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Wie Minnesota Nino Niederreiter «gestohlen» hat

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Des Agenten gutes Gespür

Wie Minnesota Nino Niederreiter «gestohlen» hat

Das Beispiel Nino Niederreiter zeigt uns wieder einmal: Die NHL-Sportmanager sind auch nicht besser als unsere Sportchefs.
01.05.2014, 21:5102.05.2014, 10:10
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Die National Hockey League (NHL) ist die mächtigste und wichtigste Liga der Welt. Die schönsten und grössten Stadien, die höchsten Umsätze, die höchsten Löhne und die beste Vermarktung. Kein Wunder, erstarren die meisten, wenn sie nur eine «Dächlikappe» mit einem NHL- Logo sehen.

Lassen Sie sich nicht von diesen Kappen täuschen!
Lassen Sie sich nicht von diesen Kappen täuschen!Bild: AP CP

Die NHL ist tatsächlich eine mächtige Vermarktungsmaschine, die mehr Geld umsetzt (mehr als zwei Milliarden Dollar) als das gesamte übrige globale Hockeygeschäft. Aber: Ist die NHL auch im sportlichen Bereich besser gemanagt als die übrige Hockeywelt? Nein. Für keine andere Liga gilt so sehr der Spruch: «Les choses ont l’importante qu’on leur donne.» Wer sich vom Brimborium des Big Business nicht beeindrucken lässt, erkennt schnell: Sportliches Missmanagement gibt es auch in der NHL.

NLA wie NHL

Wir lachen über den Deal, den Spieleragent André Rufener im Herbst 2008 eingefädelt hat: Er transferierte seinen Klienten Damien Brunner im Tausch für Thomas Walser von Kloten nach Zug. Thomas Walser hat seine Karriere im Frühjahr 2011 in der NLB beendet. Damien Brunner wurde in Zug Liga-Topskorer und stürmt heute in der NHL. War Klotens Sportchef Roland Habisreutinger (jetzt in gleicher Funktion in Lugano) von allen guten Geistern verlassen? Nein. Er trennte sich lediglich von einem jungen Spieler, an den die Trainer Anders Eldebrink/Felix Hollenstein nicht glaubten bzw. für den sie keine Einsatzmöglichkeiten sahen. Der Laie denkt: In einer so hochprofessionellen Liga wie der NHL wären solche Fehleinschätzungen nicht möglich.

Damien Brunner wechselte von Zug in die NHL, nachdem Kloten nicht an ihn glaubte.
Damien Brunner wechselte von Zug in die NHL, nachdem Kloten nicht an ihn glaubte.Bild: AP/AP

Aber André Rufener ist in der NHL ein ähnliches Kunststück gelungen. Sein Klient Nino Niederreiter versauerte bei den New York Islanders. Die Islanders hatten zwar ein Erstrunden-Draftrecht in den Schweizer investiert. Aber sie gaben ihm gar nie eine echte Chance. Erst liessen sie ihn eine weitere Saison bei den Junioren, dann eine ganze Saison lang in der NHL in der vierten Linie schmoren und schliesslich verbannten sie ihn 2012/13 ganz ins AHL-Farmteam.

General Manager Garth Snow und Cheftrainer Jack Capuano konnten sich das auch deshalb leisten, weil die New York Islanders draussen auf Long Island mehr oder weniger tun und lassen können, was sie wollen. Das Publikums- und Medieninteresse ist vergleichsweise gering. Ein «Fall Niederreiter» hätte hingegen in Montréal zu einem medialen Erdbeben geführt.

Der entscheidende Wechsel

Um die Karriere seines Klienten zu retten, verlangte André Rufener von Islanders-General Garth Snow einen Transfer (Trade). Ein mutiger Schritt, den nicht viele Agenten wagen. Weil es sich einfach nicht gehört, das System so herauszufordern. Der nordamerikanische Sport ist viel hierarchischer strukturier als der europäische. Aber Rufener kümmerte sich nicht um die Kritik, die auch von Einfaltspinseln in der Schweiz kam und setzte sich schliesslich durch: Garth Snow tauschte Nino Niederreiter im Sommer 2013 bei den Minnesota Wild gegen Cal Cutterbuck ein.

Dieser Trade ist fast so schlimm wie der Tausch Damien Brunner gegen Thomas Walser. Inzwischen sind auch nordamerikanische Beobachter der Meinung, Minnesota habe Nino Niederreiter sozusagen «gestohlen». Cal Clutterbuck hat diese Saison für die Islanders in 73 Partien bloss 19 Punkte produziert und die Islanders haben einmal mehr die Playoffs nicht erreicht. Nino Niederreiter buchte für Minnesota in 81 Partien 36 Punkte und hat soeben die 7. Playoffpartie gegen Colorado durch einen Treffer in der Verlängerung entschieden. Zudem ist Niederreiter erst 21 Jahre alt und hat eine grosse NHL-Karriere vor sich. Clutterbuck ist 26 und hat die Zukunft wahrscheinlich hinter sich.

Niederreiter (rechts) spielt bei Minnesota gross auf.
Niederreiter (rechts) spielt bei Minnesota gross auf.Bild: GETTY IMAGES NORTH AMERICA

Nach dieser Saison läuft Nino Niederreiters Vertrag aus. Wie nahe Scheitern und Triumphieren sein können, wie sehr äussere Umstände eine Karriere beeinflussen, zeigt uns der «Fall Niederreiter». Wäre der kräftige Powerflügel bei den Islanders geblieben (bzw. hätte ihn André Rufener nicht dort rausgeholt), dann wäre seine NHL-Karriere jetzt zu Ende und er stünde vor der Rückkehr in die NLA. Doch nun hat er sich durch die starken Leistungen in Minnesota beste Voraussetzungen für die anstehenden Vertragsverhandlungen erarbeitet. Er verdiente diese Saison im dritten Jahr des reglementierten ersten NHL-Vertrages («entry level») 810'000 Dollar brutto. Er wird im Sommer durch einen neuen Vertrag Millionär. Bei günstiger Konstellation ist ein lukrativer Mehrjahresvertrag – beispielsweise 15 bis 20 Millionen für fünf Jahre – durchaus möglich.

André Rufeners gutes Gespür

Der «Fall Niederreiter» zeigt uns auch, wie unberechenbar das Hockeygeschäft ist, und dass es im Grunde kaum Unterschiede zwischen dem Wesen und Wirken der Manager bei uns und in der NHL gibt. Fehleinschätzungen gibt es dort so wie bei uns. Und entscheidend ist noch etwas: Ein Spieler braucht bei uns und in der NHL einen guten Agenten. Einen Agenten, der die sportliche Situationen auch mal besser einschätzen kann als die Manager und der den Mut hat, zum Wohle seines Klienten auch unpopuläre Schritte zu wagen – und zwar nicht nur für die finanziellen sondern eben auch die sportlichen Interessen.

Mit dem Transfer von Nino Niederreiter ist André Rufener nach dem Tauschgeschäft mit Damien Brunner das zweite Meisterstück gelungen. Kein anderer Schweizer Agent bewegt im nationalen und internationalen Hockeygeschäft so viel.

Niederreiter hat sich für seinen Erfolg unter anderem bei André Rufener zu bedanken.
Niederreiter hat sich für seinen Erfolg unter anderem bei André Rufener zu bedanken.Bild: Getty Images North America
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