Denis Hollenstein ist einer der ganz Grossen aus der Zürcher Hockeykultur: 541 Qualifikations-Spiele (161 Tore, 259 Assists) für Kloten, Servette und die ZSC Lions sowie 85 Einsätze (zehn Tore, 28 Assists) in den Playoffs für die gleichen drei Klubs. Plus WM-Silberheld von 2013, sechs WM- und drei Olympiaturniere (zuletzt 2022 in Peking) und 125 Länderspiele (35 Tore, 37 Assists). Wahrlich, ein offensiver Titan.
Denis Hollenstein steigt mit Kloten im Frühjahr 2018 ab. Aber da hat er bereits einen Fünfjahresvertrag mit den ZSC Lions für die kommende Saison (2018/19) in der Tasche. Er unterschreibt das Papier lange vor der Zeit noch während der laufenden Saison. Wochenlang wabern die Gerüchte über seinen Wechsel zum Lokalrivalen. Bis am 27. November 2017 die offizielle Bestätigung erfolgt.
Und nun läuft dieser Fünfjahresvertrag aus. «Das ist so» bestätigt ZSC-Sportchef Sven Leuenberger. Die Zürcher sind mit Denis Hollenstein zwar nie Meister geworden. Aber sie dürfen mit dem pflegeleichten, flinken, eleganten Flügel mehr als zufrieden sein. Er hat jede Saison mindestens 30 Punkte und zwölf Tore beigesteuert. Der Musterprofi wird im Oktober 33. Aber leichtfüssige Stürmer altern langsam. Er hat noch mindestens drei bis vier gute Jahre vor sich.
Wie wir aus der Zeit seiner letzten Saison in Kloten (2017/18) wissen, kümmert sich sein Agent Roly Thompson lange vor der Zeit um die Ausgestaltung eines neuen Arbeitsvertrages. Und so hat er bereits mit Sven Leuenberger in der Sache telefoniert und sich über die Möglichkeit einer Vertragsverlängerung erkundigt.
«Das stimmt», sagt der ZSC-Sportchef. «Aber ich habe Roly erklärt, dass es für Vertragsgespräche noch viel zu früh ist. Wir wissen ja noch nicht einmal, ob Denis Malgin nächste Saison zurückkehrt, und durch die Erhöhung der Anzahl Ausländer haben wir neue Optionen.» Sven Leuenberger ist ein cooler Rechner. Kein Hockey-Romantiker.
Das «Dossier Hollenstein» wird beim ZSC also noch lange nicht bearbeitet. Ein neuer Vertrag kann zwar unter Umständen irgendwann ein Thema werden. Aber zu ganz anderen finanziellen Bedingungen als der bisherige. Kommt dazu: Die ZSC Lions haben einige vielversprechende Talente, die Eiszeit brauchen.
Am ehesten könnte es für Denis Hollenstein eine Zukunft im Farmteam geben. Dort werden – wie der Zuzug von Langnaus Yannick Blaser (33) zeigt – ständig ein oder zwei Routiniers zur Stabilisierung der jungen Mannschaft gebraucht. Unter anderem haben schon Antonio Rizzello, Michael Liniger oder Claudio Micheli im Karriere-Herbst bei den GCK Lions Entwicklungsarbeit geleistet.
Aber wer nur ein wenig ein Herz für Hockey-Romantik hat, sieht Denis Hollenstein noch lange nicht beim Farmteam. Sondern beim soeben aufgestiegenen EHC Kloten aufrecht und stolz ins Abendrot seiner grossen Karriere reiten. Der verlorene Sohn, der einst den Abstieg nicht verhindern konnte (trotz guten Leistungen), kehrt nach dieser Saison heim nach Kloten.
Als Hockey-Romantiker nimmt der Chronist an, dass Roly Thompson nun bei Kloten offene Türen einrennt und schon daran ist, die Rückkehr in den Schluefweg einzufädeln und einen Mehrjahresvertrag aufzusetzen. Natürlich werden in Kloten nicht mehr die gleichen Konditionen wie bei den ZSC Lions möglich sein, wo Denis Hollenstein brutto pro Jahr gut und gerne 600'000 Franken verdient. Aber eine schöne Wegzehrung für das wohl letzte Karriere-Wegstück werden ihm die Klotener schon gönnen.
So einfach wird das offenbar nicht. Der Chronist erkundigt sich bei Klotens Präsident Mike Schälchli über den Stand der Verhandlungen für eine Rückkehr von Denis Hollenstein. Und bekommt eine überraschende Antwort:
Ja, mehr noch: Es gebe kein Interesse. Mit einer einleuchtenden Begründung: Kloten wolle eine junge, dynamische, durch wirtschaftliche Vernunft geprägtes Hockeyunternehmen sein, das den Talenten aus der Nachwuchsorganisation eine echte Chance gibt. Da seien Transfers von teuren Stars das falsche Zeichen.
Ob der smarte Vorsitzende das auch tatsächlich so meint, oder ob das demonstrative Nichtinteresse Teil einer schlauen Verhandlungsstrategie ist, um den Preis tief zu halten – das wissen wir nicht. Pokern um einen neuen Vertrag mit Sven Leuenberger und Mike Schälchli: Das wird für Roly Thompson jedenfalls nicht funktionieren.
So ist nun die Frage: Wo stürmt Denis Hollenstein ab der Saison 2023/24? Und zu welchem Salär? Er wird dazu in der Lage sein, jedes Team in der höchsten Liga ein wenig besser machen oder zu stabilisieren. Aber die Frage ist halt, zu welchem Preis. Und ob er das Züribiet noch einmal verlassen will.