Noch vor dem ersten Spiel sieben Ausländer – klug oder unvernünftig? Nun, die vermeintlich Grossen können es sich leisten, die Saison mit sechs Ausländern zu beginnen und erst im Laufe der Meisterschaft gezielt erkannte Schwächen mit zusätzlichem ausländischem Personal zu beheben oder zur Absicherung für die Playoffs zusätzliches einzustellen.
Vermeintlich gross heisst: Genug gute Schweizer Spieler, um das Team zu tragen und die Ausländer zu entlasten. Nicht alle Ausländer als Leader und Schlüsselspieler (weil diese Rolle auch Schweizer übernehmen), und die Ausländer oft mehr in der Rolle eines Ergänzungsspielers. Für vier Teams gilt das definitiv nicht: Ajoie, Langnau, Kloten und Ambri.
Ajoie, Langnau und Kloten haben höchstens die Schweizer Spieler für ein ordentliches Swiss-League-Team. Sie sind zu Wasser, zu Land und in der Luft, offensiv und defensiv, in allen drei Zonen, in jedem Box- und Powerplay und überhaupt alle Tage auf das ausländische Personal angewiesen.
Für Kloten, Ajoie und Langnau geht es in erster Linie darum, Kellermeister zu werden. Also Rang 12 zu erreichen und den Playouts (für die Ränge 13 und 14) zu entrinnen.
Die ZSC Lions oder Zug können es sich in der Qualifikation leisten, einzelne Partien mit lediglich vier oder fünf Ausländern zu bestreiten. Langnau, Ajoie und Kloten nicht. Weil bei diesen drei Teams die Ausländer eine so zentrale Rolle spielen, dass sich die Siegeschancen pro fehlendem Ausländer in jeder Partie um mindestens 16,66 Prozent verringern.
Für die Grossen spielt ein Punktverlust im September oder Oktober noch keine staatstragende Rolle. Die Kellermeisterschaft aber beginnt für Ajoie, Langnau und Kloten mit unerbittlichem Ernst schon mit der ersten Qualifikations-Partie. Jeder Punkt ein Drama und wer im September taumelt, kann bis zum Saisonende nicht mehr aufstehen. Muss mit einem Ausländer weniger gespielt werden (merke: 16,66 Prozent weniger Siegeschance!), kann das bereits die Niederlage herbeiführen.
✍️ SIGNATURE
— Hockey-Club Ajoie (@HC_Ajoie_off) August 2, 2022
Frédérik Gauthier arrive en Ajoie
🟡⚫️
Le Québécois de 27 ans a signé un contrat jusqu’en 2023 ! #allezajoie 🔥 pic.twitter.com/2dZiDrqQIS
Die Gefahr, dass ausländische Spieler durch Blessuren ausfallen, erst recht bei den Teams der Kellermeisterschaft, die ihre Ausländer Abend für Abend über Gebühr belasten müssen, ist gross. Also macht es Sinn, von Anfang an sieben Ausländer zu verpflichten. Dann wird es möglich, Runde für Runde mit sechs zu spielen. Kommt dazu: Der Ersatzmann ist dann, wenn er gebraucht wird, bereits im Team integriert, kennt den taktischen Katechismus auswendig und reiht sich nahtlos ein.
Klotens umtriebiger Präsident Mike Schälchli hat soeben mit dem amerikanischen Verteidiger Jordan Schmaltz den 7. Ausländer begrüsst. Nun stehen dem Aufsteiger auf allen Positionen (Torhüter, Verteidiger, Stürmer) Ausländer zur Verfügung – plus ein variabler Ersatzmann.
Gut möglich, dass wir im Frühjahr im Rückblick erkennen werden: Klotens 7. Mann aus dem Ausland hat die Kellermeisterschaft im Inland entschieden. Ja, vielleicht ermöglicht der 7. Mann Kloten gar, ein wenig um die Pre-Playoffs zu spielen.
Klar, es ist auch möglich, den 7. Ausländer erst einzufliegen, wenn es die Not erfordert. Das ist auf den ersten Blick vernünftig und lässt sich den Fans durchaus verkaufen.
Aber auf den zweiten Blick zeigt sich: Es ist für ein Kellermeisterschafts-Team unvernünftig, ja eigentlich unverantwortlich. Kurzfristig rekrutierte Notausländer sind erstens bis in den Dezember hinein in der Regel teurer als ein in aller Ruhe und sorgfältig vor der Saison rekrutierter 7. Mann. Zweitens entsprechen die ausländischen Ersatzmänner oft nicht den Erwartungen. Es gibt nämlich eine Erkenntnis, die vielen Sportchefs nach wie vor nicht ganz klar ist: Es gibt immer Gründe, warum ein ausländischer Spieler während der laufenden Saison zu haben ist. Diese Gründe sind in der Regel nicht tolle Leistungen und Pflegeleichtigkeit beim bisherigen Arbeitgeber.
Und was ist mit Ambri? Ambri steht im Niemandsland zwischen Playoffs und Kellermeisterschaft. Die Schweizer Spieler sind klar besser als bei Ajoie, Kloten und Langnau, aber nicht so gut wie bei den Titanen. Wenn nun in jedem Spiel sechs Ausländer eingesetzt werden können, dann hat Ambri gute Chancen, mindestens die Pre-Playoffs zu erreichen. Also lohnt sich die Investition in einen 7. Ausländer. Im Rückblick werden wir vielleicht erkennen: Der 7. Mann hat Ambri die Pre-Playoffs beschert.
P.S. Starten Langnau und Ajoie die Saison mit 6 Ausländern, dann lautet das Klassement der Kellermeisterschaft:
12. Kloten
13. Langnau
14. Ajoie