Die Erklärung, warum wir nun spät, aber nicht zu spät das wahre Biel sehen, ist einfach: Sportchef Martin Steinegger hat Trainer Petri Matikainen spät, aber nicht zu spät gefeuert und steht seit dem 29. Februar an der Bande.
Seither ist er in sieben Partien nach 60 Minuten unbesiegt. Er hat Biel im letzten Qualifikationsspiel mit einem Sieg in Genf doch noch auf den 9. Platz geführt und nun im Play-In nacheinander Meister Servette und Ambri ausgeschaltet. Ambri sogar mit einem Auswärtssieg (4:2).
Unabhängig davon, ob die Bieler dazu in der Lage sein werden, im Viertelfinal die ZSC Lions zu fordern, ist die Trainerfrage heikel. Mit Jukka Jalonen (61) wäre einer der Grossen des Welteishockeys für nächste Saison zu haben. Der Olympiasieger und Weltmeister, der Ende Saison sein Amt als Nationaltrainer in Finnland aufgibt, wäre bereit, nach Biel zu kommen.
Aber Biels Manager Daniel Villard (50), seit 2003 im Amt, kann rechnen. Lohnt es sich tatsächlich, mehr als eine halbe Million für den Trainer auszugeben? So teuer wird ein ausländischer Trainer, weil die tatsächlichen Kosten mehr als doppelt so hoch sind wie der ausbezahlte Nettolohn.
Warum also nicht eine halbe Million sparen und Martin Steinegger zum Trainer machen und eine Büroordonnanz den Papierkram für den Sportchef erledigen lassen? Ihm also das Doppelmandat Trainer/Sportchef für die kommende Saison übertragen? Immerhin hat einst Kevin Schläpfer drei Jahre lang in Biel beide Ämter geschultert und wird heute noch im Seeland als «Hockey-Gott» verehrt. Und es wäre sowieso wieder einmal an der Zeit, dass Ueli Schwarz (64), seit 2019 in Biel Verwaltungsrat, seine Hockey-Theorien wieder einmal im richtigen Leben erprobt und nicht bloss im TV-Studio verkündet.
Der Langnauer, einst in Bern, Langnau, Lausanne und Basel und beim Verband Sportdirektor, bestätigt denn auch: «Wir haben uns nicht erst jetzt darüber Gedanken gemacht, ob wir unseren Sportchef zum Trainer machen wollen. Aber nun spielen wir erst einmal die Saison zu Ende.» Es kann tatsächlich sein, dass die Bieler der grossen Versuchung erliegen.
Und warum auch nicht? Mit Martin Steinegger haben sie ihre Identität wiedergefunden. Er kennt und lebt die ganz besondere Kultur dieses Klubs. Kommt dazu: Beat Forster (41) wird am Ende dieser Saison zurücktreten. Warum nicht das Duo Martin Steinegger/Beat Forster an der Bande? Zwei mit der Erfahrung aus insgesamt mehr als 2000 Partien in der höchsten Liga, mehr als 300 Länderspielen und 8 Meistertiteln.
Der Trainerwechsel hat sich für Biel im zweiten Spiel gegen Ambri beim 4:2 in einer ganz besonderen Weise bezahlt gemacht: Elvis Schläpfer, der Sohn des ehemaligen Bieler Sportchefs und Trainers Kevin Schläpfer, hat das 2:0 erzielt. Unter Petri Matikainen war er nur noch ein Hinterbänkler mit weniger als vier Minuten Eiszeit. Logisch, dass sich der Verschmähte trotz eines Vertrages bis 2025 nach einer Alternative umgesehen hat.
Sein Vater bestätigt, dass es lose Kontakte mit dem SC Bern gegeben hat. «Aber das ist nach dem Trainerwechsel zum Glück kein Thema mehr. Biel ist und bleibt das Team von Elvis …»
Martin Steinegger hat beim 4:2 in Ambri Elvis Schläpfer an seinem Geburtstag (er ist 24 geworden) im ersten Sturm neben Toni Rajala und Jere Sallinen laufen lassen und ihm mehr als 10 Minuten Eiszeit gegönnt. Und siehe da: Elvis rockte Ambri. Sein 2:0 war wegweisend.
Für Ambri ist die Saison nun zu Ende und wieder hat es nicht für die Playoffs gereicht. Erst einmal in sieben Jahren (2019) hat Luca Cereda den Viertelfinal erreicht. Eine Trainerdiskussion gibt es richtigerweise im Gegensatz zum letzten Frühjahr nicht. Vor einem Jahr waren Sportchef Paolo Duca und Trainer Luca Cereda nach einem 12. Schlussrang in die Kritik geraten. Die Polemik war im Tessin heftig. Beide stellten die Grundsatzfrage: Machen wir weiter? Und auch im Verwaltungsrat ist die Sportchef- und Trainerfrage beraten worden.
Nun gibt es diese Diskussionen nicht. So aufwühlend und dramatisch die letzte Partie gegen Biel auch war: Die Nachbearbeitung der Saison dürfte undramatisch sein. So wie wenn die Kapelle einen Tanzabend ausklingen lässt. Paolo Duca (42) und Luca Cereda (42) bleiben weiterhin mit kündbaren Arbeitsverträgen im Amt. «Letzte Saison brachte mit dem Sieg beim Spengler Cup und dem enttäuschenden Saisonende ein extremes Auf und Ab», blickt Paolo Duca zurück. «Das hat uns sehr viel Energie gekostet.» Nun sei die Saison ausgeglichener verlaufen.
Bei der Verwaltungsratssitzung am Mittwoch waren der Sportchef und der Trainer unbestritten. Und letztlich endete wieder einmal alles so, wie es der DNA von Ambri entspricht: mit einem dramatischen Scheitern im letzten Auftritt, das auch noch ein wenig Raum für Polemik lässt: Im Hinspiel am Montag in Biel hat Benjamin Conz 96,97 Prozent der Schüsse abgewehrt. Er war Weltklasse. Nun stand Janne Juvonen (29) im Tor und war nur ein gewöhnlicher Goalie (Fangquote 88,46 Prozent). Benjamin Conz (31), der Held von Biel, sass auf der Bank.
Für Benjamin Conz wäre es das Abschiedsspiel geworden. Er hext nächste Saison für Ajoie. Unabhängig von der Verfassung der Ausländer: Er hätte spielen müssen. Ein grosser Trainer wie Luca Cereda hat das Recht auf einen Irrtum und der Irrtum gehört auch zur Faszination Ambri. Sonst hätten die Fans ja kein Thema, über das sie im Sommer debattieren können …
PS: Sollte einer der Titanen der Liga in den Playoffs kläglich scheitern (was wir nicht gänzlich ausschliessen sollten) oder die Nationalmannschaft ruhmlos von der WM in Prag heimkehren, könnte Jukka Jalonen zur grossen Versuchung werden.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
5,2
09.22
5,2
09.23
5,2
01.24
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte