In dieser Woche ist Frankfurt eine Stadt im Ausnahmezustand. Gut, dass kann schnell einmal passieren, wenn es um die Eintracht geht. Aber dieser Donnerstag übertrifft alles. Der FC Barcelona ist zu Gast. Europa-League-Viertelfinal. «Die Stadt brennt auf dieses Erlebnis. Wir warten seit Jahren auf so einen Gegner.»
So sagt das Djibril Sow. Der 25-jährige Schweizer Mittelfeldspieler steht in seiner dritten Saison für Eintracht Frankfurt. Steht nun sein grösstes Spiel der Karriere an? «Das kann ich erst sagen, wenn wir wissen, ob wir weitergekommen sind?»
Hey @FCBarcelona...
— Eintracht Frankfurt (@Eintracht) April 6, 2022
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Vor drei Jahren, damals war Sow noch bei YB, scheiterte die Eintracht erst im Halbfinal der Europa League, an Chelsea, und erst im Penaltyschiessen. Adi Hütter entfachte das Feuer für Europa neu. Es war der grösste Erfolg seit dem Gewinn des Uefa-Cups 1980. Ein Sieg gegen das wiedererstarkte Barcelona würde diesen Erfolg nun wohl noch toppen. «Vom Timing her ist es nicht gerade optimal», sagt Sow mit Blick auf Barcelonas jüngste Steigerung, «aber ich habe hier in Frankfurt schon einiges erlebt, wir haben hier den FC Bayern mehr als nur einmal geschlagen – und die Bayern finde ich noch besser als Barça. Darum gilt: Nichts ist unmöglich. Aber wir brauchen zwei perfekte Leistungen.»
In jungen Jahren wechselte Sow vom FC Zürich zu Borussia Mönchengladbach. Gleichzeitig wie Nico Elvedi. Doch im Gegensatz zum Verteidiger gelang ihm der Durchbruch nicht. Darum nahm er noch einmal einen Anlauf in der Schweiz. Er war ein tragendes Element im ersten YB-Meisterteam seit 1986. Nach zwei Jahren in Bern war er reif für die Bundesliga. Sein Förderer Hütter holte ihn zur Eintracht, wo sich Sow sogleich etablierte.
Im dritten Jahr hat sich Sow zu einem Führungsspieler entwickelt. Das sieht auch er selbst so. «Ich bin eine Persönlichkeit im Team geworden. Das ist auf dem Platz zu sehen. Ich habe noch einmal eine wichtigere Rolle erhalten – und das ist auch gut so. Schliesslich will ich Saison für Saison Fortschritte machen. Es wäre ja doof, in der ersten Saison top zu sein und dann läuft gar nichts mehr.»
Die Bedeutung der Eintracht in der Stadt hat er rasch verstanden. «Es ist alles sehr, sehr fanatisch. Die ganze Stadt lebt für den Verein. Das merkt man, wenn man gewinnt – aber eben auch, wenn man verliert. Aber mir es ist lieber so als wenn das Schicksal des Klubs kaum einen bewegt. Dank der Power der Fans ist es auch möglich, dass wir manchmal so über uns hinauswachsen.»
Zu Beginn dieser Saison waren da aber durchaus Zweifel, ob die Erfolge der jüngsten Zeit anhalten. Trainer Hütter verliess den Verein in Richtung Mönchengladbach, Sportdirektor Bobic ging zu Hertha BSC. «Es wurde ziemlich viel ausgewechselt, ja. Aber der Kern der Mannschaft blieb zusammen», erzählt Sow. Und dem neuen Trainer Oliver Glasner gelang es, die Eintracht vielseitiger zu machen. «Unter Hütter legten wir den Fokus auf Pressing, Emotionen und Angriffsfussball. Nun sind wir taktisch variabler geworden. Und auch mir persönlich hat es gutgetan, nochmals neue Inputs von einem Trainer zu erhalten.» In der Bundesliga liegt Frankfurt auf dem 9. Platz. Das ist nicht gleich Rang fünf wie vor einem Jahr, aber die Teilnahme an einem europäischen Wettbewerb liegt immer noch im Bereich des Möglichen.
Bleibt für Sow die Frage nach der Nationalmannschaft. Er ist hinter Granit Xhaka, Remo Freuler und Denis Zakaria die Nummer vier im Schweizer Mittelfeld. Auch er selbst schätzt seine Position realistisch ein. «Es ist derzeit schwierig, viele Spielminuten zu bekommen. Die Konkurrenz ist gross – und es spielen auch alle bei besseren Vereinen. Aber die Nati hat viel mit Stolz zu tun, und darum gehört das eigene Ego hinten angestellt. Klar möchte ich irgendwann eine wichtigere Rolle erhalten. Aber da habe ich viel Geduld.»
Umso wichtiger sind europäische Spiele wie jenes gegen Barcelona. Zumal Nationaltrainer Murat Yakin einen direkten Vergleich hat. Remo Freuler trifft mit Atalanta Bergamo in einem weiteren Viertelfinal auf Leipzig. (aargauerzeitung.ch)