Es stürmte kurz im Hockey-Wasserglas, als der Tessiner Chronist Omar Gargantini twitterte, Biels Jason Fuchs habe für nächste Saison bereits beim HC Lugano unterschrieben.
Secondo fonti d’oltralpe è Jason Fuchs il primo acquisto dell’@OfficialHCL per la stagione 2021-22
— Omar Gargantini (@gargalupo) October 9, 2020
Ein Transfergerücht ist eben nicht gleich ein Transfergerücht. Die buntscheckige Tessiner Medienszene mit mehreren Tageszeitungen, mit staatstragenden und privaten TV-Stationen und mehreren Online-Portalen für einen Markt dreimal kleiner als das Stadtgebiet Bern tickt anders. Hier produziert der ewige Traum vom «Grande Lugano» mehr Transfergerüchte, als es rund um die übrigen elf Klubs zusamengezählt gibt.
Lugano will wieder «grande» werden wie es einmal war. Besitzerin Vicky Mantegazza ist Milliardärin und kann sich – wenn sie denn will – jeden Spieler leisten. Also wird jeder gute Spieler, dessen Vertrag ausläuft, schon mal nach Lugano gemeldet. Es könnte ja sein, dass man irgendwann einen Treffer landet. Es ist die Kultur des «Mercato», die im italienischen Fussball so wunderbar blüht.
Wäre jeder Spieler, der gerüchteweise nach Lugano geschrieben und gesendet worden ist, auch tatsächlich in Lugano gelandet, dann könnte der Klub nur deshalb nicht in der NHL spielen, weil der Salary Cap bei weitem gesprengt würde. Ganz nebenbei: Es gehört zu den erstaunlichsten Errungenschaften von Sportdirektor Paolo Duca, dass er dieses Treiben rund um Ambri in Griff bekommen hat. Was eigentlich sehr, sehr schade ist.
Jason Fuchs ist ein interessantes Beispiel, um die Mechanik der reichen Medienkultur rund um Lugano zu erklären. Tatsächlich läuft sein Vertrag in Biel aus. Und es ist keineswegs auszuschliessen, dass der Sohn von Régis Fuchs, einst Kultstürmer in den Meisterteams von Bern und Lugano, nach Lugano wechseln wird. Also kann es nicht schaden, schon mal den Wechsel nach Lugano zu verkünden.
Die Frage daher: Hat Jason Fuchs tatsächlich schon bei Lugano unterschrieben, wie soeben vermeldet worden ist? Biels Sportchef Martin Steinegger kann sich das eigentlich nicht vorstellen. «Das müsste ich wohl wissen. Ich habe mit ihm und seinem Agenten gesprochen und die Message ist klar: Er will jetzt Hockey spielen und noch nicht verhandeln.»
Nun ist es schon vorgekommen, dass ein Sportchef nicht gemerkt hat, dass einer seiner Stars längst mit der Konkurrenz einig geworden ist. Also geht die Frage an Gaëtan Voisard, den Agenten von Jason Fuchs. Er war noch nie ein Mann der verbalen Slalomläufe. Beim ehemaligen Kultverteidiger (u.a. Ajoie, SCB, Zug, Lugano, Basel, Rappi) gilt: ein Mann, ein Wort. Er vertritt auch Hockey-Grössen wie Nico Hischier. Da hat er es sowieso nicht nötig, zu schwindeln.
Gaëtan Voisard sagt: «Ich habe noch nicht einmal mit einem Vertreter von Lugano gesprochen. Es macht keinen Sinn, jetzt Vertragsgespräche zu führen. Wir müssen doch alle erst einmal wissen, wie sich die Dinge in dieser schwierigen Zeit entwickeln. Ich habe deshalb kürzlich auch Martin Steinegger gesagt, er solle noch keine Offerte für eine Vertragsverlängerung machen, Jason wolle sich erst einmal aufs Hockey konzentrieren.»
Jason Fuchs hat also noch nirgendwo für nächste Saison unterschrieben. Die kleine Aufregung um seinen möglichen Wechsel zu Lugano hat allerdings eine nicht ganz unwichtige Nebenwirkung: Womöglich hat nun sogar die Sportabteilung beim SCB gemerkt, dass es sich lohnen könnte, gelegentlich bei Gaëtan Voisard nach den Plänen und Wünschen von Jason Fuchs zu fragen. Oder ist es unter neuer Leitung schon passiert? Gaëtan Voisard weilte jedenfalls am Freitag in Bern am Spiel gegen Lausanne.