Sport
Eismeister Zaugg

Zaubern im Hockey: Wie ein Drittligist in einen Erstligisten verwandelt wird

Der SC Reinach will in die erste Liga.
Der SC Reinach will in die erste Liga.bild: screinach.ch
Eismeister Zaugg

Zaubern im Hockey: Wie ein Drittligist in einen Erstligisten verwandelt wird

Verrückt: Von der 3. Liga direkt in die 1. Liga – «Arno Del Curtos Erben» stehen vor dem grössten Aufstieg in der Geschichte unseres Hockeys.
27.04.2017, 07:1727.04.2017, 15:44
Mehr «Sport»

Die «Erben Arno Del Curtos»? Nun, der SC Reinach darf sich schon so nennen. Hier im oberen Wynental hat Arno Del Curto zwischen 1982 und 1984 beim SC Reinach in der 2. Liga seine grandiose Trainer-Karriere begonnen. In der Mannschaft stand damals auch Peter Zahner, der heutige ZSC-General.

Der neue Trainer des ZSC, Arno Del Curto, gibt am 29. November 1991 in Lugano beim Spiel HC Lugano gegen den ZSC seiner Mannschaft Anweisungen. (KEYSTONE/Karl Mathis)
Bevor er über den ZSC zum HC Davos kam, trainierte Arno Del Curto den SC Reinach.Bild: KEYSTONE

Und nun steht der SC Reinach vor dem Aufstieg von der 3. Liga direkt in die 1. Liga. Die 2. Liga wird «übersprungen». Es ist der grösste Aufstieg in der Geschichte unseres Hockeys.

Aufstieg dank neuer Liga

Wie ist das möglich? Die besten Teams der drei regionalen 1. Liga-Gruppen haben sich am Ende der Saison für die zwölf Teams umfassende neue «MySports League» qualifiziert. In dieser neuen nationalen Liga, benannt nach dem neuen TV-Partner des Verbandes, wird ab nächster Saison der Amateur-Meistertitel ausgespielt.

Die «untere Hälfte» der 1. Liga bleibt hingegen wie bisher in drei Regionen organisiert und nennt sich weiterhin 1. Liga. Die Schaffung der «MySports League» hat nun dazu geführt, dass die Zentralschweizer Region für die vier nach oben beförderten Teams (Basel, Brandis, Thun, Wiki) keinen Ersatz finden kann. Die Meisterschaft der 1. Liga müsste in der Zentralschweiz nächste Saison bloss mit sechs Teams gespielt werden (Zuchwil, Burgdorf, Adelboden, Lyss, Unterseen und Aarau). «Das wäre machbar» sagt Mark Wirz, der Direktor des Amateurhockeys. «Aber unser Ziel sind acht bis zehn Teams.»

Das sind die Teams der «MySports League».
Das sind die Teams der «MySports League».sihf.ch

In Absprache mit den sechs verbliebenen Klubs sucht Mark Wirz nach einer Lösung. Weil die Zweitligisten Zunzgen-Sissach und Rheinfelden ein «Nachrutschen» hinauf in die regionale 1. Liga primär aus wirtschaftlichen Gründen abgelehnt haben, ist nun der Drittligist SC Reinach ins Spiel gekommen. Mark Wirz bestätigt: «Ja, wir stehen im Kontakt und unter gewissen Voraussetzungen ist es möglich, dass der SC Reinach nächste Saison als siebtes Team in der Zentralschweizer Gruppe der 1. Liga spielen kann.»

Im Handball funktionierte es nicht
Ein Aufstieg am grünen Tisch zwei Ligen höher wie ihn der SC Reinach plant, hat es im Schweizer Mannschaftsport auch schon gegeben. 2006 wurde die Swiss Handball League (SHL) auf zwölf Teams aufgestockt. Chênois-Servette stieg im Rahmen dieser Aktion direkt von der 1. Liga in die höchste Liga auf, konnte also die NLB überspringen. Das Experiment ist sportlich arg missglückt und wurde nach zwei Saisons ohne einen einzigen Sieg aber mit 48 Niederlagen abgebrochen. GC kam am 17. März 2007 gegen die Genfer mit 55:22 zum bis heute gültigen absoluten Rekordsieg in der höchsten Spielklasse. Chênois überstand das Abenteuer unbeschadet, kehrte 2009 in die 1. Liga zurück und gehört heute zu den Hinterbänklern in der NLB.

Mit Elite-Junioren in der 1. Liga bestehen

Der SC Reinach will das Abenteuer wagen und am «grünen Tisch» aus der 3. Liga direkt in die 1. Liga aufsteigen. Amateur-Liga-Direktor Mark Wirz verlangt allerdings sportliche Konkurrenzfähigkeit und wirtschaftliche Stabilität. Zur Absicherung wird für die 1. Liga ein juristisch unabhängiger neuer Verein gegründet – geht es finanziell schief, bleibt der Stammverein mit der Nachwuchsabteilung intakt.

Als Trainer ist Beat Renggli (führt eine Versicherungsagentur mit 18 Angestellten) und als Sportchef Andi Augstburger (Inhaber einer Schreinerei) vorgesehen.

Die beiden langjährigen Nachwuchstrainer haben die schwierige Aufgabe, auf der «grünen Wiese» eine Erstliga-Mannschaft aufzubauen. Das Projekt: Elite-Junioren von verschiedenen Klubs bekommen eine Chance, sich in der regionalen 1. Liga sozusagen auf dem «zweiten Bildungsweg» doch noch für höhere Aufgaben (Nationalliga) zu empfehlen. Entlöhnt werden die Jungs allerdings nicht. Es bleibt bei einem Materialgeld von 1000 Franken pro Saison.

Der gesamte Spielbetrieb wird rund 250'000 Franken pro Saison kosten. Darin enthalten sind auch die Ausbildungs-Entschädigungen, die an die Stammklubs der jeweiligen Spieler bezahlt werden müssen und rund 70'000 Franken pro Saison betragen. Für diese 70'000 Franken verlangt die Liga-Führung eine Bürgschaft. Ohne Bürgschaft gibt es den geschenkten Aufstieg nicht.

Wettbewerb für einen originellen Teamnamen

Deshalb ist nun die Suche nach privaten Gönnern und Sponsoren angelaufen und der Verband wird dann nach Prüfung aller eingereichten Unterlagen entscheiden, ob der SC Reinach tatsächlich in die 1. Liga aufgenommen wird. Dabei hilft eine Vermarktungsagentur aus dem Zürcher Unterland, die schon bei der der Sanierung von Kloten (NLA), Olten und Thurgau (NLB) bei der Geldbeschaffung eine wichtige Rolle gespielt hat.

Arno Del Curto und Essen? Gregory Hofmann hat da schlechte Erinnerungen.Video: YouTube/Giorgio Spaghetti

Das Städtchen mit knapp 9000 Einwohnern im oberen Wynental auf dem Weg von Aarau nach Sursee ist durchaus Hockey-Hotspot. Die Männer haben es zwar noch nie über die 2. Liga hinausgebracht und waren diese Saison ein Spitzenteam in der 3. Liga. Aber die Frauen spielen in der höchsten Liga. Der Hockeytempel (Kunsteisbahn Oberwynental) fasst 1200 Fans.

Arno Del Curto hat sich seinem ehemaligen Klub für einen Wettbewerb zur Verfügung stellt. Für das neue 1. Liga-Team wird noch ein Name gesucht. Wer bei Trainer Beat Renggli den originellsten Vorschlag einreicht (beat.renggli23@bluewin.ch) – wie wär’s beispielsweise mit «die Erben Del Curtos» – gewinnt ein Nachtessen mit … Arno Del Curto.

Der 1000er-Klub des Schweizer Eishockeys

1 / 19
Der 1000er-Klub des Schweizer Eishockeys
Bislang 16 Eishockeyspieler (Stand: 10.10.2024) schafften es auf 1000 oder mehr Spiele in der höchsten Schweizer Spielklasse. Das sind sie:
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!

  • watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
  • Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
  • Blick: 3 von 5 Sternchen
  • 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen

Du willst nur das Beste? Voilà:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
8 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Jax
27.04.2017 07:27registriert März 2017
Weiterer Beweis dafür das die MySports League völlig unnötig ist und alles durcheinander bringt...
00
Melden
Zum Kommentar
8
Nächste Klatsche an einem sonst schon schwierigen Tag – YB geht in Stuttgart unter
Die Young Boys können die K.o.-Phase in der Champions League nach der sechsten Niederlage im sechsten Spiel nicht mehr erreichen. Das Team von Trainer Joël Magnin unterliegt beim Bundesligisten Stuttgart 1:5.

Ein Gegner wie Stuttgart ist allein schon eine grosse Herausforderung. Erschwerend kam für die Berner ein Schicksalsschlag dazu. Denn am Spieltag erhielt die Mannschaft die Nachricht, dass ein Sohn von Stürmer Meschak Elia nach kurzer Krankheit völlig unerwartet verstorben ist. Deshalb gab es vor dem Anpfiff eine Schweigeminute und trugen die Spieler Trauerflor.

Zur Story