Fast 107 Minuten mussten sich die Lausanner Fans gedulden, bis sie jubeln konnten. Weit nach Mitternacht, um 0.40 Uhr, erlöste Jason Fuchs die Waadtländer mit seinem Siegtor im zweiten Playoff-Halbfinal-Spiel gegen Fribourg-Gottéron.
Seit der Saison 2017/18 gilt in den National-League-Playoffs: Die Overtime dauert so lange, bis ein Team ein Tor schiesst. Seit dieser Regeländerung sind Marathon-Spiele keine Seltenheit mehr. Dennoch schaffte es das gestrige Spiel zwischen Lausanne und Fribourg in die Top 3 der längsten National-League-Spiele.
Schaut man über die Landesgrenzen hinaus, so gehört die National League in Sachen Overtime-Rekorde nicht zu den Spitzenreitern. Wir werfen einen Blick auf die drei längsten Eishockeyspiele der Welt, auf die längste Partie der National League und die Geschichten dahinter.
13. März 2007: In der norwegischen Eliteserien, der höchsten Liga des Landes, stehen sich im fünften Spiel der Viertelfinalserie die Storhamar Dragons und Sparta Sarpsborg gegenüber. Nach 60 Minuten steht es 1:1 – die Verlängerung muss entscheiden. Erst um 2.32 Uhr Ortszeit, in der achten(!) Verlängerung, erlöst Joakim Jensen die Spieler und das Publikum mit seinem Siegtreffer für das Heimteam Storhamar.
In den Pausen, so erzählte der Siegtorschütze Jensen später der Basler Zeitung, habe der Trainer irgendwann nicht mehr viel gesagt. Es sei vor allem noch darum gegangen, nicht einzuschlafen. Die ungewöhnlich lange Spielzeit hat auch für logistische Probleme gesorgt. Da sich die Essensvorräte im Stadion so langsam dem Ende zuneigten, sprang das nahe gelegene Restaurant ein und versorgte die Spieler mit Pizza und Spaghetti.
Nach dem Erlösungstreffer durch Jensen war der Abend für die Spieler aber noch lange nicht vorbei. Die beiden Teams brachen in der Partie nämlich den Rekord der Detroit Red Wings und der Montreal Maroons für die längste Overtime, der 81 Jahre lang Bestand gehalten hatte. So folgte dem Eishockey-Marathon noch ein Medien-Marathon.
Jensen, der damals als halbprofessioneller Eishockeyspieler nebenbei noch eine Fahrschule betrieb, gönnte sich am nächsten Tag einen freien Tag. Die Serie gegen Sparta Sarpsborg verlor das Team aus Storhamar trotz des spektakulären Overtime-Siegs mit 3:4.
Vor der verrückten Partie in Norwegen gehörte der Rekord für das längste Eishockeyspiel der Geschichte zwei Teams aus der nordamerikanischen NHL. 176 Minuten und 36 Sekunden dauerte es in der Partie zwischen den Detroit Red Wings und den Montreal Maroons, bis das erste Tor des Abends fiel. Der 21-jährige Modere Fernand «Mud» Bruneteau war es, der die Detroit Wings nach einer gefühlten Ewigkeit zum Sieg führte.
Bei Bruneteaus Treffer sei die rote Lampe, die damals noch manuell von einem Torrichter bedient wurde, nicht aufgeleuchtet. Der Mann sei, so erzählt man sich, während der nicht enden wollenden Partie eingeschlafen.
Das drittlängste Eishockeyspiel der Geschichte ereignete sich in den Playoffs der Deutschen Eishockey Liga (DEL). An Toren mangelte es in der Partie zwischen den Kölner Haien und Adler Mannheim nicht – bereits nach zwei Minuten stand es 2:2, nach der regulären Spielzeit stand ein 4:4 zu Buche. Die 16'869 Zuschauer in Köln bekamen viel Eishockey für ihr Geld, die neun Drittel dauerten insgesamt nämlich über sechseinhalb Stunden.
Das siegbringende Tor zum 5:4-Endstand aus Sicht der Haie gelang Philip Gogulla. Der mittlerweile 36-jährige Deutsche, der noch heute aktiv ist, scheint in Marathon-Spielen zu Höchstform aufzulaufen, denn nur drei Jahre später sorgte er auch im drittlängsten Eishockeyspiel in Deutschland für die Entscheidung. In der Playoff-Partie zwischen den Kölner Haien und dem EHC Red Bull München traf er in der 110. Minute zum Sieg.
Laut dem damaligen Haie-Coach Doug Mason sei es irgendwann einfach nur noch darum gegangen, die Spieler bei Laune zu halten: «Ich war mehr Cheerleader», sagte er nach dem Spiel über seine Rolle als Animator. Die Kölner Haie schafften es nach diesem spektakulären Sieg bis in den Playoff-Final, wo sie schliesslich den Eisbären Berlin unterlagen.
Und nun zum längsten Spiel in der höchsten Schweizer Liga. Bis zur 59. Minute war die sechste Playoff-Viertelfinal-Partie zwischen Servette und dem SCB eigentlich eine ganz gewöhnliche – nichts deutete darauf hin, dass das Spiel in die Geschichtsbücher eingehen wird. Bern führte eine Minute vor Schluss komfortabel mit 2:0, der Genfer Torhüter Robert Mayer hatte das Spielfeld bereits verlassen und Servette-Trainer Chris McSorley rief seine Spieler zum Timeout.
Die Worte des aufbrausenden Kanadiers trugen Früchte. Servette setzte zu einem Schlussfurioso an und rettete sich mit Toren von Tommy Wingels und Daniel Winnik in die Verlängerung.
Was folgte, war für Zuschauende und Spieler wahrlich kein Augenschmaus. Den beiden Teams, die sich bereits im fünften Spiel über 95 Minuten gefordert hatten, war die Müdigkeit anzusehen, Chancen wurden zu Mangelware. So war es auch nicht erstaunlich, dass dem Berner Treffer durch Mark Arcobello in der 117. Minute ein Fehler der Genfer vorangegangen war. Mike Völlmins Versuch, die Scheibe mit der Hand zu kontrollieren, misslang komplett und diente Arcobello als perfekte Vorlage zur Berner Erlösung.
Bern entschied mit dem Overtime-Sieg nicht nur die Partie, sondern auch die Serie für sich. Trotz der kräfteraubenden Viertelfinal-Serie holten sich die «Mutzen» in jener Saison den Meistertitel. Doch auch für Servette gab es an diesem denkwürdigen Abend etwas zu feiern. Goran Bezina und Trainer Chris McSorley feierten während der Partie beide Geburtstag – zwar nicht am selben Tag, aber im selben Spiel.
Eigentlich fand das längste Eishockeyspiel in Edmonton, Kanada statt. Mehr als zehn Tage lang balgten sich über vierzig Spieler um den Puck und erzielten dabei 5177 Tore. Bei der Partie handelte es sich jedoch nicht um ein reguläres Spiel, sondern um eine Spendenaktion, bei der 1,3 Millionen Franken für den Kampf gegen Krebs erspielt wurden.