Wenn ein Trainer gefeuert wird, dann sollte er nicht durch einen ähnlichen oder gar gleichen Typ ersetzt werden. Das ist so banal wie wichtig. Einer der erfolgreichsten Trainerwechsel der letzten Jahre erfolgte nach diesem Grundsatz. Deshalb kann Fribourg-Gottéron hoffen.
Am 22. Oktober 2012 feuerte Lausanne Cheftrainer John van Boxmeer. Der Kanadier pflegte in der Kabine mindestens so heftig zu toben wie Hans Kossmann. Wie Kossmann hatte er vorher beim SC Bern gearbeitet – allerdings als Cheftrainer, nicht als Assistent (2006 bis 2009).
Wie Kossmann in Fribourg so stand auch van Boxmeer in Lausanne im vierten Amtsjahr. Wie Kossmann ist auch van Boxmeer im Oktober gefeuert worden. Und wie Kossmann hatte auch van Boxmeer ein Torhüterproblem.
Ich erinnere mich noch lebhaft, wie er nach der Niederlage in Langenthal, die ihn den Job kosten sollte, über Cristobal Huet herzog. Es sei doch klar, dass einer, der in der NHL Millionen verdient habe, jetzt nicht mehr motiviert sei. Wir wissen heute, dass der gute John mit dieser Einschätzung für einmal nicht richtig lag. Cristobal Huet sollte Lausanne in die NLA und dort gleich in die Playoffs hexen.
Nun kommen wir zur wichtigsten Parallele. John van Boxmeers Assistent Gerd Zenhäusern wurde damals in Lausanne vom Assistenten zum Cheftrainer befördert. Er vollbrachte anschliessend ein Wunder und führte das «unaufsteigbare» Lausanne in der Ligaqualifikation gegen Langnau in die NLA zurück.
Weil Lausanne in der Zwischenzeit bereits heimlich Langenthals Trainer Heinz Ehlers für die neue Saison verpflichtet hatte, durfte Zenhäusern nicht in Lausanne bleiben. Er arbeitet deshalb seit dem Frühjahr 2013 als Assistent von Kevin Schläpfer in Biel.
Die Geschichte lehrt uns also: Der Bub der Hockeylegende Aldo Zenhäusern ist der perfekte Nachfolger für Hans Kossmann. Gegensätzlicher im Wesen und Wirken könnten der alte und neue Trainer von Gottéron nicht sein. Der böse, die Welschen plagende Hans geht, der nette «Welschenversteher» Gerd kommt. Der Wechsel Gut gegen Böse hat im Eishockey zumindest kurzfristig schon sehr oft funktioniert.
Gerd Zenhäusern kennt Gottéron aus seiner Zeit als Spieler (1997 bis 2001 und 2005 bis 2007). Er war ein smarter, schlauer Center, kein Brecher. Und so ist er eben auch als Trainer. Zurückhaltend und doch zielstrebig und weil er meistens nicht laut spricht, neigen viele dazu, ihn zu unterschätzen.
Er wohnt bereits in Fribourg und hat nun sogar den kürzeren Arbeitsweg. Also auch aus ökologischer Sicht ein guter Trainerwechsel.
Gerd Zenhäusern kennt Gottéron. Wenn einer die Wende schaffen kann, dann er. Die Hoffnung, dass er nach Lausanne ein zweites Wunder schafft, ist berechtigt. Der neue Trainer übernimmt keine verlotterte Mannschaft. Taktisch ist Gottéron von Hans Kossmann gut geschult worden. Alleine der Wechsel im Führungsstil wird viel bewirken.
Die Leistungsträger bei Gottéron sind verletzt (Bykow) oder ausser Form und brauchen Zeit, um wieder ihr bestes Hockey zu spielen. Das gilt ganz besonders für Torhüter Benjamin Conz und Leitwolf Julien Sprunger. Vor allem aber muss Gottéron seine Identität wieder finden.
Gottéron ist zuletzt so aufgetreten, als seien die guten Resultate der letzten drei Jahre allen ein bisschen zu Kopf gestiegen. Es schien fast, als sei es allen zu wohl.
Unter Hans Kossmann gab es die für Gottéron so typischen Unruhen, Gerüchte und kleinen Episoden aus der Kabine nicht mehr. Die Traumfabrik Gottéron ist in den letzten Jahren zu ruhig, zu normal geworden, hat sogar in der grossen Krise nur noch gespielt wie eine gewöhnliche Mannschaft.
Die Leidenschaft, dieser legendäre «heilige Zorn», ist verloren gegangen. Gottéron muss wieder kämpfen lernen, als gehe es um die Existenz. Gottéron muss wieder Gottéron werden.
Dass neben dem Eis in den letzten Wochen ein bisschen viel drunter und drüber gegangen ist, dass uns die Suche nach einem Sportchef noch eine Weile gute Unterhaltung bescheren wird, ist unerheblich.
Immerhin hat Präsident Charles Phillot den fähigsten Kandidaten für die Kossmann-Nachfolge ausgewählt. Sollte es letztlich doch nicht gut herauskommen, dann wäre es unfair, ihm eine falsche Entscheidung bei der Nachfolgeregelung von Kossmann vorzuhalten. Eishockey ist ein unberechenbares Spiel auf einer spiegelglatten Unterlage.
Bei der nun anstehenden Suche nach einem geeigneten Sportchef ist zu erwarten, dass persönliche Beziehungen und politische Befindlichkeiten und nicht die fachliche Eignung den Ausschlag geben werden. Aber bisschen Theater, ein bisschen Unruhe gehören zur Kultur von Gottéron.