Timo Helbling hat schon für grosse Teams wie Davos, Kloten, Lugano und Fribourg gespielt. Aber Schweizer Meister war er noch nie. Für ein WM-Aufgebot hat es ihm erst zweimal gereicht. 2010 (Deutschland) und nun für Prag 2015.
Mehr als 14 Skorerpunkte hat Helbling in der NLA-Qualifikation noch nie produziert. Aber schon sechsmal mehr als 100 Strafminuten verbüsst. Er ist also kein Star. Aber kein anderer Schweizer hat aus seinem Potenzial bei dieser WM in Prag bisher so viel gemacht wie Timo Helbling.
Keiner spielt so nordamerikanisch wie er. Und nur wenige sind mit so viel Leidenschaft bei der Sache. Helbling ist im besten Wortsinne das, was die Nordamerikaner im Hockey einen «Warrior» nennen. Ein Krieger. Ein Viertelfinale gegen ein nordamerikanisches Team ist so ganz nach seinem Gusto.
In Prag steht Timo Helbling nach den Gruppenspielen zwar ohne Skorerpunkt, mit acht Strafminuten und mit einer Minus-3-Bilanz da. Auf den ersten Blick kein guter Leistungsausweis. Aber auch Mark Streit hat eine Minus-3-Bilanz. Und was vor allem zählt: In den Schicksalspartien gegen die vermeintlich «Kleinen» hat er mindestens dreimal auf der Linie gerettet und sichere Gegentreffer verhindert. Das sei keine grosse Sache, sagt er: «Dafür bin ich ja da.» Wer behauptet, ohne Timo Helbling hätten wir gegen den Abstieg gespielt, hat nicht ganz unrecht.
Die gute WM in Prag könnte der Auftakt zu einem zweiten Frühling werden. Fribourg-Gottéron hat Timo Helbling ausgemustert, zum SCB abgeschoben und dafür den Stürmer Ryan Gardner bekommen. «So ist es nicht ganz», korrigiert Timo Helbling.
«Bern wollte mich und Fribourg hat nicht aus sportlichen, sondern aus finanziellen Gründen auf meine Dienste verzichtet. Schon vor den Playoffs bot der SCB Michael Loichat zum Tausch an, aber Fribourg wollte nicht. Nach der Saison hat mir Sportchef Christian Dubé eröffnet, der Klub habe finanzielle Schwierigkeiten und müsse deshalb auf meine Dienste verzichten. So könne man viel Geld sparen. Ich hätte, wenn ich darauf bestanden hätten, auch zu einem anderen Klub wechseln können und verhandelte unter anderem mit Klotens Sportchef. Aber die Chance, für den SCB zu spielen, wollte ich mir einfach nicht entgehen lassen. Ich freue mich sehr auf die Saison in Bern.» Er hat einen Vertrag bis Ende der nächsten Saison.
Und so wird Bern nach Davos, Windsor, Milwaukee, Toledo, Salt Lake City, Tampa, Springfield, Washington, Hershey, Rochester, Kloten, Lugano, Oulu, Zug und Gottéron die 16. Station seiner bewegten Karriere, die ihm auch elf NHL-Spiele (ein Assist) und mehr als 300 Partien in den nordamerikanischen Junioren- und Farmteamligen beschert hat.
Prag 2015 hat gezeigt, dass Timo Helbling mit 33 Jahren so etwas wie eine defensive Altersweisheit bekommen hat. Der wilde Haudegen, der oft seine eigenen spielerischen Möglichkeiten überschätzte, verteidigt auf höchstem internationalem Niveau mit erstaunlicher Verlässlichkeit. Wird er am Ende doch ein Gewinn für den SCB?
Jedenfalls spricht vieles für einen goldenen Karriere-Herbst. Und privat läuft es sowieso bestens. Er hat seinen Master in Finanzwissenschaften abgeschlossen. Damit eröffnen sich für ihn nach dem Eishockey Karrierechancen in der Finanzindustrie. «Ich möchte in meinem Leben auch noch etwas anderes als Eishockey kennenlernen.» Nun steht auch fest, dass er seine langjährige amerikanische Freundin heiraten wird. Er hat sie vor gut zehn Jahren in Montréal durch Mark Streit kennen gelernt. «Ich besuchte Mark in Montréal und sie war in Begleitung von Marks damaliger Freundin beim Essen dabei.» Also sozusagen Liebe auf den ersten Blick? «Ja, so ungefähr.»
Seine Freundin hat in der Schweiz Finanzwissenschaften studiert und arbeitet in Zug bei einer international tätigen Firma. Deshalb hat Timo Helbling seinen Wohnsitz seit dem Gastspiel beim EV Zug in Zug behalten. Das wird auch nächste Saison so sein, wenn er beim SCB spielt.