Patrick Eder ist Spitzensportler in einer der beliebtesten Mannschaftssportarten der Schweiz. Er ist Unihockey-Torhüter bei Floorball Köniz in der Nationalliga A, amtierender Schweizer Meister und Nationalspieler. Doch Patrick Eder ist kein Profi.
Der 28-jährige trainiert fünf Mal die Woche – mit der Mannschaft und alleine – und arbeitet daneben auch noch in einem 90-Prozent-Pensum bei der Swisscom. Dort ist er Projektleiter im Team, das für die Weiterentwicklung der Shops zuständig ist. «Ich schaue, dass der Kunde in unseren Shops das beste Kundenerlebnis vorfinden kann», beschreibt Eder seine Arbeit.
Neben Kunden und Arbeitgeber muss der Berner auch Trainer, Mitspieler und Fans von Floorball Köniz zufrieden stellen. Die Kombination von Beruf, Spitzensport und Privatleben sorgt für einen dicht gedrängten Tagesablauf.
Der Wecker klingelt. Patrick Eder wird aus dem Schlaf gerissen. Die Arbeit ruft. Statt auf die Schüsse des Gegners bereitet er sich auf Sitzungen, Meetings und Präsentationen vor.
Wenn Eder ins Büro geht, spürt er oft noch die Anstrengungen des Vortags. Schmerzen hat er zwar selten, aber Muskelkater ist definitiv ein Thema – insbesondere während des Sommertrainings. Das Verletzungsrisiko sei dagegen kein grösseres Problem als beim durchschnittlichen Hobbykicker. «Ich hatte bisher das Glück, dass ich von schweren Verletzungen verschont blieb», sagt der Goalie.
Ihm komme in dieser Frage natürlich die Arbeit im Büro entgegen. Für Spieler, bei denen auch noch der Beruf körperlich anspruchsvoll ist, sei die Ausgangslage anders. Am Arbeitsplatz angekommen checkt er seine Mails, arbeitet Pendenzen ab und schaut, was im Laufe des Tages noch auf ihn zu kommt.
Es geht los mit dem Meeting-Marathon. Beinahe im Halbstundentakt folgen Sitzungen mit Vorgesetzten, Projektmitarbeitern oder den Angestellten in den Shops. Kann man sich überhaupt auf die Arbeit konzentrieren, wenn man im Hinterkopf Gedanken an die laufende Playoff-Serie hat?
«Die Playoffs begleiten mich sicher mehr, als es gewöhnliche Saisonspiele tun würden», räumt Eder ein. Grundsätzlich sei dieser Wechsel zwischen Beruf und Sport möglich, doch gerade an einem Spieltag wäre es extrem schwierig.
Deshalb nimmt sich der Torhüter an Tagen, an denen er mit Köniz im Einsatz steht, frei. Gerade auch aufgrund seiner Position als Goalie: «Wenn ich einen Tag voll gearbeitet habe, schaffe ich es nachher nicht, mich komplett auf das bevorstehende Spiel zu konzentrieren.»
Damit das überhaupt möglich ist, erhalten die Spieler bei Köniz eine kleine Entschädigung. Bei den Leistungsträgern reiche die aus, um das Arbeitspensum um 10 bis 20 Prozent zu reduzieren. «Dazu sind das gesamte Material sowie Spesen gedeckt. Draufzahlen müssen wir also sicher nicht, reich wird aber auch niemand», sagt Eder.
Eine Kostprobe des Profilebens erhalten die Unihockeyaner jeweils nur an der WM. Die Wochen im Nationalteam gelten als WK, als Militäreinsatz. Ganz vergessen kann er seine Arbeit aber auch dort nicht: «Es kam schon vor, dass ich auch während der Weltmeisterschaft eine kurze Telefonkonferenz abhalten musste. Und Studenten müssen teilweise lernen oder Arbeiten einreichen.»
Dennoch seien die Natipausen eine willkommene Abwechslung zum Liga-Alltag. «In diesen Tagen erleben wir, wie es wäre, Profi zu sein. Es fällt extrem auf, wie man sich als Team verbessern kann, wenn man Zeit für detaillierte Trainings und Analysen und vor allem für eine vernünftige Regeneration hat», sagt Eder.
Am Mittag vermischen sich Arbeitswelt und Sport. Das ganze Team, also auch Eder, erhält vom Trainer eine Nachricht mit dem Trainingsplan des Abends. Normalerweise seien da jeweils auch Videos dabei, die das Könizer Team dann später in der Taktikanalyse genau anschaut. «Auch deshalb ist es nicht möglich, das Unihockey während der Arbeit komplett auszublenden», gibt der Torhüter zu.
Und wie ist das mit dem Mittagessen? Als Spitzensportler muss man ja schon ein wenig auf seine Ernährung achten? «Das Team schreibt uns keinen Ernährungsplan vor», sagt Eder. Aber natürlich achte er schon darauf, gesund zu essen.
Feierabend! Während der Durchschnittsschweizer sich im «Rössli», im «Pöstli» oder im «Hirschen» ein Bierchen gönnt, heisst es für Patrick Eder ab ins Training. Zuerst rund eine Stunde Theorie, dann Einlaufen und erst danach folgt das Mannschaftstraining auf dem Feld.
Warum tut man sich das fünf Mal die Woche an?
«Weil es Spass macht!», sagt der 28-Jährige. «Das Unihockey gibt mir unglaublich viel. Emotionen, Adrenalin und unvergleichliche Freundschaften. Wir haben es in unserer Mannschaft extrem gut untereinander und unternehmen auch neben dem Platz immer wieder Dinge.»
Eine andere Sportart sei für Eder aber nie in Frage gekommen. «Ich bin als Kind irgendwie ins Unihockey reingerutscht und es macht ganz einfach viel Spass.» Das sei wohl der Hauptpunkt. Dieses Leben – Spitzensport, Job und teilweise auch noch Familie nebeneinander – funktioniere nur, solange man Spass am Sport habe. Ist der irgendwann mal weg, sei es an der Zeit aufzuhören.
Neid auf die Profis aus Fussball oder Eishockey kennt Eder aber nur bedingt. Er sieht sogar Vorteile in dieser Form von Karriere: «Wir haben in jedem Fall schon eine Ausbildung im Sack und sind vorbereitet auf das Leben nach dem Sport. Wenn bei den Fussballern die Karriere unerwartet früh zu Ende geht, stehen sie oft mit nichts da.»
Das Training geht zu Ende, doch der Tag von Patrick Eder ist noch nicht ganz vorbei. Während Profis in anderen Sportarten mit Massagen und anderen Methoden runterfahren können, fährt der Unihockeygoalie nach Hause, wirft seine Ausrüstung in die Wäsche und versucht dann zu schlafen.
Das sei für ihn der bedeutendste Unterschied zwischen ihm und den Profisportlern: «Bei uns kommt die Regeneration sicher zu kurz.» Schlafen könne er nach einem Training jeweils ziemlich schnell und gut. «Nach einem Match fällt mir das deutlich schwerer. Dann ist einfach noch zu viel Adrenalin im Körper», sagt Eder. Doch gerade wenn die Spiele unter der Woche sind, kann er sich Schlaflosigkeit nicht leisten. Denn am nächsten Tag klingelt um 6.30 Uhr wieder der Wecker. Die Arbeit ruft ...
Ich muss sagen, der Respekt vor der Leistung dieser Spieler, die ein solches Marathon-programm auf sich nehmen, ist teilweise grösser als vor den Sportler die vom Sport leben können.
Hut ab!