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Hat der neue SCB-Trainer letzte Woche die Schweiz besucht? Ja, mit ziemlicher Sicherheit. Aber davon später.
Der SC Bern hat in Langenthal viel Glück gebraucht, um nach einem 0:2-Rückstand eine Cup-Pleite gegen den NLB-Leader zu vermeiden. Mit diesem 3:2-Sieg ist Guy Boucher auf dem Weg zum glücklichen Saisonende wieder ein paar Meter vorangekommen. Der umstrittene Kanadier muss bis Saisonschluss durchhalten, sonst geht Marc Lüthis Masterplan nicht auf.
Wer als Chronist gegen Trainer Guy Boucher polemisiert, rennt inzwischen beim SCB- Management offene oder nur noch angelehnte Türen ein. Guy Boucher wird zwar durchwegs ein Höchstmass an Professionalität, Seriosität, Sachverstand, Fleiss und Wille attestiert. Aber seine bis zur Karikatur verzerrte NHL-Philosophie verträgt sich auf Dauer einfach nicht mit unserer Hockeykultur.
Der Kanadier wird von Marc Lüthi trotzdem durch alle Böden hindurch gestützt. Aber inzwischen nicht mehr, weil der grosse SCB-Zampano hockeytechnisch in den ehemaligen NHL-Bandengeneral verliebt ist. Sondern weil er in Ruhe die Zukunft planen möchte.
Der SCB-Manager, der bei allen Trainerfragen das letzte Wort hat, führt sein Unternehmen durchaus nach dem Motto von Emile de Girardin (mit dem ehemaligen SCB-Stürmer Pierre Girardin nicht verwandt). Der Franzose prägte einst den Spruch, der heute für verantwortungsvolle Staatsführung und umsichtiges Management steht: «Gouverner c’est prévoir» («Regieren heisst sich vorsehen»).
Der SCB steckt in einem Dilemma. Der Irrtum Guy Boucher wird im Frühjahr zu Ende sein. Nur: das darf jetzt so auf keinen Fall öffentlich angedeutet, gesagt oder bestätigt werden. Der kanadische Trainer würde zur «lame duck» («lahmen Ente»). Das Eishockey, das er arbeiten lässt und wie er die offensiven Künstler zu Maschinisten der Defensive degradiert, ist ja schon schlimm genug. Ach, waren das noch Zeiten, als in Bern Larry Huras ohne Not wegen langweiliger Spielweise gefeuert wurde!
Wenn Marc Lüthi nun doch zur Einsicht gelangt ist, dass es spätestens auf nächste Saison eine Änderung braucht – dann muss er mit der Lösung der SCB-Trainerfrage jetzt schon beginnen. Denn: «Gouverner c’est prèvoir.»
Das Ziel ist die Rückkehr zur europäischen Hockeyphilosophie, die dem SCB unter dem finnischen Trainer Antti Törmänen ja auch den letzten Titel (2013) beschert hat. Und dafür braucht es den richtigen Trainer.
Intern ist inzwischen beim SCB auch mehr oder weniger klar, wer das sein soll: Kari Jalonen (55), mit Abstand der charismatischste und beste europäische Trainer, der im nächsten Frühjahr zu haben sein wird. Der «Arno Del Curto des Nordens». Als Spieler viermal finnischer Meister und einmal Liga-Topskorer. Als Cheftrainer viermal finnischer Meister und mit Prag im KHL-Finale. Als Spieler und als Trainer eine der ganz grossen Führungspersönlichkeiten der neueren finnischen Hockeygeschichte.
Welch ein Gegensatz zu Guy Boucher, der als Trainer in einer Profi-Liga ausser dem Cupsieg mit dem SCB noch nie irgendetwas gewonnen hat. Kari Jalonens Bewunderer sagen, er habe das Gen eines Siegers. Zurzeit ist er «König der Löwen», finnischer Nationaltrainer.
Ende Saison wird Kari Jalonen den auslaufenden Vertrag als Nationaltrainer nicht verlängern. Weil er ins Klubhockey zurückkehren will – wenn möglich in der Schweiz. Diese Absicht hat er inzwischen in seiner finnischen Heimat mehrfach öffentlich geäussert und bestätigt.
Letzte Woche weilte Kari Jalonen tatsächlich in der Schweiz und ich traf ihn in Lugano. Er bereiste unser Land, um seine Nationalspieler bei unseren Klubs zu beobachten und mit ihnen zu plaudern. Er zeigte sich von der Qualität unserer höchsten Spielklasse beeindruckt.
Kari Jalonen ist der Kronfavorit für den SCB-Trainerjob der nächsten Saison. Gewährsleute melden, dass erste Gespräche zwischen seinem Agenten, mit dem er auch befreundet ist, und dem SCB-Management geführt worden sind. Aber unter keinen Umständen darf so etwas jetzt publik werden. Eher werden Marc Lüthi und sein Sportchef Sven Leuenberger dreimal hintereinander den SCB verleugnen, als offiziell bestätigen, was sie in der Trainerfrage im Schilde führen.
Im Idealfall gelingt es, Guy Boucher bis zum Saisonende im Amt zu halten. So entstehen keine Kosten für eine temporäre Neubesetzung des Trainerpostens. Es wird nicht einfach sein. Guy Bouchers Vertrag läuft Ende Saison aus.
Gerüchte über einen Wechsel von Arno Del Curto nach Bern sind nun beim SCB höchst willkommen. Solches Gerede sorgt für Aufregung und Gesprächsstoff, verschleiert die wahren Absichten und vernebelt die finnische Fährte. Im Idealfall gibt es noch viel Polemik gegen Guy Boucher, viele Spekulationen um seine Nachfolge, er hält durch – und Ende Mai 2016 kann spätestens nach der WM in Moskau per Medienmitteilung die Verpflichtung von Kari Jalonen verkündet werden. Im Idealfall.
Aber den Idealfall gibt es im Sportbusiness selten. Was, wenn Guy Boucher doch nicht bis Saisonende durchhält? Wird dann ein fähiger Nothelfer einen Vertrag bloss bis Saisonende akzeptieren? Was, wenn auf einmal auch Lugano oder die ZSC Lions auf nächste Saison einen neuen Cheftrainer brauchen? Neben «Gouverner c’est prèvoir» gibt es noch einen weiteren Grundsatz im Hockeygeschäft: «Money talks».