Wenn alles läuft wie aufgegleist, dann bekommt die NLB bereits nächste Saison eine neue Mannschaft. Mit Hilfe der Lakers steigt der SC Herisau aus der 2. Liga direkt in die NLB auf. Die Verbandsbürokraten haben das Projekt soeben abgesegnet. Spielplanchef Willy Vögtlin, der sich ja bereits mit dem Projekt befassen muss, bestätigt verklausuliert aber offiziell: «Sie wissen ja schon alles. Aber wir dürfen dazu noch nichts sagen.»
Diese spektakuläre Renaissance der Appenzeller Hockeykultur müssen wir allerdings ein wenig ausführlicher erklären. Ausgangslage ist die Weigerung der zwölf NLA-Teams, der NLB durch Modusänderungen entgegenzukommen. Aus Angst vor den besten NLB- Teams haben die NLA-Vertreter an der letzten Liga-Versammlung mit 12:0 jede Modus-Reform (wie Auf/Abstiegsrunde) blockiert (watson berichtete). Also bleibt nur noch die Möglichkeit, neue Teams für die NLB zu finden. Doch die Erstliga-Spitzenteams wollen nicht aufsteigen.
Nun starten die Lakers einen interessanten Versuch zur Belebung der zweithöchsten Liga. Der SC Herisau, aktuell in der 2. Liga, kehrt nach 14 Jahren in die NLB zurück. Als Farmteam der Lakers. Ein höchst interessantes Konstrukt. Der Zweitligist SC Herisau bleibt bestehen und führt seine Geschäfte weiter. Eine juristische Neuschöpfung mit dem gleichen Namen (NLB Sport Herisau AG) steigt direkt in die NLB ein und trägt die Heimspiele im Sportzentrum Herisau aus.
Noch vor drei Jahren türmten die Liga-Bürokraten alle möglichen Hindernisse auf um einen Aufstieg in die NLB zu erschweren. Sie zerstörten mit Huttwil gar einen sportlich regulären Aufsteiger samt Infrastruktur durch Verweigerung der Lizenz.
Inzwischen ist in der NLB, die eigentlich 12 bis 16 Teams umfassen sollte, aber nur noch 9 Mannschaften hat, die Not so gross, dass die Bürokraten um Verbandsdirektor Ueli Schwarz kapituliert haben. Nun ist gar der Direkteinstieg in die NLB möglich, wenn ein taugliches Konzept und die Infrastruktur vorhanden sind. Was beim Projekt Herisau der Fall ist.
So soll das neue NLB-Unternehmen funktionieren: Der SC Herisau (NLB Sport Herisau AG) muss lediglich für die Kosten des Spielbetriebes aufkommen. Die Spielerlöhne werden hälftig von den Lakers und der neu gegründeten «Pro Ostschweiz Eishockey GmbH» finanziert. Diese neue Firma investiert pro Jahr 750'000 Franken in die Hockeyentwicklung in der Ostschweiz und finanziert 50 Prozent der Lohnkosten des neuen NLB-Teams. Das Geld kommt von Gönnern und Freunden des Ostschweizer Hockeys.
Und so sieht das Budget in der Gesamthöhe von 2,7 Millionen des neuen NLB-Teams in Herisau aus:
– 1,2 Millionen Betriebsaufwand (Geschäftsstelle, Trainer, Stadionmiete etc.)
– 1,5 Millionen für die Spielerlöhne.
Die Erträge in der Gesamthöhe von ebenfalls 2,7 Millionen sollen so erwirtschaftet werden:
– 1,5 Millionen für die Spielerlöhne werden hälftig von den Lakers und der «Pro Ostschweiz GmbH» finanziert.
– Der Rest soll durch Zuschauereinnahmen (400 000), Werbung (350 000), Gönner (340 000) und «sonstige Einnahmen» (110 000) erwirtschaftet werden.
Die Kernfrage aber ist: Woher kommen die Eis-Gladiatoren? Die Lakers wollen in diesem Farmteam die Spieler aus dem Gesamtraum Ostschweiz zusammenfassen und ausbilden, die dem Juniorenalter entwachsen aber noch nicht zu NLA-Cracks gereift sind. Spieler aus der Juniorenorganisation der Lakers, verschiedenen Ostschweizer Klubs und, Wunschvorstellung, auch aus Davos.
Lakers General Harry Rogenmoser sagt, er habe ja jetzt bereits 33 Spieler unter Vertrag und eine Aus- und Weiterentwicklung für sei für die jungen Spieler nur möglich, wenn sie in einem gut strukturieren Profibetrieb mindestens auf NLB-Niveau trainieren und spielen können.
Mit diesem Farmteam-Projekt soll durch eine breitere Basis letztlich die NLA-Mannschaft der Lakers besser gemacht werden. Sozusagen das Model der ZSC Lions/GCK Lions, aber über die ganze Ostschweiz ausgedehnt. Und so wie die GCK Lions als Farmteam der ZSC Lions nicht in die NLA aufsteigen dürfen, so ist auch dem neuen NLB-Team Herisau als Farmteam der Lakers ein Aufstieg in die höchste Liga untersagt. Was in Herisau keine Rolle spielt – noch zu frisch sind die Erinnerung an das ruinöse NLA-Abenteuer (Aufstieg 1997 und sofortiger Wiederabstieg).
Ursprünglich wollten die Lakers diese Farmteam-Idee gemeinsam mit dem HC Davos umsetzen. Aber der HCD ist aus verschiedenen Gründen nicht eingestiegen. Nun übernimmt eben die «Ostschweiz Eishockey GmbH» den finanziellen Part, der dem HCD zugedacht war. Lakers General Harry Rogenmoser sagt, der HCD könne jedoch seine Talente jederzeit für Spielpraxis nach Herisau schicken.
Ob die Umsetzung dieses gut durchdachten Projektes tatsächlich gelingen wird, hängt im wesentlich von drei Faktoren ab.
Erstens: Die Lakers dürfen nicht in die NLB absteigen. In diesem Falle wären alle Pläne Makulatur.
Zweitens: Es muss gelingen, dem SC Herisau eine
eigene Identität, eine Seele zu geben. Nur so ist es
möglich, den budgetierten Schnitt von 1000 Zuschauer
pro Spiel zu erreichen. Für diese Identität können
einheimische Autoritäten sorgen.
Drittens: Wie ein Otto von Bismarck des Eishockey muss Lakers-General Harry Rogenmoser die vielen kleinen Hockeyfürstentümer in der Ostschweiz in den verschiedenen Ligen für dieses «Projekt Herisau» begeistern.
Bis heute ist die Zersplitterung der Kräfte einer der Hauptgründe, warum es östlich von Kloten erst in Davos wieder Spitzenhockey gibt. Die Frage ist in diesem Zusammenhang auch, welche Position das aktuelle, nach wie vor notorisch erfolglose NLB-Unternehmen Hockey Thurgau einnehmen wird. Eine Integration in dieses neue Farmteam-System der Lakers kommt beim aktuellen Geschäftsführer Adi Fetscherin nicht in Frage. Im besten Falle entwickelt sich eine gesunde Rivalität zwischen Hockey Thurgau und dem SC Herisau.
Interessanterweise formulieren Hockey Thurgau und der SC Herisau in ihren Strategiepapieren die gleichen Ziele mit den gleichen Worten: Sie wollen «Eishockey Leuchtturm der Ostschweiz» werden. Ob zwei Leuchttürme Verwirrung stiften oder am Ende gar die Konkurrenz im Grossraum Zürich blenden werden?
Das «Konzept Herisau» kann, wenn es funktioniert, die Hockeylandschaft verändern. Denn nach dem gleichen Grundmuster könnten auch andere NLA-Klubs ihr «Hinterland» organisieren (z.B. Lausanne, Zug oder Bern) um ihre Basis zu verbreitern. Voraussetzung ist aber in jedem Fall die Entwicklung eines «Liga- Bewusstseins», das auch mal das Gesamtinteresse des Eishockeys vor das Klubinteresse stellt.