Die Stadt Lille im Norden Frankreichs an der Grenze zu Belgien hat auf den ersten Blick für unser Hockey so wenig Bedeutung wie die Serengeti. Aber auf den zweiten Blick zeigt sich: Dort ist beim Davis-Cup-Triumph der Schweizer der olympische Ruhm unserer Hockey-Frauen definitiv verblasst.
Das ist mir vor Ort auf der Tribüne durch den Kopf gegangen. Es ist die vierte Partie am Sonntagnachmittag. Roger Federer gewinnt und sichert der Schweiz zum ersten Mal den Davis Cup. Die französischen Zuschauer erheben sich spontan von den Sitzen und ehren Roger Federer mit stehenden Ovationen. «La Grande Nation» verneigt sich vor Roger Federer.
Genau in diesem Augenblick wird klar: Mannschaft des Jahres wird unser Davis-Cup-Team. Dabei würde doch diese Auszeichnung unseren olympischen Hockey-Frauen gebühren.
Ich habe beide Triumphe im Stadion miterlebt. Es sind Erinnerungen für die Ewigkeit, die gegensätzlicher nicht sein könnten. In Lille der Triumph der zwei Einzelspieler Roger Federer und Stan Wawrinka, die für kurze Zeit zusammengespannt haben. Roger Federer ist zur globalisierten Sportikone geworden. Seine Nationalität spielt keine Rolle mehr. So wie beim Papst und beim Dalai Lama. Eine Mannschaft im Sinne von Eishockey oder Fussball ist das Duo Roger Federer/Stan Wawrinka nicht – zumal die anderen Davis-Cup-Spieler Marco Chiudinelli und Michael Lammer gar nicht zum Einsatz kamen.
Das Davis-Cup-Team hat mit Mannschaftsport eigentlich gar nichts zu tun. Aber es war immerhin ein faszinierendes Teamwork zwischen zwei Alphatieren. Aufs Eishockey übertragen ist es so, wie wenn die Schweiz den WM-Final von 2013 nur mit dem ersten Block bestritten und gewonnen hätte.
Ein extremerer Gegensatz zu den Hockeyfrauen ist nicht denkbar. Die einzelnen Spielerinnen kennt ausserhalb von Hockeykreisen niemand. Geld verdienen sie mit ihrem Sport keines. Aber gemeinsam erreichen sie das grosse Ziel. Sie werfen Gastgeber Russland aus dem Turnier und besiegen Schweden im Kampf um Bronze. Ein sportliches Wunder, welches mindestens so erstaunlich und wertvoll ist, wie der Davis-Cup-Triumph. Vor allem ist es Mannschaftssport im besten Wortsinne. Alles, was wir in Kursen und klugen Büchern zu diesem Thema je gehört oder gelesen haben, ist in die Tat umgesetzt worden.
Für mich war damals auf der Tribune in Sotschi klar: Die Auszeichnung «Mannschaft des Jahres 2014» gehört den Hockey-Frauen. Aber gegen die Strahlkraft von Roger Federer kommen sie eben nicht an.
Was bleibt nun ohne die Auszeichnung «Mannschaft des Jahres» von diesem Hockey-Wunder? Nichts. Die Bronze-Medaille hat in unserem Hockey nichts verändert. Mit der schönen Florence Schelling hat das Frauenhockey zwar vorübergehend ein Gesicht und ein bisschen Medienpräsenz bekommen. Aber das ist schon alles.
ZSC-Manager Peter Zahner hat in seinem Unternehmen auch zwei Frauenteams und die ZSC-Frauen haben soeben nach einem 7:6 über die Frauen des HC Lugano die Tabellenspitze übernommen. Wenn jemand eine Veränderung seit Sotschi bemerken müsste, dann er. Aber seine Antwort auf die entsprechende Frage ist: «Nichts.»
Dabei hatte Peter Zahner durchaus Ideen, wie das Bronze-Wunder hätte genützt werden können. Dem Frauenhockey würde Förderung an der Basis helfen. Bloss ein bisschen Erhöhung des Nationalmannschafts-Budgets bringt nichts. Zahners Vorschlag: Der Verband belohnt Hockeyunternehmen, die bereit sind, ein Frauenteam zu führen, mit einem namhaften Geldbetrag (zwischen 50'000 und 100'000 Franken). Vor dem Wunder von Sotschi hatten nur die ZSC Lions und Lugano ein Frauenteam. Und so ist es auch heute noch. Es hat keinerlei Förderung durch den Verband im Sinne Zahners gegeben. Es ist nicht einmal gelungen, René Kammerer, den brillanten Coach, zum Weitermachen zu motivieren. Wir haben mit Sean Simpson den WM-Finalcoach von 2013 verloren und wir haben auch den Bronze-Schmied von Sotschi nicht mehr.
Ich will jetzt ganz entgegen meinem Naturell während der Adventszeit ein wenig boshaft sein. Unsere tüchtigen Verbandsgeneräle haben eine einmalige Chance für unser Frauenhockey nicht genutzt. Die Frauen von Sotschi sind verraten worden. Auch von jenen, die ihre Stimme bei der Wahl zur Mannschaft des Jahres dem Davis Cup-Team gegeben haben.
Sie erwarten keinen Lohn aber wünschen sich RESPEKT!
Bei allem Respekt zu der Leistung der Frauen-Nati und vor allem der von Florence Schelling, welcher wahrscheinlich kein Mann von der Bettkante stossen würde, aber wie waren die Resultate der Frauen schon wieder?
0:5 Niederlage gegen Kanada, 0:9 Niederlage gegen die USA, 3:4 Niederlage gegen Finnland...