Sei es wegen fehlender Mitspieler, mangelndem Selbstvertrauen oder zu hohem Druck, der auf einem lastet, wenn das ganze Land zusieht. Viele Aushängeschilder der internationalen Topligen haben Mühe, international auf Touren zu kommen. In neun Tagen erwartet uns eine WM, die neben den politischen Problemen sportlich gesehen zum grossen Highlight werden kann – falls sich die Superstars auf dem Rasen Brasiliens etablieren können.
Im Verein gehören sie zu den Unsterblichen, in ihrem Land werden sie noch nicht vergöttert. Denn der Erfolg mit der Nationalmannschaft ist nicht vergleichbar mit dem, was sie in ihrer Vereinskarriere erreicht haben. Fünf Spieler und ihr bisheriges Nati-Problem:
Das Goalie-Problem bei den Engländern ist bekannt und hat noch kein Ende gefunden. Obwohl die «Three Lions» mit Joe Hart wieder einen Weltklasse-Torhüter und frischgebackenen Meister in ihren Reihen haben, gelingt es den englischen Schlussmännern nicht, ihre Form im Nationaldress unter Beweis zu stellen. Hart kann mit seiner Klasse den schlechten Schlagzeilen ein Ende bereiten – und nicht nur Papierflugzeuge durch die Luft jagen.
Der vierfache Weltfussballer Lionel Messi gehört eigentlich ausgeklammert. Einem der besten Spieler der Welt zu unterstellen, er spiele auf internationalem Parkett nicht gut, wäre falsch. Doch die Zügel derart in die Hand zu nehmen wie bei Barcelona ist dem Zauberfloh bei Argentinien noch nicht gelungen. An der letzten WM vor vier Jahren erzielte Messi in fünf Partien keinen einzigen Treffer. Zehn Tore in 14 Qualifikationsspielen lassen dafür auf mehr argentinischen Jubel in Brasilien hoffen.
Die grosse Figur des FC Liverpool ist auch in der Nationalmannschaft unbestritten. Der 34-Jährige wird das Team als Captain auf das Feld führen und im defensiven Mittelfeld für Ordnung sorgen. Aber längst nicht so überzeugend wie bei seinem Stammverein. Denn die Harmonie auf dem Platz mit Chelsea-Legende Frank Lampard liess in der Vergangenheit trotz aller Klasse der beiden zu wünschen übrig.
Bei den Kamerunern gibt es keinen Weg, der an Samuel Eto'o vorbei führt. Der Chelsea-Stürmer ist der einzige Star im Team der Afrikaner und hat in den Landesfarben – wie auch als Vereinsspieler – fast alles erreicht. Bei Chelsea hat der 33-Jährige zu alter Stärke zurückgefunden und will in Brasilien sein einziges Manko überdecken. An einer WM hat Eto'o bisher noch nicht an seine Leistungen anknüpfen können.
Genau wie bei Messi gilt auch hier: Gegen Cristiano Ronaldo ist kein Kraut gewachsen. Der Weltfussballer von 2013 hat in der abgelaufenen Champions-League-Saison einen neuen Torrekord aufgestellt und befindet sich in der Blüte seiner Karriere. Doch mit Portugal gab es in der Vergangenheit nichts zu feiern. In Südafrika vor vier Jahren gelang dem Superstar nur ein Treffer. Da lässt die Triplette im Barrage-Spiel für Brasilien gegen Schweden doch auf deutlich mehr hoffen.
Während Messi und Co. schon zu etlichen Einsätzen für ihr Nationalteam kamen, bietet sich anderen – im Verein etablierten – Spielern die Chance, sich an einer WM zu beweisen.
Mats Hummels hat mit seinen starken Leistungen beim Bundesligisten Dortmund die Augen internationaler Scouts auf sich gezogen. Nun reist der 25-Jährige mit Deutschland an seine erste WM. In der Vergangenheit war Hummels nie erste Wahl und konnte trotz grossem Erfolg mit seinem Klub selten in der ersten Elf auflaufen. Mit seiner Torgefahr, seiner Spieleröffnung und Abgebrühtheit sollte er vom Potential her eine der beiden Innenverteidigerpositionen bekleiden dürfen. Aber Jogi Löw vertraut wohl Per Mertesacker und Jerome Boateng. Doch Hummels dürfte eine Möglichkeit bekommen, sein Können zu zeigen.
Wie die ganze französische Nationalmannschaft stand auch Stürmer Karim Benzema – auch bei Real Madrid – harsch in der Kritik. «Les Bleus» schossen zu wenige Tore und standen sogar kurz davor, sich nicht für die WM zu qualifizieren. Doch mit einem 3:0 gegen die Ukraine (nach einer 0:2-Niederlage im Hinspiel) zogen die Mannen von Didier Deschamps den Kopf noch einmal aus der Schlinge. Und nach einer fantastischen Saison Benzemas bei den Königlichen hofft die ganze Nation bei der WM auf Nadelstiche des Franzosen mit algerischer Abstammung.
Manche halten ihn für den besten Mittelfeldspieler der Welt, andere finden ihn völlig überschätzt. Toni Kroos von Bayern München erlebt in seinem bisherigen Fussballerleben ein Auf und Ab. Richtig durchsetzen konnte sich der 24-Jährige trotz guten Leistungen weder in München noch in der deutschen Nationalmannschaft. Die grosse Konkurrenz machte ihm zu schaffen und er war häufig auf verletzungsbedingte Ausfälle angewiesen. Auch im Hinblick auf Brasilien weiss man nicht so recht, auf wen Bundestrainer Jogi Löw setzen wird. Sami Khedira und Bastian Schweinsteiger hoffen beide trotz erst kürzlicher Genesung von Verletzungen, dass sie die beiden defensiven Mittelfeldpositionen bekleiden können.
Er war der beste Mann auf dem Platz, als sich Real Madrid und Atlético im Champions-League-Final gegenüber standen. Mit seinen unwiderstehlichen Antritten sorgte der Argentinier für den Unterschied der beiden Mannschaften. Nun gilt es, dies im Nationalteam zu bestätigen. Er gehört seit längerem zu den Stammkräften, konnte aber als Teil eines vor allem offensiv hochstehenden Kaders in der Vergangenheit mit der «Albiceleste» nie den Erwartungen gerecht werden. Di María könnte der entscheidende Faktor einer positiven Veränderung sein.
Nach der Verletzung von Superstar Radamel Falcao sind viele Augen auf ihn gerichtet. Jackson Martinez befindet sich – im Gegensatz zu seinem Klub FC Porto – im Höhenflug und liess sich in dieser Saison die Krone des portugiesischen Torschützenkönigs aufsetzen. Auf die Tore des Kolumbianers sind die fussballbegeisterten Südamerikaner nun doppelt angewiesen.
Der brasilianische Wuschelkopf hat spätestens mit seinem Tor im Champions-League-Final bewiesen, dass er ein Ausnahmeverteidiger ist. Mit seinem offensiven Drang bringt er viel Schwung ins Spiel. Nur bei Brasiliens Nati hat er noch nicht viel zum Samba beitragen können. Trotz Stammplatz bei Real Madrid kam er vor vier Jahren nicht zum Einsatz. Damals wurde ihm Maicon vorgezogen. Nun hat Marcelo den Stammplatz auf der linken Seite sicher und muss nun die Bestätigung liefern, dass er auch taktisch und defensiv die brasilianische linke Seite zumachen kann.
Real, Atlético und Barça sollen laut seinem Vater am Shootingstar von Sevilla interessiert sein. Ivan Rakitic, der ex-FCB-Spieler, kommt aus seiner persönlich erfolgreichsten Saison, die er in seiner Karriere erleben durfte. Als Captain führte der Kroate den FC Sevilla zum Gewinn der Europa League und hatte mit seinen gefährlichen Freistössen und finalen Pässen erheblichen Anteil daran. Gut möglich, dass Rakitic mit einer Bestätigung an der WM bald nicht mehr bei Sevilla unter Vertrag stehen wird.