Der Saisonstart hätte für den EHC Biel kaum bitterer sein können: Drei Mal führten die Seeländer bei Meister ZSC. Drei Mal kassierten die Gäste den Ausgleich und dann 0,01 Sekunden vor dem Ende tatsächlich noch das entscheidende 3:4. Statt mit Punkten stiegen die Bieler mit gebrochenen Herzen wieder in den Bus nach Hause.
Doch es gab auch Lichtblicke – dank den diversen Youngstern in der Aufstellung. Jonah Neuenschwander (16) führte als Center die dritte Linie an, während Leo Braillard (20) eine Reihe weiter hinten wirbelte. In der Verteidigung übernahmen Niklas Blessing (19) und Rodwin Dionicio (21) Verantwortung. Diverse andere Youngster stehen in Biel oder beim Partnerteam in Olten im Kader. Kaum ein anderes Team in der National League baut den Nachwuchs so konsequent und regelmässig ein und auf.
«Es gab gar keinen anderen Weg, als diese Verjüngung voranzutreiben», sagt Ueli Schwarz, Verwaltungsratsdelegierter beim EHC Biel in der neusten Folge des «Roost/Röthlisberger – Hockey-Talk». 2023 war der EHC Biel (fast) auf dem Höhepunkt und verlor den Playoff-Final gegen Servette nur knapp in Spiel 7. Ein Jahr später verliessen mit Yannick Rathgeb (zu Fribourg), Luca Hischier (Servette), Tino Kessler (Davos), Joren van Pottelberghe (Lugano), Mike Künzle (Zug) und Beat Forster (Rücktritt) den Klub. Nun sind auch noch Damien Brunner (Rücktritt) und Luca Cunti (GCK Lions) weg. Das ist schlicht unmöglich zu ersetzen. «Wir haben finanzielle Limiten in Biel, die eingehalten werden müssen», erklärt Schwarz. «Wir können nicht einfach sagen, wir kaufen jetzt fünf Nationalspieler, selbst wenn wir das wollten.»
Man habe immer gewusst, dass diese Ära, die mit dem Einzug in die Tissot-Arena und dem Zuzug von Jonas Hiller begonnen hat, einmal ende. Darum der Fokus auf die Jugend. Dort habe der EHCB schon seit Jahren sehr viel investiert. «Ich glaube, ich darf ohne Arroganz sagen, dass Biel diesbezüglich zu den besten Organisationen der Schweiz gehört», sagt Schwarz. Umso wichtiger sei es, dass diese Spieler nun auch eine Chance erhalten, sich auf höchstem Niveau zu beweisen.
«Der Umbruch war etwas heftiger, als wir das vielleicht geplant hatten», gibt der 65-Jährige zu. Das sei dem Markt und anderen Dingen geschuldet. «Letztes Jahr war die Verletzungswelle ein Treiber der Jugendbewegung. Viele Junge mussten schlicht und einfach spielen, weil uns Spieler fehlten», erklärt Schwarz. Das habe in den Resultaten ein wenig geschmerzt, den Klub-Verantwortlichen aber auch gezeigt, dass Talente vorhanden seien, auf die sie setzen können.
Natürlich könne man momentan auch sportlich nicht die gleichen Perspektiven bieten wie andere Klubs, meint Schwarz: «Die Chance auf den Titel ist sicher geringer als anderswo.» Darum bauen sie jetzt eine Mannschaft auf, die sich Schritt für Schritt verbessere und irgendwann wieder eine Hand Richtung Pokal ausstrecke.
Gleichzeitig kritisiert der MySports-Experte auch die aktuellen Zustände auf dem Transfermarkt: «Wenn ich als Sportchef vor 15 Jahren einem Spieler einen 7-Jahresvertrag gegeben hätte, wäre ich entlassen worden.» Diese langfristigen Verträge seien mit extremem Risiko verbunden, da sie sich kaum versichern lassen. «Wenn da etwas schiefgeht aus gesundheitlicher Sicht, dann sitzt da viel Geld auf der Tribüne.»
Und er erhebt den Mahnfinger bezüglich der Qualität im Schweizer Eishockey-Nachwuchs. Man müsse aufpassen, dass man diesen in den Zeiten einer brummenden National League nicht vergesse, warnt Schwarz. Er bringt konkrete Vorschläge: «Das oberste strategische Ziel von allen Klubs muss sein: Wie bringen wir mehr Spieler raus?» In der Schweiz geschähen die Selektionen viel zu früh, insbesondere weil man wisse, dass sich der Schweizer Nachwuchs etwas später entwickle als die internationale Konkurrenz.
«Die Hälfte des Jahrgangs wird mit 14 Jahren enorm zurückgebunden. Das ist für mich ein Kapitalfehler.» Und weil dann später viele der besten Junioren ins Ausland abwandern oder in der National League eine Chance erhielten, würden den U21-Teams plötzlich Spieler fehlen. Schwarz plädiert darum für eine spätere Selektion. «Das gibt uns mehr Spieler. Und auch wenn es nicht jeder in die NHL oder National League schafft, gibt uns das später vielleicht einen Schiedsrichter, einen Trainer oder einen Nachwuchschef», argumentiert der Berner. Schwarz ist sich sicher: «Das könnte dem Schweizer Eishockey schon sehr fest helfen.»