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Eismeister Zaugg

Eismeister Zaugg: Die Analyse zum 0:6 des HC Lugano gegen den SC Bern

Lugano’s player Ryno Johan, during the preliminary round game of National League A (NLA) Swiss Championship 2019/20 between HC Lugano and SC Bern at the ice stadium Corner Arena in Lugano, Switzerla ...
Luganos Ryno Johan steht die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben.Bild: KEYSTONE
Eismeister Zaugg

0:6 in Lugano oder die Magie der letzten Tage

Am Ende geht es nicht mehr um Logik und Taktik. Nie wird mehr gerechnet und prognostiziert, aber nie ist Hockey mehr archaisches Spiel, das auch in den Köpfen entschieden wird als in den letzten Tagen der Qualifikation. Dazu passt Luganos krachendes 0:6 gegen den SCB. Müssen Lehrbücher umgeschrieben werden?
23.02.2020, 07:2623.02.2020, 12:37
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Zur Magie der letzten Tage gehört die Versuchung, alles noch besser zu machen. Noch mehr für den Erfolg zu tun. Ja, alles menschenmögliche vorzukehren. Lugano hat sechs der letzten acht Spiele gewonnen und sechs Punkte Reserve auf Platz 9. Nur noch vier Partien oder 240 Minuten – und dann ist das Ziel erreicht. Die Segel für die Playoffs sind gesetzt. Einfach so weitermachen. Dann passiert nichts mehr.

Aber eben: es sind die letzten vier Partien. Die Magie der letzten Tage. Da kann nicht einfach alles so weitergehen wie bisher. Lugano lässt für diese vier letzten Spiele Dr. Saul L. Miller einfliegen. Einen der berühmtesten Sportpsychologen der Welt. Wahrscheinlich weiss keiner mehr über die Bewältigung von Stress-Situationen im Sport und über das, was wir «Winner-Mentalität» nennen. Ich habe seine Bücher alle gelesen. «Performing under Pressure» - «The complete Player – the psychology of winning Hockey» - «Why Teams Win – Keys to success in Business, Sport and beyond.» - «Hockey tough – Winning the mental game.» Gute Lektüre. Theoretisch könnte ich eine Praxis eröffnen.

Lugano hat diese Saison den SC Bern schon dreimal besiegt. 4:2 und zweimal 5:2. Und nun kommt für die letzten vier Partien auch noch der grosse Magier aus Amerika. Da kann einfach nichts mehr schiefgehen. Alles ist vorgekehrt. Professioneller geht nicht. Grande Lugano.

Die Furcht vor dem Bären

Aber Eishockey, dieses unberechenbare Spiel auf rutschiger Unterlage (damit das auch wieder einmal gesagt ist), entzieht sich aller Logik. Seit der Ankunft von Dr. Saul L. Miller ist Luganos Herrlichkeit in sich zusammengefallen wie ein Kartenhaus. Erst das 3:6 in Fribourg nach einer 2:0 und 3:1-Führung. Das letzte Drittel ging gleich 0:5 verloren. Und nun gleich anschliessend 0:6 gegen den SC Bern auf eigenem Eis. 0:3 schon nach 7 Minuten und 18 Sekunden. Zwei Spiele, die Dr. Saul L. Miller genug Stoff für ein neues Buch liefern: «Hockey's Dooms Day under Palm Trees.» Ich freue mich schon auf seine Debakel-Analyse. Müssen seine Lehrbücher gar umgeschrieben werden?

EVZ Mentalcoach Saul Miller verfolgt das sechste Eishockey Playoff-Finalspiel der National League A zwischen dem EV Zug und dem SC Bern, am Montag, 17. April 2017 in der Bossard Arena in Zug. (KEYSTON ...
Mentalcoach Saul Miller agiert glücklos.Bild: KEYSTONE

Zur Magie der letzten Tage gehört eben auch die Furcht vor dem Bären. Vor dem grossen Namen. Vor den Männern, die dieses Krafttier auf ihren Gewändern aufgenäht haben. In diesen Tagen wird Eishockey auch in den Köpfen entschieden. Die «Bärenenergie» – so meinen die nordamerikanischen Schamanen – verhilft dem Menschen aus seiner inneren Haltung heraus eine Kraft zu entwickeln, die sie zur Durchsetzung ihrer Ziele – wie beispielsweise das Erringen eines Meistertitels oder die Qualifikation für die Playoffs – benötigen.

Die «komische Grazie» der Berner

Es gibt eine wunderbare vergleichende Charakterkunde zwischen Bär und Berner, geschrieben von Paul Maillefer (1862 – 1929), einem Geschichtsprofessor aus dem Waadtland. Ungeschminkt, aber offenkundig nicht ohne Ressentiment ist das Bild, das der Freimaurer und ehemalige Nationalratspräsident vom Berner und ihrem Hockey-Wappentier zeichnet.

«Kein anderes Tier könnte den Bernern besser als Sinnbild dienen als der Bär. Seht ihn: er zeichnet sich nicht durch Schönheit aus, aber es fehlt ihm nicht eine gewisse komische Grazie, er scheint schwer und massiv, aber er kann bei Gelegenheit sehr beweglich sein, er scheint grenzenlos gutmütig, zu nichts schlimmem fähig, gerne möchte man ihm die Hand geben – aber in seiner Samttatze verbergen sich furchtbare Krallen. Der Erfolg, sagt man, besteht darin, keine Nerven zu haben. Einverstanden. Aber auch darin, keine Furcht, und Freund und Feind gegenüber weder Bedenken noch Rücksicht zu kennen.»

Da kann man nur sagen: Lugano – SCB 0:6. Der Triumph der Bärenenergie über Dr. Saul L. Millers Psychologie. Ist jetzt alles klar? Bern doch noch in den Playoffs? Auf Kosten Luganos? Nur jetzt keine Prognosen. Es ist immer noch möglich, dass es doch Lugano schafft. It’s not over before the fat lady sings.

P.S.: Bär heisst auf finnisch Karhu. Der Vater der SCB-Auferstehung ist der finnische Torhüter. Er heisst Tomi Karhunen.

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43 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Töfflifahrer
23.02.2020 08:45registriert August 2015
Man lässt ‚den‘ Psychologen einfliegen wow. Damit zeigt man erstens, dass man dem Team nicht zutraut erfolgreich zu spielen und hat einen weiteren Fachmann der dem Staff reinredet. Die Spieler hingegen lehnen sich zurück und vertrauen darauf, dass genau dieser Fachmann ja die Verantwortung für Sieg oder Niederlage trägt.
Ist die Mannschaft ein Team, ist das alles absolut unnötig, die wissen selbst was die zu tun haben.
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Zanzibar
23.02.2020 07:37registriert Dezember 2015
Bern wird sich die Butter kaum mehr vom Brot nehmen lassen und ist im Viertelfinale ein höchst gefährlicher Gegner für den HCD, EVZ aber auch ZSC.
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fools garden
23.02.2020 08:12registriert April 2019
Der Eismeister, süffige Geschichten, süffig zu Lesen.
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