger, als es das Resultat zeigt. Bis anderthalb Minuten vor dem Ende hatte Biel alle Chancen das Spiel auszugleichen und sogar noch zu gewinnen. Nach einem verschlafenen ersten Drittel, zeigten die Spieler von Antti Törmänen, dass sie auch das «wiedererwachte» Bern dominieren können.
Sie kamen nicht nur oft, sondern auch noch aus guten Positionen zum Abschluss. Nur Leonardo Genoni avancierte zum Spielverderber. Das 2:4 durch Andrew Ebbett in der 59. Minute zog dann den Stöpsel, danach traf Tristan Scherwey noch ins leere Tor.
Doch Biel ist anders als vor einem Jahr gegen Lugano nicht demoralisiert und abgeschlagen. Sie sind dran am SCB und wissen, dass sie in der Lage sind, noch zwei Siege einzufahren.
Der erste Treffer des SCB gestern war aus Bieler Sicht äusserst unglücklich. Die Scheibe flog hoch der Bande entlang in die Zone der Seeländer. Jonas Hiller ging davon aus, dass das Spiel unterbrochen ist, stoppte den Puck hinter dem Tor und wischte ihn unbedrängt vors Tor. Simon Moser traf ins leere Gehäuse zum 1:0.
Hiller konnte nicht fassen, dass das Spiel nicht unterbrochen wurde, reklamierte bei den Schiedsrichtern – nimmt nach dem Spiel die Schuld aber auf sich. Doch auch im Interview nach dem Spiel ist spürbar, dass der 37-Jährige immer noch ziemlich sauer ist. Wohl auch, weil er weiss, dass seine eigene Leistung in den letzten beiden Spielen (zweimal Fangquoten unter 90 Prozent) ungenügend war.
Ein saurer Jonas Hiller? Da war doch mal was. Letzte Saison geriet der EHC Biel im Herbst in eine kleine Krise, bis Hiller der Geduldsfaden riss. Bei einer 1:4-Niederlage gegen Zug zerschmetterte er seinen Stock am eigenen Tor. Der Gefühlsausbruch rüttelte sein Team wach und auch Hiller spielte den Rest der Saison stark und führte Biel in den Halbfinal.
Man darf erwarten, dass der frühere NHL-Keeper nach dem gestrigen Lapsus ebenfalls eine Reaktion zeigen will und wird. Mit der Wut im Bauch spielt Hiller meist am besten.
Was die Bieler Fans und Mannschaft ebenfalls positiv stimmen dürfte, ist die Tatsache, dass noch nicht alle Spieler im Kader ihr volles Potential ausgeschöpft haben. Damien Riat, Michael Hügli, Dominik Diem, Jan Neuenschwander und Sämi Kreis haben gegen Bern allesamt noch nicht gepunktet.
Diem (1 Tor/1 Assist), Hügli (1T/1A) und Riat (2T) waren in der Serie gegen Ambri noch ein wichtiger Faktor. Vielleicht können sie sich im fünften Spiel endlich wieder steigern. Dasselbe gilt auch für Kreis und Neuenschwander. Die beiden waren in der Regular Season ebenfalls Bieler Stützen. In den Playoffs haben sie aber noch gar nicht gepunktet.
Wenn der EHCB in den Final will, müssen sich die Bieler auch ganz einfach am Riemen reissen und möglichst keine Strafen nehmen. Denn das Penalty-Killing der Seeländer ist nicht nur schlecht, es ist miserabel. In den Playoffs kassieren sie in jedem zweiten Unterzahlspiel ein Gegentor – schlicht nicht finalwürdig.
Hätte der SCB gestern nicht im Powerplay reüssiert, die Stadtberner wären kurz vor Schluss in Rückstand gelegen und nicht Biel. Nun reicht die Zeit bis morgen kaum, um das Unterzahlspiel derart stark zu verbessern. Deshalb gibt es für Antti Törmänen nur eines: Seine Spieler müssen von der Strafbank fern bleiben.
Es gibt keinen Grund, den EHC Biel nach den zwei Niederlagen in Folge bereits abzuschreiben. Das nächste Spiel findet in Bern statt. Zuhause hat der SCB in diesen Playoffs aber erst einmal überzeugt. Schaffen die Seeländer wieder das Break, steht die Türe zum Final weit offen.
Aber.
Die Bieler wissen, dass sie das Zeug dazu haben, die Berner zu schlagen.
Und.
Die Berner stehen auch jetzt noch immer gewaltig unter Druck. Sie müssen zuhause gewinnen, sonst wird es sehr ungemütlich im Eisstadion von und zu Biel.
Auf jeden Fall : Freuen wir uns wieder auf einen sackspannenden Match im Allmend.