Weil die Saison wegen der Coronavirus-Krise vorzeitig nach den Viertelfinals abgebrochen werden musste, ist der SC Langenthal nach wie vor Meister und Titelverteidiger der Swiss League. Die Langenthaler sind durch die Virus-Krise nicht in finanzielle Not geraten und konkurrenzfähig geblieben. Seit Abbruch der Saison entfallen dank der Kurzarbeitsregelung die Personalkosten.
Bei Kurzarbeit werden zwar nur Löhne bis maximal 148'000 Franken versichert und davon bloss 80 Prozent ausbezahlt. Aber Gian Kämpf sagt: «Bei uns verdient keiner mehr als 150'000 Franken und die Spieler haben bisher auf die 20 Prozent verzichtet, die durch die Kurzarbeitsregelung nicht gedeckt sind.» Dieses grosszügige Entgegenkommen gilt vorerst bis und mit der Mai-Saläre. Bis Mitte Juni werde man das Vorgehen für die Juni-Löhne regeln.
Verliert der SC Langenthal wegen der Virus-Krise Sponsoren? «Das wird sich in den nächsten Wochen zeigen» sagt Gian Kämpf. «Wir haben Hauptsponsoren, die auf Kurzarbeit umstellen mussten.» Aber einer der wichtigsten Geldgeber ist eine grosse finanzielle Last losgeworden und könnte jetzt vermehrt in den SC Langenthal investieren. Gian Kämpf ahnt, wer gemeint sein könnte. «Sie reden wohl vom Architekturbüro Ducksch Anliker.» So ist es.
Stefan Anliker ist ja inzwischen nicht mehr Präsident bei Fussball-GC und die Zürcher Fussball-Firma ist von chinesischen Investoren übernommen worden. Also müsste doch Stefan Anliker – er hat als Präsident und Vorgänger von Gian Kämpf den SC Langenthal von einem Team der 1. Liga zu einem Musterunternehmen in der Swiss League gemacht – nun mehr finanziellen Spielraum haben. Oder? Dieser Argumentation mag Gian Kämpf nicht folgen: «Die Vorgänge bei GC haben mit dem Sponsoring in Langenthal nichts zu tun.» Also auch keine Chinesen, die nach GC nun auch noch Interesse an einem Engagement in Langenthal zeigen? Gian Kämpf sagt dazu etwas unwirsch: «Nein.»
Der Meister kann wegen des Verzichtes auf die Liga-Qualifikation 2019 nächste Saison nicht aufsteigen. Ein Abstieg ist auch nicht möglich. Für nächste Saison sind Auf- und Abstieg in der National League und der Swiss League ausgesetzt worden. Aber eben: das betrifft Langenthal nicht. Keine Möglichkeit nach oben, keine Gefahr nach unten: ideale Voraussetzungen für eine finanzielle Konsolidierung und eine Sparübung für die Langenthaler, die seit dem Wiederaufstieg von 2002 trotz grandiosen sportlichen Erfolgen (dreimal Meister) immer wieder rote Zahlen geschrieben haben.
Das sieht auch Gian Kämpf so. Der Vorsitzende sagt: «Wir haben für nächste Saison noch keine ausländischen Spieler unter Vertrag. Je nachdem wie sich die Situation für uns entwickelt, ist denkbar, dass wir die Saison nur mit einem Ausländer oder sogar ohne ausländische Spieler beginnen und dafür jungen Spielern eine Chance geben.»
Tritt Langenthal ohne oder nur mit einem Ausländer an wie es der Präsident in Erwägung zieht, können Kloten und Olten sportlich aufatmen. Beide haben bereits zwei Ausländer für nächste Saison unter Vertrag. Ohne Ausländer sind die Langenthaler von einer Titelverteidigung so weit entfernt wie von einer Aufnahme in die NHL und auf dem Weg nach oben hätten die unter schweren «Langenthal-Komplexen» leidenden Oltner und Kloten einen Gegner weniger.
Kann es tatsächlich sein, dass Langenthal nächste Saison nur einen Ausländer einsetzen oder gar ohne Ausländer spielen wird? Tatsächlich ist die Gelegenheit günstig, durch den Verzicht auf ausländisches Personal Kosten von gut und gerne 300'000 Franken zu sparen: ausländische Spieler werden netto bezahlt. Die Lohnkosten sind für den Klub also rund doppelt so hoch wie das ausbezahlte Salär. Im Laufe der Geschichte haben kluge Präsidenten hin und wieder im Sommer angekündigt, eine oder mehrere Ausländer-Positionen nicht zu besetzen – und sie meinten es auch so.
Aber der gute Vorsatz ist eigentlich in den beiden höchsten Ligen noch nie konsequent umgesetzt worden – ausser teilweise in den Farm- und Lotterteams der Swiss League (Ticino Rockets, Zug Academy, Winterthur). Wird Langenthals Präsident Gian Kämpf den Mut haben, ausgerechnet in der Saison des 75-Jahre-Jubiläums auf Ausländer zu verzichten? Wahrscheinlich nicht. Ein solcher Schritt wäre auch politisch heikel. Das Stimmvolk hat einem Projektierungskredit für eine neue Arena zugestimmt und die Stadt sollte nun endlich, endlich, endlich bei der Planung vorwärtsmachen. Ein neues Stadion für einen Klub, der nicht einmal die Ausländerpositionen besetzt?
Allerdings befinden sich die Klubs wegen der Virus-Krise in einer so heiklen Lage wie nie zuvor in der Neuzeit. Nach wie vor ist offen, ob die Meisterschaft wie geplant im September und mit Zuschauern beginnen kann. Kommt es zu «Geisterspielen», dann würde das Publikum den Sparentscheid «ohne Ausländer» wohl akzeptieren. Sportchef Kevin Schläpfer sagt: «Natürlich möchte ich die Saison mit zwei Ausländern beginnen. Aber wenn wir nicht vor Zuschauern spielen können, dann wäre der vorläufige Verzicht auf ausländische Spieler der richtige Entscheid, den ich voll und ganz unterstützen würde.»
So oder so wird Kevin Schläpfer alles daransetzen, möglichst «billige» Ausländer zu finden. Wobei «billig» in der Entlöhnung keineswegs «billig» in Bezug auf die Leistungsfähigkeit heissen muss. Wer wettet, dass die Langenthaler trotz aller klugen Bedenken mit zwei ausländischen Stürmern zum ersten Spiel der Qualifikation antreten werden, hat gute Gewinnchancen. Olten und Kloten sollten sich nicht zu früh freuen.
Und dann gab es noch weniger kluge Präsidenten
Habe ich etwas verpasst? Aufstieg ist ausgesetzt worden? Ich dachte, sofern ein Team, welches die Voraussetzungen zum Aufstieg mitbringt und SL-Meister wird, gibt es einen Direktaufsteiger.