Die erste Runde des Drafts findet in der Nacht auf Freitag, 8. Juli, um 1 Uhr morgens statt. Die restlichen Draft-Runden finden am 8. Juli ab 16 Uhr statt.
Nachdem die letzten zwei Drafts aufgrund der Coronavirus-Pandemie jeweils virtuell stattgefunden haben, läuft dieses Jahr wieder alles nach dem üblichen Prozedere ab. Der Draft findet in Montreal im Bell Center statt, mit allen Teams und den wichtigsten Draft-Kandidaten vor Ort.
Für Schweizer ist es schwierig, den Draft zu schauen. Die erste Runde wird auf ESPN gezeigt, die Runden zwei bis sieben werden auf ESPN+ übertragen.
Der NHL-Entry-Draft ist ein Event, bei dem sich die 32 Teams der NHL jährlich die Rechte an den besten Eishockey-Junioren im Alter von 17 bis 20 Jahren (selten auch älter) sichern können. Wenn ein Team sich die Rechte an einem Spieler gesichert hat, darf dieser bei keiner anderen NHL-Organisation unterschreiben, es sei denn, die Rechte sind getauscht worden.
Der Draft besteht aus sieben Runden, wobei jedes Team in jeder Runde ein Draft-Recht (Draft-Pick) zur Verfügung und somit zumindest theoretisch sieben Picks pro Draft hat. Je früher ein Draft-Pick ist, desto wertvoller ist er.
Die Reihenfolge der Draft-Picks ab Runde 2 ist die umgekehrte Version der NHL-Rangliste. Das schlechtplatzierteste Team der Saison (dieses Jahr sind es die Montreal Canadiens) wählt zuerst, der Stanley-Cup-Sieger (Colorado Avalanche) zuletzt.
In der ersten Runde bestimmt die Draft-Lotterie, welches Team den Nummer-1-Pick erhält, um absichtliches Tanking zu vermeiden. Es ist ein komplizierter Modus, aber einfach gesagt: Jede der 15 Mannschaften, welche die Playoffs verpasst haben, hat eine Chance, besser zu draften, als sie klassiert waren. Je schlechter die Saison war, desto grösser die Chance auf einen guten Pick. Die 16 Playoff-Teams werden in der ersten Runde wie im Rest des Drafts in der umgekehrten Reihenfolge der Rangliste angeordnet (Stanley-Cup-Sieger zuletzt).
Die Montreal Canadiens haben die Ehre, im eigenen Stadion den Draft mit dem Nummer-1-Pick zu eröffnen. Die «Habs» waren vergangene Saison das schlechteste Team der Liga und haben in der Draft-Lottery diese Position auch halten können.
An zweiter Stelle dürfen die New Jersey Devils ziehen, die in der Draft-Lottery drei Plätze nach oben gerutscht sind.
Es erinnert etwas ans Jahr 2017, als Nico Hischier gedraftet wurde. Ein kanadischer Stürmer galt lange als sichere Nummer 1, doch ein junger Europäer rückt ihm, je länger die Saison dauert, umso mehr auf die Pelle. Dieses Jahr geht es um Shane Wright und Juraj Slafkovsky. Wright, ein kompletter Center, wird von den meisten Scouts noch immer an erster Stelle gesetzt. Trotzdem scheint es nicht unmöglich, dass Slafkovsky, ein Powerflügel, an erster Stelle gezogen wird.
Für Slafkovsky spricht, dass er es sich bereits gewohnt ist, gegen Erwachsene zu spielen. In 31 Spielen in der finnischen Liga kam er auf je fünf Tore und Assists. Deutlich beeindruckender ist seine Bilanz mit der Slowakei: In kombiniert 15 Spielen bei Olympia und an der WM hat der Flügel zehn Tore erzielt und sechs Assists gegeben. Wrights Talent ist vermutlich grösser als jenes Slafkovskys, aber seine Entwicklung braucht möglicherweise mehr Geduld. 2020/21 fiel die OHL-Saison wegen der Coronavirus-Pandemie komplett aus – Wright verlor damit in seiner noch jungen Karriere ein volles Jahr.
Es fällt auf, dass dieses Jahr viel Uneinigkeit herrscht. Gewisse Scouts sehen Wright immer noch als klare Nummer 1 in diesem Draft. Andere glauben sogar, dass er bis auf den vierten oder fünften Platz zurückfallen könnte.
Andere interessante Spieler, die früh im Draft gehen werden, sind der Kanadier Logan Cooley, der Slowake Simon Nemec und der Tscheche David Jiricek. Cooley ist ein flinker Stürmer, der in seiner Spielanlage an Brayden Point von den Tampa Bay Lightning erinnert. Nemec und Jiricek sind komplette Verteidiger, die beide schon einige Erfahrung im Spiel gegen Erwachsene gesammelt haben. Nemec ist vom Typ her eher Spielmacher, Jiricek überzeugt in der Offensive mit einem starken Schuss.
Die Schweiz hat ein heisses Eisen im Draft-Feuer: Lian Bichsel. Der junge Verteidiger kletterte in den Rankings der Scouts, je länger die Saison dauerte, immer weiter nach oben. Das ist insofern überraschend, da er den Saisonendspurt wegen einer Gehirnerschütterung eigentlich verpasste.
Der 18-Jährige spielte letzte Saison in Schweden bei Leksands und kam in der SHL bereits zu 29 Einsätzen in der ersten Mannschaft. Bichsel ist kein Offensivverteidiger, aber Scouts attestieren ihm relativ gutes Skating für seine Grösse (196 cm/102 kg). Besonders geschätzt wird das physische Spiel und die Reichweite in der Defensive.
Doch die Scouts sind sich nicht ganz einig, wo Bichsel im Draft am Ende tatsächlich landen wird. Während ihn einige – darunter Draft-Guru Corey Pronman – als Kandidat für die mittlere bis späte erste Runde sehen, haben ihn wiederum andere erst gegen Ende der zweiten Runde auf der Liste. Es ist sicher so, dass es Verteidiger gibt in diesem Draft-Jahrgang, die technisch besser sind als der Schweizer. Doch es ist auch eine Tatsache, dass NHL-General-Manager grosse, physische Spieler tendenziell etwas überbewerten. Deshalb scheint eine Draftposition zwischen 15 und 32 für Bichsel durchaus realistisch.
Sonst gibt es nur wenige Schweizer mit realistischen Draft-Chancen. Rodwin Dionicio (Verteidiger/Niagara IceDogs), Lorenzo Canonica (Stürmer/Shawinigan Cataractes), Dario Allenspach (Stürmer/EV Zug) oder Joshua Fahrni (Stürmer/SC Bern) haben Chancen, in den hinteren Runden gezogen zu werden. Es würde aber auch nicht überraschen, wenn Bichsel der einzige Schweizer Draft-Pick bleibt in diesem Jahr.