Die Geschichte steht als Beispiel dafür, wie verdiente und tüchtige Hockey-Generäle unschuldig in den Ruch der Erfolgslosigkeit, ja des Ruinösen geraten können. Nur weil sie zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort sind.
Um ja nicht den Verdacht einer Polemik zu wecken, hier bloss eine Zusammenfassung der Fakten. Was sich zwar etwas langweilig liest. Aber der Wahrheitsfindung und Volksaufklärung dient. Der Leser möge nicht zürnen, wenn da und dort ein Datum nicht stimmen sollte. Es ist halt gar viel passiert.
Anfang des Wintermonates (November) 2012 verpflichten die SCL Tigers Jakob «Köbi Kölliker», den einstigen Kultverteidiger, langjährigen Assistenten von Ralph Krueger und U20-Nationaltrainer als Sportchef.
Noch sind die Langnauer in der NLA und soeben ins neue Stadion eingezogen. Sie stehen zwar auf dem letzten Platz, aber sie stehen aufrecht und tapfer im sportlichen Gegenwind. Sie sehen mit Gelassenheit und Zuversicht dem kommenden Abstiegskampf entgegen. Als erfahrene Playoutisten gelten sie als unabsteigbar. Nur ganz bösartige Zyniker orakeln, am Ende werde Köbi Kölliker selber an der Bande stehen. Das aber wird auch von «Köbi» selbst ausgeschlossen.
Heute wissen wir: Es ist der Anfang vom Ende. Mit der Gelassenheit und Zuversicht ist es bald vorbei. Der umtriebige neue Sportchef entfaltet eine hektische Tätigkeit. In einem Satz: Trainer und Spieler kommen und gehen. Am 9. Dezember 2012 wird Kultcoach John Fust gefeuert und durch dessen Assistenten Alex Reinhard ersetzt. Auch Geschäftsführer Ruedi Zesiger geht. Ruhe kehrt nie mehr ein, bis alles in Scherben fällt.
Als der heroische Abstiegskampf beginnt, haben die Langnauer mit Damiano Ciaccio, Remo Giovannini und Thomas Bäumle gleich drei Torhüter. Aber keine Nummer eins mehr. Am Ende wird auch noch Alex Reinhard gefeuert.
Es kommt, wie es die bösartigsten Zyniker vorausgesehen haben: Köbi Kölliker stellt sich zusammen mit seinem alten Kumpel Alfred Bohren selbst an die Bande und versenkt die Langnauer in der Liga-Qualifikation gegen Lausanne in der NLB.
Inzwischen ist über den Hockeyfeldern- und Äckern im Gotthelfland wieder Ruhe eingekehrt. Sportchef Jörg Reber (auch er ein ehemaliger Kultverteidiger) sorgt seit seinem Amtsantritt im vergangenen April für Stabilität rund um die Mannschaft, macht keine unnötigen Transfers um der Transfer willen und geht diskret seinem Tageswerk nach. So wie es sich gehört. Die Langnauer stehen mit 18 Punkten Vorsprung an der Tabellenspitze der NLB. So haben sie in ihrer ganzen Geschichte (seit 1946) nie eine Meisterschaft dominiert.
Letzte Saison dominierte auch der EHC Olten die NLB nach Belieben. Die Oltner siegten in der Qualifikation mit zehn Punkten Vorsprung auf Langenthal und Langnau, Cheftrainer Scott Beattie wurde mit einem Fünfjahresvertrag in den Adelsstand der Sorglosigkeit erhoben. Aber die Solothurner scheitern in der ersten Playoffrunde an La Chaux-de-Fonds (mit Alex Reinhard an der Bande). Ein Betriebsunfall halt. Noch war niemand beunruhigt. Gelassenheit und Zuversicht im Lande des Nebels wurden nicht beeinträchtigt.
Aber Anfang September wird Köbi Kölliker Sportchef beim EHC Olten. Er ist halt mit Oltens Geschäftsführer Peter Rötheli verwandt (Kölliker: «Ja, das stimmt, aber nur entfernt, ich weiss nicht in welchem Grade…»). Nur ganz bösartige Zyniker sagen, am Ende werde Köbi Kölliker auch in Olten an der Bande stehen. Das aber wird auch von «Köbi» selbst ausgeschlossen.
Heute wissen wir bereits: Es ist der Anfang vom Ende der sportlichen Sorglosigkeit. Mit der Gelassenheit und Zuversicht ist es bald vorbei. Der umtriebige neue Sportchef entfaltet eine hektische Tätigkeit. In einem Satz: Trainer und Spieler kommen und gehen. Vor gut drei Wochen ist Kultcoach Scott Beattie gefeuert und durch dessen Assistenten Dino Stecher ersetzt worden. Vorerst heisst der neue Trainer bis auf weiteres Erkki Leime. Ein auch bei uns entlassungsgestählter finnischer Bandgengeneral.
Wie in Langnau gibt es mit Köbi Kölliker auch in Olten eine Unruhe rund ums Team. Transfers, die wenig Sinn ergeben, sorgen für Hektik und tun der Chemie des Teams nicht gut. Und wer profitiert vor allem von den Oltener Hockey-Wirren? Richtig, die SCL Tigers.
Es sind zwar strube Zeiten nach dem Abstieg. Aber die Langnauer finden in der NLB nach und nach ihre wirtschaftliche und sportliche Schlagkraft wieder. Doch gegen eine Mannschaft sind sie ohnmächtig wie einst die alten Griechen bei der Belagerung von Troja. Gegen die schlauen Oltener. Sie verlieren in der NLB-Qualifikation 2013/14 alle Spiele (1:4, 2:5, 3:5, 3:4 n.P. und 3:5). Ja, sie werden beim 3:5 am 2. Februar 2014 geradezu gedemütigt: Die Oltener setzen ihre Ausländer extra nicht ein und gewinnen trotzdem in Langnau 5:3.
Aus der Geschichte wissen wir, dass die alten Griechen doch noch einen Weg gefunden haben, Troja zu erobern. In einem als Geschenk getarnten, hölzernen Pferd schmuggelten sie ihre tapfersten Krieger in die Stadt ein. Daher die Redewendung vom Trojanischen Pferd.
Ende April 2013 haben die Langnauer Sportchef Köbi Kölliker gefeuert und sozusagen wie ein Geschenk auf dem Hockeymarktplatz zurückgelassen wie die alten Griechen das hölzerne Pferd vor den Stadtmauern Trojas. Und wie die Trojaner dieses Pferd auch noch selbst in die Stadt schoben, so haben die Oltner den von den Langnauern zurückgelassenen Jakob Kölliker im Herbst 2014 endlich, endlich doch noch als Sportchef angestellt. Den tapferen Hockey-General in die Hockeystadt geholt, die für die Emmentaler uneinnehmbar war.
Und siehe da: Es funktioniert. Jetzt, da ihr einstiger Sportchef in Olten wirkt, haben die Langnauer in dieser Saison bereits zwei von drei Partien gegen Olten gewonnen. Zuletzt am Donnerstag auf eigenem Eis mit 4:2. Die Oltner Hockey-Stadtmauern sind gefallen wie einst die Befestigungen von Troja. Die Emmentaler haben sich vom «Oltener Komplex» befreit. Auf geht’s Richtung NLA.
Jene, die Verschwörungstheorien lieben und zu bösartigem Zynismus neigen, sagen, die listigen Langnauer hätten Jakob Kölliker wohlweislich entlassen. In der Hoffnung, dass er gleich einem Trojanischen Pferd den Weg ins Innere der scheinbar uneinnehmbaren Oltener Hockey-Festung finden und dort jene Unruhe provozieren möge, die es möglich macht, die Solothurner endlich, endlich zu bodigen. Und genau so ist es nun ja gekommen.
Dabei ist es nun wirklich eine Ungeheuerlichkeit sondergleichen, den tüchtigen Jakob Kölliker als Trojanisches Pferd des Eishockeys zu bezeichnen. Das ist Unsinn. Er hat bloss das Pech, dass er nun zweimal hintereinander zum falschen Zeitpunkt in die falsche Hockeystadt geraten ist. Und in Olten kann er ja noch immer Wunder bewirken.
Aber die Parallelen sind zwischen seinem bisherigen Wirken in Langnau und Olten sind halt schon etwas beunruhigend. Und die Theorie vom Pferd aus Holz hat es im Zusammenhang mit Jakob Kölliker schon einmal gegeben. Auch unser Hockeyverband hat ja seinerzeit auf die Dienste von «Köbi» verzichtet und ihn im Sommer 2011 auf dem freien Markt zurückgelassen. Die Deutschen, unseren Hockey-Erzfeinde, haben nicht lange gezögert und Köbi Kölliker als Bundestrainer für die Saison 2011/12 verpflichtet.
Die Schweizer Hockeylegende scheiterte in Deutschland grandios. Um ein Haar hätte Köbi den Deutschen, 2010 noch stolze WM-Halbfinalisten, gar den Abstieg beschert. Wie hätten da die Schadenfreudigen gelacht! Am 3. Mai 2012 verlor er an der WM mit den Deutschen gegen Norwegen 4:12. Eine historische Pleite, die letztlich zur schmählichen Nicht-Qualifikation für die Olympischen Spiele von 2014 führte.
Der langen Analyse kurzer Sinn: Jörg Reber ist wahrscheinlich der bessere Sportchef als Jakob Kölliker, und die Langnauer freuen sich für Jakob Kölliker, dass er in Olten wieder eine schöne Arbeit gefunden hat. Und das mit dem Trojanischen Pferd ist ein ganz, ganz bösartiger historischer Vergleich.