Sport
Der Eismeister-Check

EHC Kloten in der Saison 2023/24: Alles zu Kader, Stärken und Schwächen

EHC Kloten Verteidiger David Reinbacher, Harrison Schreiber und Torhueter Juha Metsola feiern den 4-1 Sieg waehrend dem Eishockey-Pre-Playoff-Spiel 2 der National League zwischen dem EHC Kloten und de ...
Gelingt dem EHC Kloten das Jahr der Bestätigung in der National League?Bild: keystone
Der Eismeister-Check

Die Abhängigkeit von den Ausländern beim EHC Kloten ist geblieben

Der Aufsteiger war die positive Überraschung der letzten Saison. Aber Jeff Tomlinson, der Architekt des sportlichen Erfolges, steht nicht mehr an der Bande. Klotens Hoffnung ist der sportliche Dreisatz: «neue Saison, neuer Trainer, neues Glück».
06.09.2023, 09:5906.09.2023, 13:14
Folge mir
Mehr «Sport»

Mit Wilhelm Busch können wir sagen: Vier Jahre waren die Klotener sportlich krank (in der zweithöchsten Liga), nun sind sie wieder oben, Gott sei Dank.

Über diese Serie
Klaus Zaugg ist seit Jahrzehnten einer der profiliertesten Eishockey-Journalisten der Schweiz. Sein während vielen Jahren publizierter Guide galt vielen als «Hockey-Bibel». Nun erscheint die Einschätzung des watson-Eismeisters über jeden Spieler der National League erstmals online.

In der ersten Saison nach der Rückkehr in die höchste Liga haben die Zürcher alle Erwartungen übertroffen: dynamisches Lauf- und Tempohockey, wie es Klotens DNA entspricht. Mehr Zuschauer im Schnitt (6109) als Biel, Lugano, die Lakers, Langnau, Ajoie und Davos und mehr als in der letzten Finalsaison 2013/14 (5627) mit dem teuersten Team der Klubgeschichte. Am Ende reichte es sensationell zu Rang neun und den Pre-Playoffs.

Darüber hinaus hat der bestens vernetzte Vorsitzende Mike Schälchli den Klub wieder im Ort verankert und eine solide wirtschaftliche Basis gezimmert. Er hat das Präsidentenamt Jan Schibli überlassen, bleibt aber als Mitbesitzer und Berater dem Unternehmen erhalten. Die Pre-Playoffs sind erreicht worden, das Ziel müssten also nun die Playoffs sein.

Aber die zweite Saison nach einer Promotion ist die schwierigste. Erst recht, weil Kult-Trainer Jeff Tomlinson mit nur 53 Jahren aus gesundheitlichen Gründen seine Trainertätigkeit aufgibt und sich auf die Position eines Beraters zurückzieht. Auf dem heimischen Transfermarkt konnte Sportchef Larry Mitchell das Team nicht wesentlich verstärken. Die gute Besetzung der Ausländerpositionen und ein fähiger Bandengeneral bleiben die zentralen Voraussetzungen für die sportliche Konkurrenzfähigkeit.

Mit ausländischer Hilfe ist Kloten das Überraschungsteam der letzten Saison geworden und die Ausländer dürfen auch in der neuen Saison nicht das Problem, sondern müssen ein Grund zur Freude sein. Erst recht, weil Kloten extrem vom Torhüter abhängig ist: Nur auf Ajoies Goalies prasselten noch mehr Pucks als auf Klotens letzten Mann und nur Ajoie hat letzte Saison noch mehr Gegentore zugelassen (192) als Kloten (173).

Hält Juha Metsola eine zweite Saison so viel defensiven Durchzug aus? Die Abwehr ist nominell nicht besser besetzt und mit ziemlicher Sicherheit wird im Laufe der Saison ein zweiter ausländischer Verteidiger benötigt. Damit ist die taktische Herausforderung für den neuen Trainer Gerry Fleming gegeben: die Abwehr stabilisieren und dafür sorgen, dass Juha Metsola nicht mehr so im defensiven Durchzug steht und das Spektakel so oft wie möglich vor dem gegnerischen und nicht vor dem eigenen Tor aufgeführt wird. Das Geld für einen Wintermantel sollte er noch nicht ausgeben. Nicht nur, weil es in Kloten im Winter selten garstig kalt wird. Sondern auch, weil es im Falle eines Falles für den Sportchef einfacher ist, einen neuen Trainer als einen zusätzlichen erstklassigen Ausländer zu finden.

Die Spieler

  • Stürmer
  • Verteidiger
  • Torhüter
player_image

Nation Flag

Aktuelle
Note

  • 7

    Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.

  • 6-7

    Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.

  • 5-6

    Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.

  • 4-5

    Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.

  • 3-4

    Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.

  • Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.

5,2

09.22

5,2

09.23

5,2

01.24

Punkte

Goals/Assists

Spiele

Strafminuten

  • Er ist

  • Er kann

  • Erwarte

Der Trainer

Wer Sportchef Larry Mitchell fragt, wer der «härteste Hund» in seinem Team sei, dem entgegnet er: kein Spieler. Sondern der Trainer. Er muss es wissen, er hat Gerry Fleming ja auserwählt und eingestellt.

PENNY DEL: Löwen Frankfurt - Kölner Haie, Eissporthalle Frankfurt, 28.02.2023 Gerry Fleming Headcoach Löwen Frankfurt, Löwen Frankfurt - Kölner Haie, Frankfurt, Eissporthalle, 28.2.2023 *** PENNY DEL  ...
Gerry Fleming ist der neue starke Mann an Klotens Bande.Bild: www.imago-images.de

Als Spieler war der bärenstarke Kanadier mit einer Grösse von fast zwei Metern und einem Kampfgewicht von über 100 Kilo vor allem in den Farmteams ein «Goon» der alten Schule: mit furchteinflössenden 1142 Strafminuten in bloss 298 Partien und einem Saisonrekord bei den Junioren von 324 Strafminuten in 47 Spielen. Aber ein hockeytechnischer Schlägertyp mit Tiefgang: Nebenbei hat er den Bachelor in Psychologie und Soziologie gemacht. Er tingelte als Coach lange durch die Farmteamliga AHL und die drittklassige ECHL (1998 bis 2018).

Erst letzte Saison war er in Frankfurt erstmals in Europa Cheftrainer und hielt den Aufsteiger (Löwen Frankfurt) auf Rang 10 überraschend in der DEL. Nach Auskunft der Gewährsleute aus Deutschland gilt Gerry Fleming als konservativer, «sturer Hund». Aber: Jeff Tomlinson war in die Trainersuche involviert, auch er hat Gespräche mit dem neuen Bandengeneral geführt. Das ist ein gutes Zeichen. Jeff Tomlinson – er arbeitet als Bindeglied zwischen Coach und Sportchef weiter für den Klub – verfügt über exzellente Menschenkenntnis und er wird sich kaum ausgerechnet bei einem Landsmann und Berufskollegen geirrt haben.

Und ein bisschen verbaler Pfeffer in der Kabine kann der Leistungskultur nicht schaden. Aber die Entlassungsgefahr ist hoch, zumal Jeff Tomlinson wohl vorübergehend übernehmen könnte.

Die Stärken und Schwächen

Miro Aaltonen und Niko Ojamäki sind Klotens dynamischstes Offensiv-Duo seit Tommi Santala und Kimmo Rintanen und können dafür sorgen, dass die Offensive besser sein wird als letzte Saison (140 Tore, viertschwächste der Liga).
Der neue Trainer Gerry Fleming ist mit der helvetischen Hockey-Mentalität nicht vertraut – toben wie in nordamerikanischen Farmteamligen oder in der höchsten deutschen Spielklasse geht nicht.
Die Weiterbeschäftigung von Jeff Tomlinson als «Berater» ist Gold wert: Der Kanadier kann die kleinen internen Unstimmigkeiten erkennen und auflösen, bevor sie zu unlösbaren Problemen werden.
Die hohe Erwartungshaltung nach der guten letzten Saison verändert die Ausgangslage für ein Team, das nominell nicht erheblich besser geworden ist. Erst recht in der schwierigen zweiten Saison nach dem Aufstieg.
Juha Metsola ist einer der besten Goalies der Liga und der Teams, die um die «Kellermeisterschaft» spielen: Er ist noch besser als Ambris Janne Juvonen und Langnaus Luca Boltshauser.
Kloten hatte auch mit Juha Metsola letzte Saison die zweitschwächste Abwehr der Liga. Es ist fraglich, ob nun Rajan Sataric und Leandro Profico für eine Verbesserung der defensiven Stabilität sorgen können, die für ein Erreichen der Playoffs unerlässlich ist.

Die Prognose

Kloten in die Playouts? Mit einer nominell ungefähr gleichen Mannschaft, die letzte Saison nur einen einzigen Punkt weniger geholt hat als der grosse SCB und einen mehr als Lugano? Beweist denn nicht gerade der FC Winterthur im Fussball, dass ein Aufsteiger auch in der schwierigen zweiten Saison bestehen kann?

Tatsächlich hat Kloten hockeytheoretisch erneut das Potenzial, um die Überraschungsmannschaft der Saison zu werden und erneut bis auf Rang 9 zu klettern. Aber zwei Faktoren mahnen zur Bescheidenheit und Demut. Erstens: Die Abhängigkeit von den Ausländern – sie sind über alle Positionen gesehen eher besser als letzte Saison – ist offensiv und defensiv extrem und nach wie vor können die Schweizer diese Mannschaft nicht auf Rang 9 hinauftragen.

Zweitens ist offen, ob der neue Trainer Gerry Fleming in der ganz besonderen Klotener Hockeykultur den richtigen Ton findet. Im schlimmsten Fall also Rang 13 und dann würde in den Playouts wohl ein neuer Trainer an der Bande stehen. Was gegen eine Wiederholung von Rang 9 spricht: Versuche mal, fünf Teams aufzuzählen, die in der neuen Saison wieder hinter Kloten klassiert sein werden. Wenn sich diese pessimistische Prognose als falsch erweisen sollte, hat der Chronist schon eine Ausrede parat: Er meinte es gut mit Kloten und wollte nicht mit einer zu optimistischen Prognose den Erfolgsdruck erhöhen.

Prognose: Platz 13

Beim Manager-Game «Topscorers» erhält jeder Spieler ein Zufallskader à 16 Spieler im Wert von CHF 3 Mio. sowie ein Transferbudget von CHF 1 Mio. Innerhalb einer Fantasy-Liga gibt es jeden Spieler nur einmal und Punkte sammelt man durch die Performance der Akteure in der Realität (Eiszeit, Tore, Assists, +/-, Blocked Shots,etc.).

Marktwert-Spitzenreiter beim EHC Kloten

Name

Punkteschnitt

Marktwert

Miro Aaltonen

82.09

541'376

Jonathan Ang

77.67

530'559

Lucas Ekestahl-Jonsson

68.29

388'272

Weitere Infos und Download der App: www.topscorers.ch

Der Spielplan

Idee, Konzept und Inhalt: Klaus Zaugg. | Redaktionelle Betreuung: Adrian Bürgler, Ralf Meile. | Technische Umsetzung: Nicole Christen, Carlo Natter, Philipp Reich, Raphael Strebel. | Spielerportraits: nationalleague.ch.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
HCD, SCB, ZSC und? Diese Klubs wurden schon Schweizer Hockey-Meister
1 / 13
HCD, SCB, ZSC und? Diese Klubs wurden schon Schweizer Hockey-Meister
HC Davos: 31 Titel, 6 seit 1986; zuletzt Meister: 2015.
quelle: keystone / ennio leanza
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Das könnte dich auch noch interessieren:
10 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
SBP
06.09.2023 11:02registriert Mai 2018
Wenn der neue Trainer die Mannschaft erreicht und die Arbeit von Tomlinson weiterführen kann, dann traue ich den Klotener eine Überraschung zu. Sie haben viele interessante Spieler!
306
Melden
Zum Kommentar
10
Herz- statt Kopf-Hockey und ein «Freispruch» für den ZSC-Trainer
Erstmals seit 2018 herrscht bei den ZSC Lions der Ausnahmezustand, den sie für einen Titelgewinn benötigen. Warum wir einen der intensivsten, schnellsten und unberechenbarsten Finale unserer Geschichte sehen.

Die ZSC Lions, 1997 von hockeybegeisterten Zürcher Kapitalisten erschaffen, sind am besten im Ausnahmezustand. Nur einer von sechs Titeln (2014) ist unter mehr oder weniger normalen Umständen im Final gewonnen worden (2014 mit 4:0 gegen Kloten). Um alle anderen Finalserien ranken sich Legenden, Mythen, Dramen und allerlei Heldengeschichten und alles war gut gewürzt mit Emotionen. Zuletzt im Frühjahr 2018. Die taktischen Elche Hans Wallson und Lars Johansson werden rechtzeitig gefeuert. Mit dem Schmirgelpapier-Psychologen Hans Kossmann stürmen die Zürcher vom 7. Platz aus zum bisher letzten meisterlichen Triumph und werden im 7. Spiel auswärts in Lugano Meister.

Zur Story