Am 9. April 2015 verlieren die Lakers in Langnau 1:5. Es ist die vierte Niederlage hintereinander in der Liga-Qualifikation. Die Stunde null. Die Lakers steigen nach sieben mageren Jahren zum ersten Mal in ihrer Geschichte ab. Seither sind wieder sieben Jahre vergangen und aus den Miserablen sind die Respektablen geworden. Die Rückkehr unter die besten Teams des Landes hat durchaus ihre Logik.
Eishockey in St.Gallen? Gibt es nicht. Die Rapperswil-Jona Lakers werden draussen im Land eher – wie Kloten – der provinziellen Zürcher Hockey-Kultur zugeordnet.
So leben die Lakers im Windschatten der nationalen Medien in einem «Hockey-Disneyland». Sie werden nicht wie so viele ihrer Konkurrenten von ungeduldigen Geldgebern, ruhmsüchtigen Anhängern oder polemischer Berichterstattung von einem Irrtum zum nächsten getrieben und sie werden nach wie vor unterschätzt. Auf und neben dem Eis.
Die Lakers sind kein Team der grossen Namen. Torhüter Melvin Nyffeler ist der einzige Schweizer mit WM-Erfahrung. Aber sieben Spieler haben in den letzten drei Jahren eine Junioren-WM bestritten. Die Dynamik, die taktische Intelligenz und die spielerische Substanz dieser Mannschaft werden nach wie vor unterschätzt. Unterschätzt wird auch die wirtschaftliche Stabilität. Niemand bringt Milliardäre mit den Lakers in Verbindung.
Aber Hans-Ueli Rihs, der Bruder des im April 2018 verstorbenen YB-Besitzers Andy Rihs gehört zu den langjährigen Verwaltungsräten. Der Wirtschaftsraum rund um Rapperswil-Jona, diesem «goldenen Dreieck» an der Schnittstelle der Kantone Zürich, Schwyz und St.Gallen an den Ausläufern der Zürcher Goldküste, ist eine der reichsten Gegenden der Welt.
Aber nicht das Geld eines Mäzens hat den Lakers die Rückkehr ermöglicht. Wichtiger für dieses Hockey-Wunder im «goldenen Dreieck» sind Geduld und eine ganze Reihe von Entscheidungen, getroffen in der Windstille und mit der Geduld, die finanzielle Stabilität ermöglichen. Plus ein bisschen Glück.
Die Lakers machen nach dem Abstieg den langjährigen Spieler Markus Bütler zum Geschäftsführer. Er ist es heute noch und gilt als Architekt der Renovationsarbeiten. Nach der Promotion wird nicht einfach mit viel Geld nach- und aufgerüstet. Vielmehr gelingen Erneuerung und Weiterentwicklung der Mannschaft unter Wahrung schwarzer Zahlen. Die zwei wichtigsten Positionen werden neu richtig besetzt. Von Gottéron kommt Torhüter Melvin Nyffeler und das Traineramt übernimmt Jeff Tomlinson. Zweimal scheitern die Lakers im NLB-Final. Im dritten Anlauf schaffen sie auf Kosten von Kloten bereits den Wiederaufstieg.
Im Sommer 2019 wird Jannick Steinmann Sportchef. Schon zu diesem Zeitpunkt sind Kenner sicher, dass der nächste Trainer Stefan Hedlund heissen wird. Und siehe da: Seit dieser Saison coacht der Schwede tatsächlich und erfolgreich die Lakers.
Janick Steinmann hat im Frühjahr 2021 den Mut, den Vertrag von Trainer Jeff Tomlinson nach sechs erfolgreichen Jahren (Aufstieg, Cupsieg, NL-Halbfinal) nicht mehr zu verlängern. In Bern, Davos, Fribourg, Zürich oder Lugano könnte es sich ein Sportchef nicht leisten, einem Erfolgstrainer den Laufpass zu geben. Das ist nur in der ganz besonderen Welt der Lakers möglich. Aber der Entscheid ist richtig und hat eine Logik: Als ehemaliger Assistent seines neuen Trainers weiss Janick Steinmann um dessen Qualitäten.
Was dem Sportchef auch hilft: Als ehemaliger Scout kann er das Potenzial von Spielern einschätzen. Ein Beispiel: In Davos steht Nando Eggenberger im Laufe der Saison 2019/20 dem Ende seiner Profikarriere näher als einer Vertragsverlängerung. Nun ist er bei den Lakers der zweitbeste Skorer und fünftbester Schweizer der Liga. Aber auch Verteidiger David Aebischer oder die Stürmer Nico Dünner und Marco Lehmann sind Talente, die von der Konkurrenz übersehen worden sind. Das Glück der Lakers hängt also nicht an grossen Namen. Nur Torhüter Melvin Nyffeler ist unersetzlich und er hat bereits bis 2026 verlängert.
Die Kadertiefe ist inzwischen erstaunlich. Janick Steinmann hat eine tragfähige Basis für weitere Fortschritte gelegt. Die Mannschaft ist qualitativ und quantitativ besser, aber nicht teurer als letzte Saison. Und damit die Kunde von der formidablen Arbeit in Rapperswil-Jona künftig auch die Welt westlich des Baregg-Tunnels und südlich des Hirzel-Passes erreicht, ist die «Propaganda-Abteilung» verstärkt worden: Der bekannte TV-Reporter Stefan Bürer ist der neue «Leiter PR + Kommunikation». Er hat den Weg Roger Federers vom Ballbuben zum globalen Champion als sprechender Chronist begleitet. Bei den Lakers muss er nicht mehr auf dem Niveau der Ballbuben beginnen.
Wie hoch werden die Lakers noch steigen? Ist gar erstmals in der Geschichte (seit 1945) ein NL-Final oder ein Meistertitel möglich? Nun, der letzte Schritt vom guten zum meisterlichen Team ist mit der schwierigste. Noch unendlich viel schwieriger als der Schritt von den Miserablen zu den Respektablen.