Wie der «Zaubertrank» den SCB entlarvt – und Hoffnung auf eine «Verschwörung» nährt
Hochmut wird von den Hockey-Göttern unverzüglich geahndet. Im Wesen dieses emotionalen, unberechenbaren und rauen Spiels liegt, dass Nachlässigkeit und Überheblichkeit selbst grosse, mit Talent reichlich gesegnete Teams in die Krise führen. Es geht nicht ohne die Kardinaltugenden, die nichts kosten und doch unbezahlbar sind: Mut, Leidenschaft, Härte, Konzentration, Demut und Bescheidenheit.
Nach dem schmählichen 4:6 gegen Ajoie sind diese kostenlosen Tugenden zurückgekehrt. Und siehe da: Der SCB obsiegt in einem wilden Spektakel in Biel nach Penaltys 6:5. Aber gegen die ZSC Lions war es am nächsten Tag mit der Herrlichkeit schon wieder vorbei und eine schnelle, intensive Partie endete auf eigenem Eis 0:3. Obwohl die Kardinaltugenden nicht fehlten. Der «Zaubertrank» hat den SCB … entlarvt.
Denn: Woran mangelt es, wenn Mut, Leidenschaft, Härte, Konzentration, Demut und Bescheidenheit allein nicht mehr reichen? Am Glück? Manchmal, aber nicht bei diesem 0:3 gegen den Meister. An der falschen Taktik? Manchmal, aber nicht unter Heinz Ehlers. Oder waren die Schiedsrichter schuld? Nein. Gegen die ZSC Lions, die nach acht Niederlagen in Serie wieder in die Spur und zu den erwähnten Kardinaltugenden zurückgefunden haben, fehlte dem SCB schlicht und einfach … das Talent.
Und wer trägt Verantwortung dafür, wie viel Talent ein Team besitzt? Oder besser: Ob ein Team richtig zusammengestellt ist, damit sich die verschiedenen Talente richtig ergänzen? Richtig: der Sportchef.
Fünfeinhalb Jahre nach dem letzten Meistertitel (2019) findet sich der SCB zur Novemberpause auf Rang 13 wieder. Nie zuvor ist ein Schweizer Meister in der Playoff-Ära so schnell so tief gefallen. In der alten 12er-Liga wären der SCB ein Abstiegskandidat. Der Absturz der Berner ist mehr noch als der Höhenflug der Lakers, die inzwischen ausgestandene ZSC-Krise oder das Drama rund um den Hochverrat in Ambri das wichtigste Hockey-Thema des Herbstes 2025.
Zwischenzeitliche Krisen der Grossen sorgen zwar für Gesprächsstoff und Unterhaltung. Aber wenn Krisen repetitiv werden, sind sie nicht gut fürs Geschäft. TV-Quoten und Interesse über die Hockeyszene hinaus gibt es nur, wenn die charismatischen und traditionsreichen Titanen – Davos, die ZSC Lions oder der SCB – um den Titel spielen.
Das permanente Fabulieren in Bern über angeblich fehlende Mittel bei einem Hockey-Gastrokonzern mit rund 60 Millionen Umsatz pro Jahr ist nichts anderes als eine faule Ausrede. Und wenn bei so viel Umsatz am Ende tatsächlich zu wenig Gewinn bleibt, dann ist es Missmanagement. Nach dem Grundsatz der alten Bauern: «Viel Geschrei und wenig Wolle.»
Die SCB-Sportchefs waren in den letzten Jahren die schlimmsten Lohntreiber für Durchschnittsspieler. Der SCB hatte noch nie zu wenig Geld. Die Sportchefs waren nur nicht dazu in der Lage, das Geld klug zu investieren. Das goldene Erbe von Sven Leuenberger – die Meisterteams von 2016, 2017 und 2019 – ist von einer Reihe von Ober-, Unter-, Neben- und Schattensportchefs leichtfertig vertan worden. Angefangen bei Alex Chatelain über Florence Schelling bis zu Andrew Ebbett. Und auch Martin Plüss hat den SCB bislang nicht vorangebracht. Aber immerhin mit Heinz Ehlers den richtigen Nottrainer engagiert – als Ersatz für Jussi Tapola, dessen Vertrag er zuvor ohne Not vorzeitig verlängert hatte.
Seit 2019 fehlt es dem Klub an einer Idee. An einem Selbstverständnis. An Antworten auf die simpelsten aller Fragen: Wer sind wir? Was können wir? Was wollen wir?
Die Transferpolitik ist planlos und mutlos. Das Scouting völlig ungenügend. Nicht einmal die elementare Balance zwischen Links- und Rechtsschützen wurde bedacht. Kaum eine andere Sportabteilung hat sich in den letzten fünf Jahren bei der Rekrutierung des ausländischen Personals und der Trainer so oft und gründlich geirrt. Die Schuld ist immer wieder auf die Trainer abgeschoben worden und bequemlichkeitshalber haben die Sportchefs meistens nach den Wünschen des Trainers transferiert. Nur waren die dann oft nicht mehr da, wenn die gewünschten Spieler angekommen sind. Immerhin sollten die Berner Jussi Tapola dankbar sein, dass er Waltteri Merelä nach Bern geholt hat.
Die Kaiser in den SCB-Sportchefbüros stehen im Herbst 2025 nackt da. Zurzeit auch Martin Plüss. Er trägt als Obersportchef die Verantwortung für die zahlreichen Transferniederlagen der letzten Monate.
Mit Heinz Ehlers haben die Berner erstmals seit Kari Jalonen einen Coach, dem sie Verantwortung und Schuld für ausbleibende Resultate nicht in die Schuhe schieben können. Er kennt die helvetische Mentalität und Liga, war überall erfolgreich – und wirkt so entspannt und souverän wie vielleicht noch nie. Sein Vertrag läuft im Frühling aus. Er muss auf niemanden Rücksicht nehmen. Es könnte Sinn machen, seinen Vertrag nach der Saison zu verlängern. Zu diesem Thema sagt er nur:
Der Neuaufbau braucht Zeit. Das Gerede, in drei Jahren um den Titel spielen zu wollen ist bei einem Klub, der auf Rang 13 steht, töricht ein Zeichen von Grössenwahn in der Chefetage.
Fortschritte werden nicht herbeigeredet. Sie werden erarbeitet. Mit Mut, Leidenschaft, Härte, Konzentration, Demut und Bescheidenheit kann der SCB das Publikum auf dem beschwerlichen und langen Weg nach oben bei Laune halten. Das ist nicht eine Frage des Geldes.
Rang 13 aber nährt eine vergnügliche Hoffnung auf eine kleine «Verschwörung»: Der SCB und die SCL Tigers könnten gegen Ende der Qualifikation irgendwo zwischen Rang 7 und 10 positioniert sein. Die Beziehungen auf der obersten Etage – Verwaltungsrat und Management – sind freundlich und so gut, dass es eigentlich möglich sein müsste, durch diskrete Absprachen und Steuerung der Resultate das Publikum am Ende einer missglückten Qualifikation mit einem ganz besonderen Spektakel zu versöhnen: mit einem Play-In-Derby SCB vs. Langnau. Mit einem Finale furioso. Es wäre die nächste Gelegenheit für eine Polemik.
Aktuelle 
 Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
Punkte
Goals/Assists
Spiele
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