Dem SC Bern gelingt der Befreiungsschlag nur mit einem Schlüsseltransfer. Mit Dutzendtransfers – selbst die Verpflichtung von Zugs Yannick-Lennart Albrecht wäre beispielsweise nur Geldverschwendung – können die Berner ihre Situation nicht verändern.
Sie können aus ihrer Geschichte lernen: Die Initialzündung zu einer sportlichen Renaissance war immer die Investition in einen Schweizer Transfer, der aufhorchen liess. Der ein Zeichen setzte, das grösste Publikum Europas elektrisierte und der Konkurrenz Stärke signalisierte.
1987 holen die Berner aus Chur das «Jahrhundert-Talent» Renato Tosio. Er bleibt bis 2000 und prägt ein ruhmreiches Jahrzehnt mit den Titeln von 1989, 1991, 1992 und 1997. Er ist für einige Zeit der bestverdienende Spieler der Liga.
Den dringend benötigten neuen meisterlichen Schub bekommt der SCB im Sommer 2002 mit dem Zuzug von Christian Dubé. Es ist der «Transfer des Jahres»: Dem SCB gelingt es, dem HC Lugano den charismatischsten Stürmer der Liga auszuspannen. Er bleibt bis 2011.
Manager Marc Lüthi reist einige Male unerkannt in geheimer Mission ins Tessin. Um den Deal als oberster Boss persönlich einzufädeln. Der Kanadier mit Schweizer Lizenz wird der erste, der mehr als 500'000 Franken netto verdient und ist vorübergehend der teuerste Spieler der Liga. Die teure Investition lohnt sich. Der SCB kehrt in die Spitzengruppe zurück und wird 2004 und 2010 Meister.
Im Frühjahr 2008 beendet Martin Plüss sein erfolgreiches Gastspiel in Schweden und unterschreibt in Bern. SCB-Sportchef Sven Leuenberger fliegt mehrmals nach Schweden, um einen der wichtigsten Transfers der SCB-Geschichte aufzugleisen. Martin Plüss wird einer der charismatischsten Leitwölfe der SCB Geschichte. Er bleibt bis 2017 und wird viermal Meister: 2010, 2013, 2016 und 2017. Er ist einer der bestverdienenden Spieler der Liga.
Martin Plüss war nicht der letzte gute SCB-Transfer. Sven Leuenberger hat weitere gute Spieler nach Bern geholt. Beispielsweise Simon Moser (2013), Eric Blum, Thomas Rüfenacht (2014) oder Ramon Untersander (2015). Alle sind Schlüsselfiguren einer meisterlichen Dynastie geworden. Aber ihre Wechsel nach Bern erschüttern die Liga nicht. Es sind Verpflichtungen, die vom grössten Hockey-Unternehmen im Land regelmässig erwartet werden.
Nun ist der SCB durch grandiose sportliche Misswirtschaft so tief gesunken wie nie seit Einführung der Playoffs (1986).
Die Wende im Sportunternehmen SCB bringen weder «Marketing-Dadaismus», Hirten- und Bettelbriefe an die Fans, Einschüchterung der Kritiker oder Aufstockung des Büropersonals. Die Wende bringt nur eine Investition in die Mannschaft. Ein «Blockbuster-Transfer» eines Schweizer Spielers.
Gibt es diese Chance für Bern? Ja. Montag, 1. Februar 2021. Eine schwarze, regnerische Nacht. Aber drinnen im Schoren-Tempel brennt Licht. Weil Eishockey gespielt wird. Langenthal gegen die GCK Lions.
Es geht ordentlich zur Sache. Mit den, schnellen, bissigen Zürchern kommen die Langenthaler nicht zurecht und verlieren 1:3. Die Unterhaltung auf dem Eis ist vorzüglich. Und auf der Tribüne noch besser.
Verschiedene Sportchefs, der Besitzer eines berühmten Klubs aus der National League und André Rufener sind da. Draussen auf dem Parkplatz stehen ein paar schöne Benzinkutschen.
Ein bisschen Hockey ist schliesslich die einzige Abwechslung, die uns in diesen Zeiten noch bleibt. Natürlich ist die SCB-Krise ein Gesprächsthema. Allen ist klar, dass in Bern oben «öppis» («etwas») gehen muss.
Da wir gerade im Schoren-Tempel sind, dreht sich die Konversation bald einmal um den besten Spieler, der je aus den Reihen der Langenthaler hervorgegangen ist: Sven Bärtschi. André Rufener ist sein Freund und Agent.
Ende Saison läuft Sven Bärtschis Vertrag mit Vancouver aus. Dann wird er in Nordamerika gut 15 Millionen Dollar brutto verdient haben. Mit 28 Jahren ist er im besten Alter. Und doch hat er in der wichtigsten Liga der Welt mit grosser Wahrscheinlichkeit keine Zukunft mehr.
Sven Bärtschi hatte wunderbare Zeiten. Gedraftet 2011 in der ersten Runde (Nr. 13) von Calgary. Zwischen 2015 und 2019 ist er Stammspieler. 106 Punkte, davon 56 Tore in 216 Partien. Er rockt die NHL.
Aber letzte Saison sind es nur noch 6 Partien in der NHL (kein Tor) und die restliche Zeit verbringt er im Farmteam.
Nun sieht es so aus, dass er die ganze Saison in der NHL kaum noch zum Einsatz kommen wird. Vancouver setzte ihn auf die Waiver-Liste. Doch kein Klub hatte Interesse. Und so ist Sven Bärtschi mit einem Gehalt von 2,4 Millionen brutto einer der teuersten Spieler im Farmteam-System.
Die Zukunft? Im Sommer wird er womöglich ein arbeitsloser Stürmer mit der Referenz von 6 NHL-Einsätzen in den letzten zwei Jahren sein. Die Chancen auf einen neuen Einweg-Vertrag in der NHL: praktisch gleich null.
Was nun? Sven Bärtschi ist Langenthaler. Berner. Eine Rückkehr ins Bernbiet zum SC Bern wäre nicht ein Ausklingen seiner Karriere. Sondern eine neue Herausforderung.
Eine Verpflichtung von Sven Bärtschi wäre der Befreiungsschlag für den SCB. Ein «Blockbuster-Deal» wie einst die Zuzüge von Renato Tosio, Christian Dubé und Martin Plüss.
Unrealistisch? Nein. André Rufener bestätigt im Laufe des Abends – Langenthal liegt zu diesem Zeitpunkt grad 0:2 zurück – das konkrete SCB-Interesse. «Ja, die Berner haben sich gemeldet.»
Immerhin. Aber eine Anfrage wird nicht genügen. So wie einst Marc Lüthi für Christian Dubé nach Lugano und Sven Leuenberger für Martin Plüss nach Göteborg, so müsste der neue Sportchef Raëto Raffainer, sobald es die Umstände erlauben, nach Nordamerika reisen. Um Sven Bärtschi für das neue Abenteuer SCB zu begeistern. Was so oder so nicht einfach sein wird.
Immerhin: In der SCB-Sportabteilung weiss man inzwischen sogar, dass es Sven Bärtschi gibt. Das ist keine Selbstverständlichkeit und ein erster Schritt zum Neuanfang.
Ob Bärtschi ein Schlüsselspieler für den SCB sein kann wage ich zu bezweifeln. wirklich viel gerissen hat er in der NHL ja nicht, sonst wäre er ja nicht in der momentanen Situation. Da hatte zum Beispiel Plüss einen ganz anderen Leistungsausweis.
Seine Verpflichtung sollte den Bernern aber schon gelingen. An zu wenigen Sportchefs kann es sicher nicht scheitern!!
Dann doch lieber ein Rexi oder so...