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Eismeister Zaugg: Stell dir vor, Kloten siegt und niemand geht hin

EHC Kloten Stuermer Tyler Morley und der Torschuetze Thomas Gregoire feiern das 1-0 waehrend dem Eishockey-Meisterschaftsspiel der National League zwischen den Teams EHC Kloten und Lausanne HC am Dien ...
Morley und Gregoire jubeln über ein Tor – doch hinter ihnen sitzt niemand, um mitzufeiern.Bild: keystone
Eismeister Zaugg

Stell dir vor, Kloten siegt und niemand geht hin

Der EHC Kloten ist eine der positiven Überraschungen der Saison. Aber es kommen bei weitem nicht so viele Fans in den Schluefweg (Swiss Arena) wie offiziell verkündet wird.
25.09.2024, 20:2326.09.2024, 07:44

Natürlich ist es nicht so, dass niemand da ist, wenn Kloten siegt. Das ist eine etwas polemische Übertreibung, für die sich der Chronist sogleich entschuldigt. Aber die Differenz zwischen offiziell vermeldeten und tatsächlich anwesenden Fans dürfte in Kloten die spektakulärste der Liga sein.

Freitag, 20. September 2024: Kloten – SC Bern (2:1 n.P.)
Offizielle gemeldete Zuschauerzahl: 5 182
Tatsächlich im Stadion: 3 552 plus 144 im Gästesektor.

Dienstag, 24. September: Kloten – Lausanne (3:1) 2024 Offizielle gemeldete Zuschauerzahl: 4 102
Tatsächlich im Stadion: 2 212 plus 39 im Gästesektor.

Es ist den Klubs überlassen, welche Publikumszahlen sie vermelden. Juristisch ist alles in allerbester Ordnung. In der Regel wird die Anzahl verkaufter Tickets/Saisonabis vermeldet. Wer nicht kommt, ist halt selbst schuld. Aber wer nicht kommt, konsumiert nichts. Die Klubs leben ja im Tagesgeschäft längst nicht mehr bloss vom Verkauf der Tickets/Saisonkarten.

Wichtig ist auch die Gastronomie. Der Ertrag aus dem Verkauf von Wurst und Bier, Wasser und Brot, Wein und Bretzel. Es kann dem Management auf Dauer also nicht Wurst sein, wenn Ticketinhaberinnen und -Inhaber nicht ins Stadion kommen.

Bleibt noch die Frage, warum die exakten Zahlen bekannt sind. Ganz einfach: Mit den modernen Drehkreuzsystemen wird genau erfasst, wie viele Frauen, Männer und Kinder ins Stadion geeilt sind. Das wird durch die Behörden strengstens überprüft.

Aus Sicherheitsgründen (Fluchtwege!) dürfen sich nicht mehr Menschen in einem Stadion aufhalten als behördlich bewilligt worden ist. Klotens echte Publikumszahlen sind nachzulesen im behördlichen Journal 99900026519602 vom 12 September bzw. im Journal Nr. 99900026539984 vom 24. September. Es hat also auch im Gottfried Keller-Land alles seine Ordnung.

Ticketinhaberinnen und Ticketinhaber, die nicht zum Spiel kommen, sind ein relativ neues Phänomen, vor allem in der ersten Saisonphase, wenn die Anfahrtswege noch trocken sind und die Hoffnung auf Siege und Ruhm lebt.

Einerseits ist diese Merkwürdigkeit wohl ein Zeichen eines nach wie vor blühenden Wohlstandes: Ich kann es mir leisten, auf einen Matchbesuch zu verzichten – obwohl ich das Geld dafür bereits ausgegeben habe. Man hat es ja. Das dürfte gerade im Glatttal, einer der reichsten Gegenden der Welt, zutreffen.

Kommt dazu, dass in der modernen, so eng vernetzten und „individualisierten“ Welt, Spontanentscheide im Freizeitverhalten (kurzfristiges Umdisponieren per Hosentelefon) viel einfacher sind als früher, als die Telefone noch an Wänden angeschraubt waren und Matchbesuche als Gruppenerlebnis bereits Tage zum Voraus abgemacht und eingehalten wurden.

Diesem Phänomen sind die Klubs ziemlich hilflos ausgeliefert. Inhaberinnen und Inhaber eines Saisontickets zu sanktionieren, die nicht zum Spiel kommen, ist eine heikle Massnahme, die zu Verärgerung führen kann. Dauerhaft helfen wohl nur flotte sportliche Darbietungen, eine sehr gut ausgebaute gastronomische Infrastruktur mit kurzen Wartezeiten, bequeme Plätze (damit auch die Gattin im Abendkleid Platz nehmen kann ohne den Ruin des edlen, teuren Stoffes zu riskieren), gute Erreichbarkeit der Arena, genügend Parkplätze und das Angebot eines Systems, das es ermöglicht, beispielsweise Saisontickets kurzfristig an Interessierte weiterzureichen.

Kurzum: Eishockey ist inzwischen ein wichtiger Zweig einer boomenden helvetischen Vergnügungsindustrie geworden. Je grösser das Vergnügen und je einfacher und bequemer dieses Vergnügen erreichbar ist, desto weniger Vergnügungssüchtige werden sich dieses Vergnügen entgehen lassen, für das sie ja bereits bezahlt haben.

  • Stürmer
  • Verteidiger
  • Torhüter
Tyler
Morley
Axel
Simic
Dario
Meyer
Mischa
Ramel
Reto
Schäppi
Keanu
Derungs
Nolan
Diem
Deniss
Smirnovs
Harrison
Schreiber
Keijo
Weibel
Kevin
Lindemann
Cyril
Keller
Nico
Lehmann
Rafael
Meier
Devin
Stehli
player_image

86

Tyler

Morley

Flagge Kanada

6.1

Aktuelle
Note

info
  • 7

    Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.

  • 6-7

    Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.

  • 5-6

    Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.

  • 4-5

    Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.

  • 3-4

    Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.

  • Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.

6.6

09.23

17

Punkte

7/10

Goals/Assists

41

Spiele

10

Strafminuten

  • Er ist eigentlich nicht gut genug für eine Ausländerlizenz.

  • Er kann kein offensiver Mitgestalter, aber ein guter offensiver Mitläufer sein.

  • Erwarte einen hart arbeitenden, mannschaftsdienlichen Musterprofi.

Ist es boshaft zu sagen, Sportchef Larry Mitchell habe seinem Kumpel Tyler Morley mit der Vertragsverlängerung bis 2026 einen Freundschaftsdienst erwiesen? Ein wenig schon. Obwohl Kanadier halt zusammenhalten und es fachlich keine gute Rechtfertigung für diese Prolongation gibt. Mit 23 Punkten aus 41 Spielen war Tyler Morley einfach nicht gut genug und ein Team wie Kloten kann sich eigentlich nicht leisten, eine Ausländerlizenz für einen durchschnittlichen Stürmer bis 2026 zu blockieren, der sich auch noch eine Minus-16-Bilanz notieren lassen musste. Immerhin ist der Kanadier fleissig und mannschaftsdienlich und durchaus wohlgelitten. Aber diese Qualifikation heisst eigentlich: Gibt sich Mühe, hat Mühe und macht Mühe. Es wäre ein schönes Stück Hockey-Romantik, wenn er seinen Vertrag in Kloten erfüllen darf.

F

33 Jahre

19.12.1991

173 cm

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    72 Kommentare
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    Die beliebtesten Kommentare
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    Nouvelle Mme P
    25.09.2024 19:23registriert April 2024
    Also im Abendkleid habe ich noch nie jemanden am Match gesehen. Ihr schon?
    515
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    avatar
    Hühne Bueber
    25.09.2024 21:04registriert Oktober 2016
    Uiui Klaus im Fernsehen wirkt der Tempel zu Bern jeweils ziemlich verlassen….
    477
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    avatar
    Michi77
    26.09.2024 05:45registriert Februar 2014
    Wenn Kloten zu den sportlichen Überraschungen zählt, weshalb schreibt man über Tickets und Abendkleider?
    374
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