Ein ganz Grosser in der Hockey-Provinz: Kevin Schläpfer (53) hat von Basel aus die nationale Hockeywelt erobert. Zum Nationalspieler reichte es zwar nie (212 Spiele / 59 Punkte in der NLA), aber in der zweithöchsten Liga genoss er Kultstatus (598 Spiele / 538 Punkte). Zu nationaler Bedeutung hat er es erst ab 2006 als Sportchef und Trainer in Biel gebracht. Er hat den Klub bis zu seiner Demission am 14. November 2016 aus der NLB heraus bis in die Playoffs der höchsten Liga geführt.
Im Herbst 2016 wollte ihn der Verband als Nationaltrainer. Er sagte unter Tränen ab. Weil er Biel nicht im Stich lassen könne. Den Job hat Patrick Fischer bekommen. Ein paar Wochen später ging die «Ära Schläpfer» in Biel in einer sportlichen Krise zu Ende. Seither sitzt er am Katzentisch: In Kloten wurde er in der Abstiegssaison gefeuert, in Langenthal endete seine Mission als Sportchef im letzten Frühjahr im freiwilligen Abstieg. So ist er nun heimgekehrt nach Basel, an den Ort seiner Bestimmung.
Wann wird der EHCB populärer sein als der FCB?
Kevin Schläpfer: Ui, ui, ui, das wird in meinem Leben nicht mehr der Fall sein. Es wäre überheblich, dieses Ziel anzustreben.
Was streben Sie mit dem EHC an?
Wir haben die Vision National League. Dorthin wollen wir zurück. Es müsste doch möglich sein, dass Basel eine Stadt wie Bern, Zürich oder Genf wird, mit Klubs in der höchsten Liga im Fussball und im Hockey.
Wie sieht der Zeithorizont aus?
In drei Jahren wollen wir ein Spitzenteam sein, das den Aufstieg anstreben kann. Wenn wir einmal so weit sind, braucht es das Bekenntnis der Basler Wirtschaft zum EHCB, damit wir den Schritt ganz nach oben machen können.
Haben Sie die wirtschaftlichen Voraussetzungen, um ein Spitzenteam in der Swiss League zu sein?
Nein, noch nicht. Wir arbeiten aktuell mit einem Budget von 2,8 Millionen. Um ein Spitzenteam zu werden, brauchen wir ein Budget von fünf bis sechs Millionen und in der National League sind zehn Millionen ein absolutes Minimum.
Basel ist eine der reichsten Städte der Welt. Es müsste eigentlich möglich sein, dieses Geld zu finden.
Das ist das Ziel. Aber wir müssen auch sehen, woher wir kommen. In den letzten zehn Jahren hat der EHC meistens in der höchsten Amateurliga gespielt. Wir sind erst daran, die Grundlagen für einen Spitzenplatz in der Swiss League zu erarbeiten. Es ist an uns, die Voraussetzungen zu schaffen, die einen Investor dazu bringen, bei uns einzusteigen.
Ein wichtiger Punkt wird sein, sich von der Abhängigkeit des grossen Bruders SCB zu lösen.
Nein, da sehe ich kein Problem. Alle Teams in der Swiss League arbeiten mit Klubs der National League zusammen, sogar ein Aufstiegsaspirant wie Olten.
Aber Sie müssen damit rechnen, dass der SCB die Spieler, die er jetzt beim EHC platziert hat, in der entscheidenden Phase im Frühjahr zurückholen wird.
Ja, aber nur im Extremfall. Beispielsweise bei vielen verletzten Spielern in Bern.
Die Verteidiger Louis Füllemann und Nick Meile hat der SCB bereits zurückgeholt.
Ja, weil Jesse Zgraggen verletzt ist und Mika Henauer nach Kloten gewechselt hat. Aber das ist eine Ausnahmesituation.
Wie viele Spieler hat der SCB beim EHC platziert?
Fünf: Torhüter Andri Henauer, die Verteidiger Louis Füllemann und Nick Meile und die Stürmer Santiago Näf und Vincent Ryser.
Sie könnten im Extremfall damit leben, dass alle fünf nach Bern zurückgeholt werden?
Nein. Fünf wären zu viel und für uns ein Problem. Zwei bis maximal drei Rückkehrer zum SCB könnten wir verkraften.
Eine wichtige Voraussetzung für eine stabile sportliche Basis ist die Nachwuchsabteilung. In diesem Bereich besteht Nachholbedarf.
Ja, das ist so. Wir arbeiten intensiv am Ausbau unserer Nachwuchsabteilung und ich bin zweimal pro Woche mit der Talentgruppe auf dem Eis und leite diese Gruppe auch. Wir haben aktuell rund 200 Junioren und diese Zahl wollen wir vergrössern. Das Ziel ist es bis zur U15-Stufe zu den Besten im Land zu gehören, ab dann werden uns viele der besten Talente verlassen und zu einem NL-Klub wechseln, weil wir die Stufe U17 und U20 nicht mehr anbieten können. Unser Nachteil besteht darin, dass unser Standort zu weit weg von den NL-Klubs ist und wir dadurch auf Nachwuchsstufe keine richtige Partnerschaft leben können.
Wie wäre es mit einer engen Zusammenarbeit im Nachwuchsbereich mit Olten? Das würde geografisch Sinn machen.
Ja, das stimmt theoretisch. Aber es funktioniert in der Praxis einfach nicht. Wir müssen uns die Basis in der Nachwuchsarbeit hier in Basel erarbeiten.
Profitieren Sie von der FCB-Krise?
Nein. Natürlich ist die FCB-Krise immer wieder ein Thema, aber allein die Annahme, dass wir nun eine Alternative zum FCB werden könnten, ist arrogant. Es gibt keine Sponsoren, die vom Fussball zu uns wechseln.
Und die Fans?
Auch nicht. Es gibt zwar einige, die ab und an zum Hockey kommen und sagen: Wir schauen auch mal bei euch vorbei, das ist ja ganz cool bei euch. Das ist aber schon alles. So schnell wenden sich die Fans nicht vom FCB ab.
Welchen Einfluss auf die Entwicklung des Basler Hockeys hat der «Faktor Schläpfer»?
Diese Frage müssen Sie anderen stellen, nicht mir.
Aber wir stellen Ihnen die Frage.
Ich bin, wie ich bin, und ich identifiziere mich ganz mit dieser Aufgabe. Meine Arbeit geht über das Amt eines Sportchefs für die erste Mannschaft hinaus. Ich helfe auch im Nachwuchs und beim Marketing oder beim Suchen von Sponsoren.
Haben Sie dem EHCB schon Sponsoren gebracht?
Ja.
Kriegen Sie dafür eine Provision?
Geht es noch? Sicher nicht. Das gehört doch zu meiner Arbeit für den EHC.
Wie steht es mit dem «Schläpfer-Faktor» im sportlichen Bereich?
Wie meinen Sie das?
Sie sind schon viermal in die höchste Liga aufgestiegen. Mit Olten, Langnau und Chur als Spieler, mit Biel als Sportchef und in Biel haben Sie bis heute den Status eines Hockeygottes.
Ja, ja, das stimmt. Aber diese Klubs hatten schon weitgehend die sportlichen Voraussetzungen für den Aufstieg und Parallelen zu Basel sind nicht möglich. In Basel müssen wir – wie ich schon sagte – diese Voraussetzungen erst erarbeiten.
Sie standen im Frühjahr 2022 bei den SCL Tigers bei der Trainerwahl zusammen mit Thierry Paterlini sozusagen im Final und die Wahl fiel den Langnauern schwer. Biels Sportchef Martin Steinegger hat kürzlich gesagt, er traue Ihnen nach wie vor zu, erfolgreich ein Team in der National League zu führen. Und Hand aufs Herz: Eigentlich sind sie als Sportchef in Basel unterfordert. Werden wir Sie noch einmal in der National League an der Bande sehen?
Ihre Behauptung, ich sei in Basel unterfordert, ist unfair. Dagegen verwahre ich mich. Nehmen Sie sich zusammen! Meine Aufgabe in Basel beansprucht mich voll und ganz. Aber die Rückkehr in die National League als Trainer bleibt für mich ein Thema.
Sie trauen sich also nach wie vor zu, ein Team in der National League zu coachen?
Ja, das traue ich mir immer noch zu. Aber wie ich vorhin sagte: Ich identifiziere mich mit meiner Arbeit beim EHCB.
Sie waren überall dort, wo Sie Sportchef waren eher früher oder später auch Trainer. Wann werden Sie Trainer beim EHC Basel?
Also doch. Endlich. Diese Frage musste ja kommen, darauf habe ich die ganze Zeit gewartet. Ob Sie es glauben oder nicht: Wir sehen keinen Grund, warum wir die Position Eric Himelfarb hinterfragen sollten. Ihre Frage ist halt typisch.
Typisch?
Ja, typisch für Sie.