Hockey-Romantik pur: Ambri besiegt zum Auftakt des Spengler Cups das schwedische Spitzenteam Örebro (4. in der laufenden Meisterschaft) klar und deutlich 5:2.
Mehr noch: Zum besten Spieler der Schweden wird Jhonas Enroth (34) gewählt. Nur Nostalgiker erinnern sich bei uns noch an seinen Namen: Er steht 2013 im WM-Final vor unserem Glück. Schweden gewinnt 5:1. Selbst Titanen wie Roman Josi, Nino Niederreiter, Martin Plüss oder Denis Hollenstein vermögen den schwedischen Hexer nur ein einziges Mal zu überwinden.
Das ist nun gut neun Jahre her. Aus dem hochkarätigen Jungstar, der nach einer Tour du Monde durch Nordamerika (NHL, AHL) und Russland (KHL) im Sommer 2020 definitiv zu Örebro gewechselt hat, ist nun ein Routinier geworden. Seine Fanghand, seine Reflexe gelten nach wie vor als die vielleicht schnellsten im schwedischen Hockey.
Aber nun hat auch er sein Waterloo erlebt: vier Gegentore gegen Ambri. Nur beim fünften ist er gänzlich machtlos: Es fällt ins leere Tor, als er durch einen sechsten Feldspieler ersetzt worden ist. Von insgesamt 25 Schüssen muss er vier passieren lassen. Und wird trotzdem zum besten Spieler erkoren. Was uns zweierlei sagt: Erstens waren die vier Gegentreffer nahezu unhaltbar (theoretisch ist ja jedes Gegentor haltbar …) und zweitens haben wir ein grandioses Ambri erlebt, das wahre Hockeyromantik wieder einmal aufblühen lässt.
Dieser Sieg ist aus einem weiteren Grund bemerkenswert: Noch vor ein paar Tagen – am 22. Dezember – ist ein intimer Kenner von Ambri (der seinen Namen nicht gerne im Internet liest) in tiefer Sorge. Die Mannschaft von Luca Cereda hat in Pruntrut gegen den Tabellenletzten Ajoie kläglich 3:5 verloren. Er sagt, es sehe gar nicht gut aus. Die Energie fehle und nun komme dann noch der Spengler Cup. Wenn das nur gut herauskomme.
Seither hat Ambri die ZSC Lions am 23. Dezember 6:2 besiegt und nun zum Auftakt des Spengler Cups Örebro 5:2 überrollt. Auch das ist Ambri: Wieder aufstehen, wenn es selbst die Treuesten der Treuen nicht erwarten.
Mit diesem Auftaktsieg ist die Romantik zurück beim Spengler Cup. Bei der bisher letzten Austragung 2019 (2020 und 2021 ist das Turnier der Pandemie zum Opfer gefallen) fegt Ambri zum Auftakt das russische Spitzenteam Salawat Julajew 4:1 vom Eis und scheitert später erst im Halbfinal unglücklich am tschechischen Gast Trinec in der Verlängerung.
Wieder ertönt nun am ersten Tag – so wie 2019 – Ambris mythische Siegeshymne «La Montanara» in der Hockey-Kathedrale zu Davos. Nirgendwo tönt das Lied der Berge so schön wie in dieser hölzernen Konstruktion mit der Akustik einer Kathedrale. Nur vier Tage nach der schmählichen Niederlage gegen Ajoie lebt nun sogar die Hoffnung auf Triumph beim ältesten Klubturnier der Welt.
Ambri verdankt den überraschenden Sieg über Örebro den wahrscheinlich besten 20 Minuten dieser Saison. Im Mitteldrittel gelingt es, mit nur 12 Torschüssen aus einem vorübergehenden 1:1 ein 3:1 zu machen. «Nach dem 1:1 brachten wir noch einmal mehr Energie ins Spiel. Das war die Entscheidung» sagt Trainer Luca Cereda. Es ist ein fliegendes, wuchtiges, dynamisches und zeitweise unwiderstehliches, nie leichtsinniges und immer gut geordnetes Ambri.
Ambris 20 magische Minuten für die Ewigkeit. Aber zum Turniersieg reicht es natürlich nur mit 60 Minuten für die Ewigkeit in jedem Spiel.