Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!
- watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
- Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
- Blick: 3 von 5 Sternchen
- 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen
Du willst nur das Beste? Voilà:
Der Ort und die Zeit werden drüben in Amerika in den nächsten Jahren noch oft erwähnt werden. Am Freitag, den 18. September 2015, erzielt Auston Matthews im Zürcher Hallenstadion um 20.44 Uhr nach 29 Minuten und 37 Sekunden sein erstes Tor im Männerhockey. Es ist das 3:2 gegen Fribourg-Gottéron.
Der kräftige Junge (188 cm/88 kg) lenkt den Puck mit leichter Hand an Torhüter Benjamin Conz vorbei ins Netz. Wann und wo ein Superstar seinen ersten Treffer erzielt hat, wird später gerade von nordamerikanischen Chronisten oft und gerne wiederholt.
Er wird nach dem Spiel zu seinem ersten Tor genau das sagen, was von einem wohlerzogenen jungen amerikanischen Spieler erwartet wird. Keine Allüren. Alles fürs Team. «Es war ein wunderschöner Pass, ich musste den Puck nur noch ablenken.» Er sei vor seinem ersten Spiel schon etwas nervös gewesen. Er rühmt das grossartige Publikum und freut sich, dass seine Eltern oben in der Loge mitgefiebert haben.
Auston Matthews hat bei seinem Debüt im Zürcher Hallenstadion einen starken Gegenspieler. Gottérons Trainer Gerd Zenhäusern setzt gegen den US-Boy wenn immer möglich den zwölf Jahre älteren, schlauen Defensivfuchs Marc-Antoine Pouliot ein. Der Kanadier kann, wenn er will, fast jeden Gegenspieler neutralisieren.
Auston Matthews erzielt seinen ersten Treffer im Powerplay. Marc-Antoine Pouliot sitzt auf der Strafbank. Aber am Ende wird Gottérons Kanadier triumphieren. Er trifft im Penaltyschiessen. Auston Matthews nicht. Er scheitert an Benjamin Conz.
Doch der Amerikaner hat zuvor bei seinem NLA-Debüt viel bewirkt. Er hat eine prickelnde, belebende Wirkung auf das eher schematische Spiel der mächtigen Zürcher Hockey-Maschine. Der jugendliche ZSC-Ausländer ist kein Durchreisser. Kein Brecher. Kein Spektakelmacher und erst recht kein Solist, der alle Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Aber er hat eine Prise Gretzky in seiner Hockeykunst: Er beschleunigt und dynamisiert das Spiel, indem er den Puck blitzschnell weiterleitet und dabei hie und da sogar die eigenen Mitspieler überrascht. Er erahnt, wie einst der grosse Gretzky, das Spiel ein paar Züge zum Voraus. Und nur nebenbei: Auch Wayne Gretzky, der Grösste aller Zeiten, war kein Penaltyspezialist. Er ist, bei anderem Modus als heute, in der NHL-Qualifikation bloss zu fünf Penaltys angetreten und hat davon einen versenkt.
Auston Matthews' Hockeykunst offenbart sich eher dem Kenner, der die kleinen Feinheiten sieht. Er ist Stürmer, der mit der Nagelfeile vollendet und nicht mit der Brechstange knackt. Er muss nicht das Niveau der Männer um ihn herum erreichen. Vielmehr müssen die Männer in den nächsten Partien noch lernen, die Spielkunst des Buben zu verstehen. Er ist bereits bei seinem ersten Spiel der erste Geiger der Zürcher Hockey-Philharmoniker. Aber bei diesem Orchester fehlte erneut die klare Ordnung und die Abstimmung.
Der legendäre Dirigent und Komponist Robert Schumann, der etwas von der Abstimmung einer musizierenden Mannschaft verstand, hat einmal gesagt: «Wenn alle die erste Geige spielen wollen, kommt kein Orchester zusammen.» Erst im Verbund mit dem Orchester kann der erste Geiger richtig glänzen. Eine Geige alleine klingt schön und gut, aber erst zusammen mit dem ganzen Orchester ergibt sich die Magie der Musik.
Und so haben wir zum Auftakt erst die Magie des ersten Geigers aus Amerika in ein paar lichten Momenten aufblitzen sehen – die Magie des Mannschaftsspiels aber noch nicht. Er hat einige seiner Mitspieler verführt mitzugeigen. Aber es waren unvollendete, vom Gegner leicht zu durchschauende spielerische Sinfonien.
Zu viele wollten auch als erste Geiger glänzen, zu wenige kümmerten sich um die defensive Arbeit. Ganz offensichtlich weiss der grosse Impresario Marc Crawford noch nicht genau, welche Flügel zu Auston Matthews passen. Ich plädiere für Robert Nilsson. Aber es war ja erst das erste Spiel. Der US-Center hat in Zürich keine Vorbereitungspartien bestritten, auch keine Einsätze in der Champions Hockey League oder bei den Junioren.
Auston Matthews muss bei seinem Debüt auch einen Minustreffer (zum 2:1) hinnehmen. Er ist daran unschuldig. Einer im Orchester (Torhüter Lukas Flüeler) verpasste seinen Einsatz genauso wie beim haltbaren zweiten Gegentor. Und so kommt es, dass die Zürcher Philharmoniker schliesslich nachsitzen müssen. Sie verlieren das Penaltyschiessen. Den zehnten und letzten und entscheidenden Penalty verwertet der flinke Finne Sakkari Salminen. Er war in diesem Spiel Gottérons erster Geiger in einem besser abgestimmten Orchester. Es gibt noch viel Arbeit für den grossen ZSC-Dirigenten Marc Crawford.