Arosa steht in der MyHockey League im Halbfinal und hat sich damit sportlich den Aufstieg in die Swiss League gesichert. Kann Arosa nächste Saison in der zweithöchsten Liga mithalten? Ist es möglich, dort den EHC Chur herauszufordern, der vor einem Jahr aufgestiegen ist? Ein Vergleich zwischen den beiden Teams zeigt, dass Arosa vor einer fast unlösbaren Aufgabe steht.
Ein Eindruck, der bei zahlreichen Matchbesuchen in der MyHockey League während der letzten zwei Jahre bestätigt worden ist. Eine interessante Parallele: Beide Teams werden von ehemaligen Titanen der höchsten Liga gecoacht. Chur sogar von zwei: Den Gebrüdern Reto und Jan von Arx.
Die beiden bilden eines der ungewöhnlichsten Bandenduos unserer Hockeygeschichte: So perfekt teilen sich die Coaches bei keinem anderen Klub die sportliche Führungs-Arbeit. Chur hat die letzte Saison in der höchsten Amateurliga dominiert und die Qualifikation gewonnen. Bis zum Titelgewinn mussten die Churer in den Playoffs drei Niederlagen hinnehmen: Eine im Viertelfinal gegen Langenthal und zwei im Final gegen Seewen.
Arosa war in der soeben beendeten Qualifikation bei weitem nicht so dominant und musste sich mit dem 4. Platz begnügen. Im Viertelfinal setzten sich die Aroser gegen Thun ohne Niederlage durch und im Halbfinal haben sie soeben das erste Spiel in Huttwil gewonnen (4:2).
Arosa wird von einer, nicht von zwei Legenden gecoacht. Von Rolf Schrepfer. Wie die Gebrüder von Arx steht er mit dem Klub in der fünften Saison. Chur dominierte in seiner Aufstiegssaison an einem guten Abend mit spielerischen Mitteln. Für diesen optischen Eindruck gibt es sogar statistische Hinweise: Das Torverhältnis war klar besser (125:53) als jenes in dieser Saison von Arosa (109:71). Und die Churer kassierten als fairstes Team der Liga (224 Strafminuten) viel weniger Strafen als Arosa in dieser Saison (307).
Oder einfacher erklärt: Arosa fehlt Churs spielerische Leichtigkeit, muss auch an einem guten Abend für seine Punkte und Tore härter arbeiten und für seine intensive Spielweise mehr Energie investieren. Chur spielte in der Aufstiegssaison Hockey, Arosa muss Hockey oft arbeiten.
Wenn sich die Persönlichkeit von Coaches auch ein wenig in der Spielweise seines Teams spiegelt, dann ist Arosa dafür ein gutes Beispiel. Rolf Schrepfer ist einst für seine Kampfkraft in Zürich (2000, 2001) und Bern (2004) in zwei Meisterteams als rauer Leitwolf mit dem Künstlernamen «Schrumm» verehrt worden.
Nun ist es ihm gelungen, diesen rauen Stil auf sein Team zu übertragen. Die erste Halbfinalpartie in Huttwil gewannen die Aroser mit geradlinigem Spiel, robuster, gesunder Härte und einem immensen Energieaufwand. So vermochten sie die leichte läuferische Unterlegenheit zu kompensieren und es entwickelte sich ein Spiel auf Niveau der Swiss League. Aber ohne Ausländer. Und ausgetragen von Spielern, die keine Profis sind und jeden Tag einer geregelten Arbeit nachgehen.
Mit dieser intensiven Spielweise wird Arosa eine Qualifikation in der Swiss League nicht durchstehen können. Chur hat diese Saison als Aufsteiger gleich auf Rang 6 die Playoffs erreicht. Praktisch ohne Ausländer. Kann Arosa nächste Saison eine ähnliche Überraschung gelingen? Das hängt ganz davon ab, ob es möglich wird, durch kluge Zusammenarbeit mit einem Klub aus der National League die Mannschaft zu ergänzen. So wie das Chur mit Langnau macht.
Chur hat während der Qualifikation in der Swiss League 34 Feldspieler aufs Matchblatt gesetzt. Nicht ganz die Hälfte davon war in der Aufstiegssaison in der MyHockey League schon dabei, als Chur 27 Feldspieler nominiert hatte. Das bedeutet, dass Chur nach dem Aufstieg das halbe Team ausgewechselt, also gut 15 neue Spieler benötigt hat. Was in erster Linie dank der Zusammenarbeit mit Langnau gut gelungen ist.
Auf den Punkt gebracht: Auch Arosa braucht mindestens 15 neue Spieler, um in der Swiss League eine ähnlich gute Rolle wie Chur spielen zu können.
Das wird ohne Zusammenarbeit mit einem Team aus der National League nicht möglich sein. Der HC Davos wäre eigentlich der logische Partner. Arosa steht also nicht nur vor einer riesigen wirtschaftlichen und sportlichen, sondern auch vor einer heiklen hockeydiplomatischen Herausforderung.
P.S.: Arosa ist am Samstag als frisch gekürter Aufsteiger zum ersten Halbfinal nach Huttwil gereist. Und hat aufwühlende Erinnerungen geweckt. Im Frühjahr 2011 haben die damaligen Huttwil Falcons die Meisterschaft der 1. Liga (damals die höchste Amateurliga) gewonnen und sportlich den Aufstieg in die zweithöchste Spielklasse (damals NLB) erkämpft. In einer Finalrunde setzten sich die Huttwiler gegen Martigny und … Arosa durch.
Mit dem Pochen auf das Reglement (die Huttwiler hatten ein Dokument nicht eingereicht) verwehrte der Verband den Aufstieg. Es war das Ende der Huttwil Falcons (sie wurden aufgelöst) und vorübergehend auch das Ende der Eisaufbereitung in Huttwil. Nun ist es bei Arosa sozusagen umgekehrt gelaufen: Dem Klub ist aufgrund der Reglemente der Aufstieg in die Swiss League zuerst verwehrt worden. Weil die zwingend notwendige schriftliche Aufstiegsbestätigung beim Verband nicht deponiert worden war. Also juristisch eine sehr ähnliche Ausgangslage wie damals bei den Huttwil Falcons.
Aber in einer Posse sondergleichen ist ein Rekursverfahren inszeniert und das Reglement unter der Regie des neuen Verbandsmanagers Martin Baumann ausgehebelt worden. Arosa darf nun doch aufsteigen.
Arosa ist ohne Frage eine Bereicherung für die Swiss League und hatte deshalb in der Aufstiegsfrage eine einflussreiche Lobby. An den Huttwil Falcons war seinerzeit in der NLB niemand interessiert und Langenthal hatte in den Kulissen erst noch kräftig gegen eine Aufstiegsgenehmigung für den Lokalrivalen geweibelt. Die Huttwiler, die schon damals, wie Chur heute, ohne Ausländer in der zweithöchsten Liga antreten wollten, hatten keine Lobby.
Oder auf den Punkt gebracht: Die Reglemente sind für alle gleich. Und für einige gleicher. Für einmal darf hinter vorgehaltener Hand, wenn es niemand hört, das böse Wort «Verbands-Mafia» wenigstens geflüstert werden.