Im Kader des berühmten Vereins von der Säbenerstrasse sind auf der offiziellen Klubseite für diese Saison insgesamt 25 Spieler im Profikader der ersten Mannschaft aufgelistet. Drei Torhüter, acht Verteidiger, zehn Mittelfeldspieler und vier Angreifer umfasst das Personal des deutschen Rekordmeisters.
Pro Spiel darf Trainer Pep Guardiola elf Mann aufstellen plus drei Spieler einwechseln, das heisst, die Einsatzchance für einen Kaderspieler beträgt über fünfzig Prozent. Die Hauptprobleme bei dieser Rechnung: Nicht alle Spieler können auf den gleichen Positionen eingesetzt werden – obwohl Guardiola es gerne sieht, wenn seine Mannen flexibel einsetzbar sind – und vor allem gibt es auch bei den Bayern ein Leistungsgefälle innerhalb der Mannschaft, weshalb der spanische Trainer nicht ständig (freiwillig) rotiert.
Sein Glück ist zwar, dass die Bayern noch auf allen nationalen und internationalen Hochzeiten tanzen und er so die ganze Breite des Kaders nutzen kann, um einigen arrivierten Stammkräften die benötigten Ruhephasen zu geben. Doch der Bundesliga-Alltag ist der beste Massstab, um objektiv die Leistungen der Profis zu beurteilen.
In den bisherigen 26 Meisterschaftsspielen sind also für einen Feldspieler theoretisch 2340 Einsatzminuten möglich. Xherdan Shaqiri hat in dieser Saison 647 Minuten Bundesliga-Luft schnuppern können. Allerdings relativiert sich die doch geringe Einsatzzeit ein wenig, wenn man die verletzungsbedingte Absenz in acht Spielen subtrahiert: Neu hat der auf einem Bauernhof aufgewachsene Nati-Star also nettomässig knapp 40 Prozent Einsatzzeit in der Bundesliga erhalten.
Diese Zahl sieht vielleicht bescheiden aus. Zu bedenken ist aber, dass der 23-Jährige sich mit grosser Konkurrenz auseinandersetzen muss. Meistens spielt Taktikfanatiker Guardiola mit nur einer Spitze und zwei Aussenspielern sowie zwei defensiven Mittelfeldspielern, ohne die offensive Mittelfeldposition zu besetzen. Auf den Aussenbahnen muss sich Shaqiri mit Fussballgrössen wie Franck Ribéry, Arjen Robben, Thomas Müller oder mit dem neu von Dortmund zugestossenen Jungstar Mario Götze messen.
Seine Hauptkonkurrenten haben deutlich mehr Nettospielzeit erhalten. Arjen Robben und Mario Götze haben Werte um die 70 Prozent, Thomas Müller und Franck Ribéry sogar über 80 Prozent.
Die Nettospielzeit ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Viel wichtiger ist für den «lebenden Kraftwürfel», ob er seine Einsatzminuten auch genutzt hat. Positiv ist schon mal, dass der Basler immer im Kader stand, wenn er nicht verletzt war. Insgesamt 18 Mal stand Shaqiri im Aufgebot der Münchner. Drei Mal kam er dabei nicht zum Einsatz. In den restlichen 15 Partien spielte Shaqiri acht Mal von Beginn weg und wurde sieben Mal eingewechselt.
In den restlichen 15 Spielen netzte er fünf Mal ein. Umgerechnet auf seine Einsatzzeit trifft Shaqiri im Schnitt alle 129 Minuten. Damit liegt er in der internen Kader-Effizienzquote zusammen mit Robben auf dem zweiten Platz, nur Stürmer Mario Mandzukic weist eine noch höhere Effizienz auf. Thomas Müller braucht 147 Minuten pro Tor, Ribéry 163 und Götze trifft im Durchschnitt «nur» in jeder zweiten Partie (alle 183 Minuten).
Im Toreschiessen hat Xherdan Shaqiri diese Saison die Erwartungen übertroffen. Was er jedoch markant verbessern muss, ist seine Vorlagenstatistik. Auf transfermarkt.ch wird nur seine Flanke vom letzten Spieltag gegen Mainz als Assist gewertet. Zu wenig für einen Mann mit solchen Qualitäten, wie sie «Shaq Attack» aufweist.
Mario Götze und Thomas Müller legen in jedem dritten Spiel für den Kollegen auf, Franck Ribéry und der als Egomane verschriene Arjen Robben machen sogar im Schnitt in jedem zweiten Match dem Torschützen eine Freude.
Wenn die Bayern heute Abend also mit einem Sieg im Auswärtsspiel gegen Hertha BSC die Meisterschaft eintüten, hat Xherdan Shaqiri nicht nur einen kleinen Beitrag dazu geleistet, vielmehr hat er seine Jokerrolle häufig in Tore umsetzen können.
Bei den vielen Bayern-Erfolgen gab es öfters Kantersiege mit vier Treffern oder mehr zu bestaunen. Die Tore von Shaqiri waren dabei eher meist wichtige Treffer: Einmal sicherte er mit einem Doppelpack die Entscheidung, zweimal markierte er den Ausgleichstreffer und einmal skorte er in der Nachspielzeit zur definitiven Siegessicherung.
Der einzige Tadel von Guardiola dürfte also diese Saison seine ungenügende Assiststatistik sein. Aber Shaqiris Vertrag läuft ja noch bis Ende 2016, da kann ihm der katalanische Trainer-Guru sicher noch den letzten Pass beibringen.