Exakt 337 Tage war José Mourinho nach seinem Aus bei Manchester United ohne Job, nun kehrt «The Special One» mit Pauken und Trompeten in die Premier League zurück. Einen Tag nach der Entlassung von Mauricio Pochettino wurde der 56-jährige Portugiese bei Tottenham Hotspur als Nachfolger präsentiert. Mourinho unterschrieb bei den «Spurs» einen Vertrag bis 2023. Sein Jahresgehalt soll rund 19 Millionen Franken betragen – damit verdient er fast doppelt so viel wie sein Vorgänger. Am Donnerstag um 15 Uhr wird «Mou» erstmals vor die Medien treten.
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— Tottenham Hotspur (@SpursOfficial) November 20, 2019
Von Pochettino zu Mourinho – das wirkt wie eine Kehrtwende um 180 Grad. Hier der besonnene Argentinier, der Tottenham mit viel Geduld und Geschick zur Spitzenmannschaft geformt hat – da der launische Portugiese, der zwar überall Titel gewinnt, aber als taktisch eindimensional gilt und einen Klub völlig für sich einnimmt. Die ganze Fussball-Welt stellt sich darum die Frage: Passt Mourinho überhaupt zu den «Spurs»? Die Kritikpunkte am neuen Tottenham-Trainer sind seit Jahren dieselben.
Wer an Mourinho denkt, denkt mittlerweile reflexartig an den «geparkten Bus». Gegen spielerisch überlegene Teams predigte Mourinho während seines zweiten Engagements bei Chelsea und später bei Manchester United einen ultra-defensiven «Kratz-und-Beiss-Fussball» (Spiegel), der eigentlich nur darauf ausgelegt war, das gegnerische Spiel zu zerstören.
Unlängst verteidigte Mourinho in einem Interview mit «The Coaches Voice» seine Fussball-Philosophie: «Viele Leute glauben, dass die Teams mit hohem Ballbesitz auch automatisch dominant sind. Aber das kommt darauf an, wie man das Spiel betrachtet. Ein Team ohne Ball kann auch dominieren. Für einige Trainer ist Ballbesitzfussball mehr etwas für das Image und die Öffentlichkeit. Am Ende ist aber nur eine Statistik relevant: Welches Team mehr Tore geschossen hat.»
Mourinho will sich aber nicht auf seinen pragmatischen Soldatenfussball versteifen: «Man muss manchmal auch gegen seine Ideen arbeiten können, um den richtigen Weg zum Erfolg zu finden», erklärte er.«Man muss sich an den Verein und den Wettbewerb anpassen können.»
Tottenham spielte in den fünfeinhalb Jahren unter Pochettino, anders als Mourinho bei seinen letzten Stationen, einen modernen Offensivfussball mit hohem Pressing und schnellem Umschaltspiel. Statt teure Stars zu verpflichten, setzte man wegen den Stadionneubaus auf den eigenen Nachwuchs und die Weiterentwicklung von aufstrebenden Talenten. Ob Mourinho dazu bereit ist?
Mourinho hat bei seinen Klubs gerne die totale Kontrolle. Wer nicht auf seine Linie einschwenkt, wird als Feind betrachtet. Bei seinen ersten Engagements bei Chelsea, Inter Mailand und Real Madrid schaffte es «The Special One» dank seinem Charme jeweils, die gesamte Mannschaft hinter sich zu scharen und eine Wir-gegen-alle-Mentalität zu kreieren. Unvergessen die Clásico-Schlachten, in denen sich die Königlichen gegen den spielerisch überlegenen Erzrivalen aus Barcelona auflehnten wie Asterix und seine Gallier gegen die Römer.
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— Tottenham Hotspur (@SpursOfficial) November 20, 2019
Das Problem: Sobald der sportliche Erfolg ausblieb, folgten die Spieler Mourinho, seinem autoritären Führungs- und defensiven Spielstil nicht mehr bedingungslos. Bei Real Madrid überwarf er sich am Ende in sportlich schwierigen Zeiten mit Iker Casillas und Sergio Ramos, bei der Rückkehr zu Chelsea mit Eden Hazard und bei Manchester United mit Paul Pogba. Je grösser die Kritik an ihm wurde, desto resoluter schlug Mourinho zurück. Meist mit schwerwiegenden Folgen für den Klub. Die «Times» verglich seine rabiaten Führungsmethoden einst mit einem antiken Feldherrn, der stets verbrannte Erde hinterlässt.
Bei Tottenham kann er sich einen weiteren solchen Abgang nicht mehr leisten, das würde sein Karriereende bedeuten. Tottenham ist Mourinhos letzte Chance. «The Special One» muss sich also anpassen. Ob er das kann und auch wirklich dazu bereit ist?
"I was really taken aback by the news..."@alanshearer tells #BBCBreakfast José Mourinho has big shoes to fill at @SpursOfficial ⬇️ pic.twitter.com/dazHDJVuZi
— BBC Breakfast (@BBCBreakfast) November 20, 2019
Amazing how some have bought into "Mourinho the winner" without any regard for how he leaves clubs.
— Stan Collymore (@StanCollymore) November 20, 2019
Unbalanced, fractured, overspending,soulless.
Everything Spurs tried to avoid.
Good luck, I like Spurs a lot, but it's not how this man comes in, it's how he'll leave you. 🙌🏽
Wahrscheinlicher ist aber wohl,
mehr Unterhaltung neben dem Platz als auf dem Platz und dass er bis in rund 2 Jahren "die Seele und freude aus diesem Klub gesaugt hat".